2005/02/03 Schwarze Konsumentenlisten - rechtswidriger Datenverbund
Schwarze Liste von unerwünschten Telekomkunden stellt Informationsverbundsystem dar - ist meldepflichtig - unterliegt nach gegenwärtiger Rechtslage der Vorabkontrolle der Datenschutzkommission - Einträge in das System bedürfen der Zustimmung des Konsumenten - Gefahr des "Anschwärzens" kritischer Konsumenten - Trend zur Selbstjustiz anhaltend - Rasches Handeln der Datenschutzkommission erforderlich
Schwarze Liste von unerwünschten Telekomkunden
Die nunmehr vorgestellte Konsumenten-Negativliste "Telekom Pool" soll betreiberübergreifend unerwünschte Telekomkunden erfassen. Jeder Telekombetreiber kann Kunden, die aus seiner Sicht schlechte Kunden sind, in dieser Liste eintragen. Mit dem Ergebnis, dass diese Personen und Unternehmen innerhalb der gesamten Telekom-Branche als unerwünscht markiert sind.
In Hinblick auf die hohe Bedeutung eines Telefonanschlusses für die private und berufliche Kommunikation kommt ein derartiger Eintrag einer gesellschaftlichen Abseitsstellung gleich.
Derartig diskriminierte Personen könnten dann nur mehr über teure Wertkartenhandys telefonieren.
Klare Kriterien für den Eintrag in die Liste fehlen. Geplant ist lediglich, dass Kunden mit schlechter Bonität einzutragen sind. Effiziente Kontroll- und Informationsmaßnahmen sind nicht vorgesehen.
Hans G. Zeger: "Bei vielen Telekomunternehmen wird man rasch zum schlechten Kunden. Schon zu häufige Kontaktnahme mit der Servicehotline oder das Reklamieren von Leistungsmängeln kann jemanden zum unerwünschten Kunden machen."
Es besteht somit die Gefahr, dass Konsumenten aus Sorge auf eine "schwarze Liste" zu kommen schon vorbeugend auf Gewährleistungs- und Reklamationsrechte verzichten und damit gesetzliche Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes de facto unterlaufen werden.
Schon in der Vergangenheit fielen einzelne Telekombetreiber durch dubiosen Umgang mit Bonitätsinformationen auf, die ARGE DATEN berichtete darüber (http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?question=PUB-TEX...).
Rechtslage eindeutig
(1) Meldepflicht
Betreiben mehrere Telekom-Unternehmen einen gemeinsamen Informationsbestand über Kunden, dann liegt ein Informaitonsverbundsystem gem. §50 DSG 2000 vor. Dieses Informationsverbundsystem ist meldepflichtig und muss vor Inbetriebnahme durch die Datenschutzkommission geprüft werden.
(2) Prüfpflicht
Werden Bonitätsinformationen verwaltet, handelt es sich gem. §18 DSG 2000 um besonders schutzwürdige Daten, deren Verwendung vorab durch die Datenschutzkommission zu prüfen ist.
(3) Informationspflicht
Wird jemand in ein derartiges Informationssystem eingetragen, dann ist er gem §24 DSG 2000 davon zu verständigen.
Völlig rechtswidrig wäre der geplante Eintrag von Nicht-Kunden, also von Personen, mit denen eine Telekomfirma keinen Vertragsabschluß tätigen will. Mangels einer Rechtsbeziehung dürfen auch keine persönlichen Daten verwendet werden.
Detaillierte Informationen zur aktuellen Rechtslage und DSK-Enscheidungspraxis bietet die ARGE DATEN - Veranstaltung am 3.3.2005 (http://www.argedaten.at/seminar).
Betroffene sollten Weitergabe untersagen und Auskunft verlangen
Die ARGE DATEN empfiehlt allen Österreichern regelmäßig Auskunft über ihre Bonitätsdaten einzuholen. Dazu wurde ein Musterbrief entwickelt, der entsprechend adaptiert sowohl an den eigenen Telekombetreiber, als auch an die Wirtschaftsauskunftsdienste zu schicken ist (http://www.e-rating.at/php/cms_monitor.php?question=LIST-BONITAET).
Hans G. Zeger: "In der Öffentlichkeit besteht immer noch der Eindruck, dass Wirtschaftsauskunftsdienste für Unternehmen betrieben werden und Bonitätsinformationen von Unternehmen gesammelt werden. Dieser Eindruck ist seit mehr als 10 Jahren völlig falsch. Mittlerweile nimmt die Beauskunftung der wirtschaftlichen Verhältnisse privater Personen einen immer größeren Umfang an."
Geschätzte 800.000 Personen sind in der einen oder anderen "Schwarzen Liste" enthalten. Rund 30% der Informationen dürften falsch, irreführend oder veraltet sein.
Die Auskunft muss binnen 8 Wochen kostenfrei erteilt werden, ansonsten ist eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission einzubringen. Für Mitglieder übernimmt die ARGE DATEN Auskunfts- und Beschwerdeverfahren.
Weiters sollte die Weitergabe von Bonitätsinformationen an Dritte bei den Telekomfirmen untersagt werden.
Trend zur Selbstjustiz anhaltend
Speziell im Bereich Telekom ist eine derartige Liste völlig entbehrlich. Bei nicht zahlenden Kunden steht dem Telekombetreiber immer der Weg zum Gericht zur Einbringung der Kosten frei. Umgekehrt kann ein unzufriedener Konsument die Schlichtungsstelle der Telekom-Regulierungsbehörde anrufen.
Die neu eingeführte Liste stört die vom Gesetzgeber vorgesehene Balance der Institutionen, Rechte und Pflichten von Kunden und Betreibern.
Hans G. Zeger: "Diese Liste ist nur ein Teil eines immer unübersichtlicher werdenden Sumpfs von Warnlisten und Bonitätsinformationsdateien. Auf den lukrativen Handel mit Wirtschaftsinformationen springen immer mehr mehr oder minder seriöse Firmen auf. Mit dem Ergebnis, dass immer öfter Geschäftsabschlüsse wegen 'mangelnder Bonität' nicht zustande kommen, jedoch auch nicht begründet wird um welche Information es sich dabei handelt und wer dafür verantwortlich ist."
Begehrlichkeit auch bei Hausbesitzern
Neben den Banken, den Versandhäusern und nun den Telekomfirmen planen auch Hausbesitzerverbände und Hausverwaltungen den Aufbau einer schwarzen Mieterliste.
Rasches Handeln erforderlich
Angesichts der zweifelhaften Rechtslage müßte die Datenschutzkommission die Inbetriebnahme dieses Informationsverbundsystems verhindern. Mittels Mandatsbescheid, der sofortigeWirkung entfaltet, könnte das sofort geschehen.
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