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2004/06/25 Bildungsdokumentation: Unterrichtsministerium und Statistik Austria reagieren gereizt
Immer mehr Eltern und Schüler verweigern Bekanntgabe der Sozialversicherungsnummer - Statistik Austria versucht Datensammlung zu rechtfertigen - Verdacht der EU-widrigen Datenerhebung bleibt - International einmaliger Datendinosaurier

Immer mehr Eltern und Schüler verweigern Sozialversicherungsnummer

Auf Grund der Informationstätigkeit der ARGE DATEN verweigern immer mehr Eltern und mündige Schüler die Bekanntgabe der Sozialversicherungsnummer. Bisheriger Spitzenreiter ist eine oberösterreichische Schule mit knapp 500 Verweigerungen.

Überraschend versucht die Statistik Austria in einer Presseaussendung die Erhebung zu rechtfertigen und argumentiert, dass lebenslange Speicherung von Schuldaten für eine hochwertige Bildungspolitik notwendig sei (http://www.statistik.at/cgi-bin/pressetext.pl?INDEX=2004001594)

Mit unhaltbaren und irreführenden Argumenten versucht die Statistik austria die Bildungsevidenz zu retten.

(1) Irreführung I: Notwendig für "gute" Bildungsstatistik
Für statistische Zwecke ist die Sozialversicherungsnummer keinesfalls nötig. Bildungspolitische Entscheidungen sollten auf Grundlage aktueller Daten erhoben werden und nicht mit 60 Jahre alten Betragensnoten und Besuchsdaten zu Schulveranstaltungen. Für derartige aktuelle Erhebungen ist überhaupt kein Personenkennzeichnen notwendig.

(2) Irreführung II: Die EU verlangt die Bildungsevidenz
Die EU verlangt zwar von den Ländern aussagekräftige Bildungsstatistiken, überläßt es jedoch den einzelnen Ländern, wie die Erhebungen im Detail durchzuführen ist. Die Mehrzahl der EU-Länder führt dazu repräsentative Stichprobenerhebungen durch, wie sie auch in der Privatwirtschaft üblich sind. Nur einzelne skandinavische Länder, verwenden, wie von der Statistik Austria zitiert, aus historischen Gründen Personenstandsregister und speichern die Bildungsabschlüsse. KEIN einziges EU-Land speichert über Jahrzehnte Verhaltensdaten, den Besuch von Schulveranstaltungen oder des Religionsbesuchs.

Hans G. Zeger: "In einem Land, das die Bürgerrechte auf Privatsphäre ernst nimmt, sind statistische Erhebungen nur auf freiwilliger Basis denkbar. Die demoskopischen und mathematischen Methoden sind ausgereift genug, um auch mit relativ kleinen Freiwilligenstichproben aussagekräftige Planungsdaten zu erhalten."

(3) Irreführung III: Die SV-Nummer wird nicht gespeichert
Tatsächlich wird die SV-Nummer codiert abgespeichert. Es können jederzeit (mindestens 60 Jahre lang!) alle Schuldaten durch Eingabe der SV-Nummer (Person) abgerufen werden. Ein in der EDV technisch zwingender Vorgang (Daten werden immer codiert abgespeichert) wird als Argument verwendet um einen unrechtmäßigen Vorgang zu verschleiern.


EU-Widrigkeit gegeben

Gemäß EG-Richtlinie Datenschutz dürfen Daten nur zu genau definierten Zwecken erhoben werden. Sie müssen für diesen Zweck notwendig sein. Weiters gilt das Prinzip des gelindesten Eingriffs. Dies ist bei der Sozialvesicherungsnummer eindeutig nicht der Fall. Aussagekräftige Bildungsstatistiken lassen sich ohne Sozialversicherungsnummer erstellen. Damit widerspricht diese Datenerhebung der EG-Richtlinie. Auch gesetzliche Anordnung hebt die EU-Widrigkeit nicht auf.

International löst das Bildungsevidenzprojekt bei allen Datenschützern kopfschütteln und Unverständniss aus. Wie uns renommierte deutsche Datenschützer erklären, würde dort ein derartiges Vorhaben nicht einmal das Entwurfsstadium überleben.


Bildungsevidenz dient langfristigen Kontrollzwecken

Das teure und grundrechtswidrige Festhalten an der Bildungsdokumentation entbehrt jeden bildungspolitischen Zweck.

Es liegt die Vermutung nahe, dass mittelfristig diese Evidenz der Grundstock einer Bürgerevidenz werden soll, die lebenslang das Verhalten und die Qualifikation der Bürger abrufbar machen soll. Schon jetzt werden Stimmen aus der Wirtschaft laut, die bei Bewerbungen wünschen, direkt in der Bildungsevidenz nachsehen zu können, welche Schullaufbahn ein potentieller Mitarbeiter hat(te).

Über die Sozialversicherungnummer bleiben alle wesentlichen Daten einer Person lebenslang miteinander verknüfbar und können jederzeit individuell zugeordnet werden. Ausbildungsdaten lassen sich so bequem mit Gesundheitsdaten, Einkommensdaten, Arbeitsdaten und anderen sensiblen Datenbeständen gemeinsam abrufen.


Hilfe für Betroffene

Zahlreiche betroffene Personen denen die Nummer unter Androhung einer beachtlichen Verwaltungsstrafe mündlich abverlangt wurde, verlangten auf Anraten der ARGE DATEN eine bescheidmäßige Aufforderung (siehe Musterbrief). Meist wird dann auf die Sozialversicherungsnummer verzichtet, offensichtlich fürchtet das Bildungsministerium eine höchstgerichtliche Auseinandersetzung.

Die ARGE DATEN bietet allen Eltern und Schülern Beratung und Hilfestellung an, sowohl wie sie sich beim Verlangen der Bekanntgabe der Daten veralten sollen, als auch, wenn die Daten schon bekannt gegeben wurden.


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