1995/02/20 Novelle des Suchtgiftgesetzes (Entwurf des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz)
Arge Daten Gesetzesbegutachtung Die ARGE DATEN gibt zum vorliegenden Gesetzesentwurf, der eine Reihedatenschutzrechtlich höchst bedenklicher Bestimmung...
Die ARGE DATEN gibt zum vorliegenden Gesetzesentwurf, der eine Reihe datenschutzrechtlich höchst bedenklicher Bestimmungen vorsieht, die folgende Stellungnahme ab:
1. In Par. 45 sollen die schon bisher äußerst weitgehenden Meldepflichten erweitert werden. Das Gesundheitsministerium erhält so eine zentrale Datei aller 'Suchtkranken' in Österreich. Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich um das Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens (mit den entsprechendenrechtsstaatlichen Garantien) oder um bloße Gerüchte oder Vermutungen handelt. (Die Bezirksverwaltungsbehörden haben 'die Suchtkranken' zu melden, ohne daß bestimmt ist, wie sie diese überhaupt feststellen sollen.) Ebenso werden Kranke (Süchtige) und Rechtsbrecher (Drogenhändler) in einen Topfgeworfen und im selben Paragraphen behandelt.
Wir haben den Eindruck, daß das Gesundheitsministerium hier einfach am Sammeln von Informationen interessiert ist und nicht an einem konkreten darüber hinausgehenden Zweck. Das Gesetz sieht auch keine spezielle Aufgabe vor, die mit dieser enormen Datensammlung erfüllt werden soll, sondern nur die'Überwachung des Verkehrs' und die 'Koordination der Suchtfragen' (Par. 44).
* Die ARGE DATEN hält eine zentrale Speicherung aller Suchtkranken für unnötig und kontraproduktiv. Der Suchtkranke benötigt Hilfe und nicht die rufschädigende Verbreitung von Informationen an Bezirkshauptmannschaften, Bundesheer, Schulbehörden und andere. Daher sollten jedenfalls die Meldung derSuchtkranken durch die Bezirksverwaltungsbehörden und die Krankenanstalten ersatzlos gestrichen werden. (Für die rasche Feststellung neu auftretender Drogen genügt die anonyme (!) Meldung von Suchtgiftfällen und Drogentoten durch die Krankenanstalten.)
* Auch die Notwendigkeit einer zentralen Speicherung der Rechtsbrecher erscheint uns zweifelhaft. Es ist jedenfalls unvertretbar und widerspricht der Unschuldsvermutung, die Einstellungen und Freisprüche in Drogenprozessen zentral zu erfassen und damit unschuldigen Personen die Tatsache vorzuwerfen,daß sie einmal vor Gericht gestanden sind. Aus demselben Grund sollten auch die erstatteten Anzeigen nicht (oder nur anonym) an das Gesundheitsministerium gemeldet werden, solange es zu keiner Verurteilung gekommen ist.
In Par. 45 Abs. 1 sollte daher zumindest:
- im Einleitungssatz das Wort 'insbesondere' gestrichen werden,
- Z. 1 und Z. 2 auf die Verurteilungen und Beschlagnahmungen bzw. Einziehungen beschränkt werden,
- die Z. 5 bis 7 entfallen oder durch anonyme Meldungen ersetzt werden.
2. Die umfangreiche Datensammlung des Gesundheitsministers soll nach Par. 45 Abs. 2 auch anderen, nämlich 'allen zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes berufenen Behörden und Dienststellen', den Schulbehörden, den Militärkommanden, dem Innenminister als Zivildienstbehörde und verschiedenen UN-Stellenübermittelt werden. Es ist zu begrüßen, daß dies nun nur mehr im Einzelfall und nicht generell zulässig sein soll.
Allerdings ist bedenklich, daß die Eignung zum Schulbesuch und zum Wehr- und Zivildienst aufgrund von Mitteilungen des Gesundheitsministers festgestellt werden soll, der diese Informationen wiederum aus bis zu fünf Jahre alten Meldungen bezieht. Eine aktuelle ärztliche Untersuchung wäre dafür mitSicherheit besser geeignet. Daher sollten die Z. 2, 3 und 4 des Par. 45 Abs. 2 ersatzlos gestrichen werden. Die Übermittlungen an Organe der Vereinten Nationen oder der EU sollten auf anonymisierte Daten beschränkt werden.
Das Gesetzgeber des Datenschutzgesetzes wollte erreichen, daß Datenübermittlungen in anderen Gesetzen klar und ausdrücklich (Par. 7 Abs. 1 Z. 1 DSG) geregelt werden. Daher sollten in Par. 45 Abs. 2 Z. 1 des Suchtgiftgesetzes nicht einfach alle Datenübermittlungen pauschal für zulässig erklärtwerden, die 'zur Wahrnehmung der ... gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden'. Stattdessen sollten die zur Vollziehung des Suchtgiftgesetzes (etwa der Frage Einstellung des Strafverfahrens/Probezeit/Wiederaufnahme des Verfahrens) notwendigen Datenflüsse im Gesetzdetailliert geregelt werden.
3. Nach Par. 22 Abs. 5 des Gesetzes müssen die anerkannten Drogenberatungseinrichtungen dem Gesundheitsminister jährlich einen Bericht legen, in dem unter anderem auch die Initialen, das Geburtsdatum und das Geschlecht der betreuten Suchtkranken angeführt sind. Einen derartigen Bericht kann mannicht als anonymisiert bezeichnen, da die Namen der Betroffenen leicht rekonstruiert werden können. Außerdem werden die anerkannten Einrichtungen durch diese Pflicht dazu gezwungen, von jeder betreuten Person Name und Geburtsdatum zu erfassen. Ein anonymer Zugang ist dann nicht möglich und erschwertso die Arbeit dieser Beratungsstellen. Die ARGE DATEN regt daher dringend an, in den Berichten nur statistische Angaben und etwa das Geburtsjahr der betreuten Personen, nicht aber das Geburtsdatum und die Initialen vorzusehen.
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