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1994/10/11 Europawahlordnung und Europa-Wählerevidenzgesetz
(Entwurf des Bundesministeriums für Inneres)
Arge Daten Gesetzesbegutachtung Die ARGE DATEN gibt zum vorliegenden Gesetzesentwurf die folgende Stellungnahmeab:

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Die ARGE DATEN gibt zum vorliegenden Gesetzesentwurf die folgende Stellungnahme ab:


1. Als Datenschutzorganisation erhalten wir immer wieder Beschwerden von Personen, die automationsunterstützt verschickte Werbebriefe verschiedenster Art empfangen. Oft weisen die dabei verwendeten Adressen dieselben Schreibfehler wie die Adresse in der Wählerevidenz auf. Es besteht auch derbegründete Verdacht, daß manche Parteien die Weitergabe von Daten an parteinahe Organisationen oder Meinungsforschungsinstitute als Kavaliersdelikt betrachten - oder daß es ihnen gar nicht bewußt ist, daß das Datenschutzgesetz eine solche Übermittlung untersagt.


Es ist auch fraglich, ob es überhaupt demokratisch sinnvoll ist, den Parteien die Adressen zur Verfügung zu stellen. Zur Beobachtung und Kontrolle der Wahl ist es nicht notwendig. Es genügt völlig, wenn das Wählerverzeichnis vor einer Wahl öffentlich zur Einsicht aufgelegt wird und daß die Wahlselbst von Parteienvertretern kontrolliert werden kann. Bedenklich ist hingegen, wenn Wahlwerbung 'zielgruppenorientiert' durchgeführt werden kann: Den Alten verspricht man die Erhöhung der Pensionen, den Jungen die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, etc.


Die ARGE DATEN regt daher an, die Übermittlung von Daten an die wahlwerbenden Parteien (Par. 15 EuWO, Par. 6 EuWEG) ersatzlos zu streichen.


2. Wenn auf die Weitergabe des Wählerverzeichnisses aber nicht verzichtet werden kann, dann sollte zumindest als Mindestabsicherung gesetzlich verankert werden, daß die Parteien a) die Daten nur für Wahlwerbung verwenden dürfen und b) nicht an Dritte übermitteln dürfen.


3. Die in Par. 12 EuWEG vorgesehene 'allgemeine Aufnahme der Wahlberechtigten' ist wohl unnötig und entspricht nicht mehr dem Rechtsdenken unserer Zeit. Allein die Vorstellung, daß Gemeindebeamte ausschwärmen und jede Wohnung darauf überprüfen, welche Wahlberechtigten darin wohnen, scheint absurd.Es ist auch niemandem zumutbar, an einem bestimmten Tag zuhause sitzen und auf die Kontrolle warten zu müssen (3000 S Strafdrohung!). Angesichts der Tatsache, daß bei den Europawahlen keine Wahlpflicht bestehen wird, ist es auch nicht notwendig, daß die Gemeinden darauf schauen, daß ihnen nur janiemand entgeht. Die Absätze 4 bis 10 sollten daher ersatzlos gestrichen werden.


4. Bei der Zentralen Europa-Wählerevidenz ist im Entwurf (Par. 13 EuWEG) derzeit nicht ausreichend klargestellt, wann Übermittlungen der darin enthaltenen Daten zulässig sind. Eingeschränkt werden nur die Übermittlungen ins Ausland, nicht aber solche im Inland. Auch der Umfang der übermitteltenDatenarten ist nicht klargestellt. Par. 13 Abs. 1 EuWEG erweckt sprachlich den Eindruck, den anderen Mitgliedstaaten der EU solle nach einer Wahl mitgeteilt werden, welche ihrer Staatsbürger bei uns gewählt haben und welche nicht.


Gerechtfertigt kann hingegen nur die Information sein, welche ihrer Staatsbürger bei uns in der Europa-Wählerevidenz eingetragen sind. Alle anderen Datenübermittlungen sind unnötig und sollten ausdrücklich untersagt sein. Insbesondere sollte auch klargestellt werden, daß jede Verwendung von Datender Zentralen Europa-Wählerevidenz für andere Zwecke als wahlrechtliche unzulässig ist.


5. Par. 13 Abs. 3 EuWO sieht vor, daß von dem zur Einsicht aufliegenden Wählerverzeichnis 'jedermann' Abschriften und Vervielfältigungen anfertigen kann. So sinnvoll die öffentliche Auflegung des Wählerverzeichnisses zur Einsichtnahme vor einer Wahl ist, so unnötig ist es, die Anfertigung von Kopienzu gestatten. Das Wählerverzeichnis erfüllt dann nicht den Zweck, das allgemeine Wahlrecht zu sichern, sondern wird zur billigen Datenquelle für jedermann, insbesondere auch für Adreßverlage.


Wir regen daher dringend an, im Gesetz dafür Sorge zu tragen, daß bei der öffentlichen Auflegung der Wählerverzeichnisse nur Einsicht genommen wird, keinesfalls aber mehr Adressen abgeschrieben werden als für einen konkreten Einspruch notwendig ist.


6. Par. 6 EuWEG sieht vor, daß jedermann - nicht nur vor Wahlen, sondern immer - Einsicht in die Europa-Wählerevidenz nehmen kann. Dadurch wird die Wählerevidenz zu einer praktischen Datenbeschaffungsquelle - um z. B. das Geburtsdatum einer Person herauszufinden. Daher sollte das Einsichtsrecht aufdie Betroffenen beschränkt werden. Andere Personen können - wenn keine Wahl bevorsteht - wohl kein legitimes Interesse an der Einsicht haben. Zur Kontrolle der Wählerverzeichnisse vor der Wahl genügt die in Par. 13 EuWO vorgesehene öffentliche Auflage.





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