1994/12/31 Novelle zum Datenschutzgesetz
DIR Dieter Kronegger
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Dieter Kronegger
Die festgestellte Vefassungswidrigkeit des Par. 14 DSG bezüglich der Aufgaben der Datenschutzkommission machte eine Gesetzesreparatur erforderlich. Abgesehen davon gab es noch einige geringfügige Anpassungen. Ein großes Reformwerk blieb diesmal aus.
Im BGBl. Nr. 632/1994 wurde nun die Novelle des Datenschutzgesetzes kundgemacht. Die Novelle war notwendig geworden, weil der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis festgestellt hatte, daß es verfassungswidrig sei, wenn eine gewöhnliche Verwaltungsbehörde auch Entscheidungsgewalt undKontrollbefugnisse über ein "oberstes Organ der Verwaltung" (z. B. ein Bundesministerium) hat. Nun ist die Datenschutzkommission so wie z. B. auch die Unabhängigen Verwaltungssenate verfassungsrechtlich verankert worden. Im Zuge der Novelle wurden auch eine weitere verfassungswidrige Stelle saniertund einige andere Kleinigkeiten im Gesetz geändert.
Leider wurde die Gelegenheit versäumt, die von uns immer wieder geforderte große Reform des Datenschutzgesetzes in Angriff zu nehmen.
Im folgenden bringen wir für juristisch Interessierte den Wortlaut der geänderten Stellen des DSG und jeweils einen kurzen Kommentar.
Par. 4 Abs. 2 saniert
Im Erkenntnis VfSlg. 12194/1989 hat der Verfassungsgerichtshof Par. 5 Abs. 2 in der Fassung der Novelle von 1986 als verfassungswidrig aufgehoben. Da Par. 5 Abs. 2 für die Länder genau dasselbe vorsah wie Par. 4 Abs. 2 für den Bund, war anzunehmen, daß auch Par. 4 Abs. 2 verfassungswidrig ist. Nunwurde auch hier wieder der ursprüngliche Wortlaut eingesetzt. Par. 4 Abs. 2 lautet also:
"Durch Verordnung der Bundesregierung sind nach Anhörung des Datenschutzrates Rechtsträger im Sinne des Abs. 1, soweit sie in Formen des Privatrechts tätig sind, für diese Tätigkeitsbereiche von der Anwendung des 2. Abschnittes auszunehmen. Für diese Bereiche findet der 3. Abschnitt Anwendung.Verordnungen nach dem ersten Satz bedürfen der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates."
Damit dürfte dieser Absatz verfassungskonform sein. Es bleibt allerdings das generelle Problem der Abgrenzung zwischen "öffentlichem" und "privatem" Bereich im Datenschutzgesetz. Diese Abgrenzung ist derzeit im wesentlichen nur notwendig, weil für Verletzungen des DSG im öffentlichen Bereich die DSKzuständig ist, im privaten Bereich aber die Gerichte. Gäbe es bloß eine zuständige Stelle (die DSK), so könnten die beiden Bereiche zusammengelegt werden.
Par. 14: Rechtsgrundlage der DSK
Dieser Paragraph ist vom VfGH (mit Wirkung vom 31. Dezember 1994) aufgehoben worden. Am 1. Jänner 1995 tritt die folgende Neufassung in Kraft:
"Rechtsschutz des Betroffenen
Par. 14. (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen, die behaupten, in ihren Rechten nach diesem Bundesgesetz oder den hiezu ergangenen Verordnungen verletzt zu sein, sowie über Anträge gemäß Abs. 3.
(2) Bei Gefahr im Verzug für den Beschwerdeführer kann die Datenschutzkommission die Benützung oder Übermittlung von Daten oder einzelne Verarbeitungsvorgänge untersagen.
(3) Wird in einem vor einer anderen Verwaltungsbehörde durchgeführten Verwaltungsverfahren von einer Partei behauptet, in ihren Rechten nach diesem Bundesgesetz oder den hiezu ergangenen Verordnungen verletzt zu sein, so hat die Verwaltungsbehörde, außer bei Gefahr im Verzug, ihr Verfahren bis zurEntscheidung dieser Vorfrage durch die Datenschutzkommission auszusetzen und gleichzeitig die Entscheidung bei der Datenschutzkommission zu beantragen."
Der gewählte Text soll vor allem sicherstellen, daß die DSK weiterarbeiten kann wie bisher. Gleichzeitig wurden in der bisherigen Interpretation des Par. 14 immer wieder aufgetauchte Mißverständnisse durch eine neue Wortwahl hoffentlich beseitigt.
Zu Abs. 1: Der alte Par. 14 sprach von "Verfahren vor der sachlich zuständigen Behörde", in denen über Auskunft, Richtigstellung oder Löschung entschieden werde. Das führte zu dem Mißverständnis, eine Auskunft (bzw. Richtigstellung oder Löschung) werde von der Behörde in einem Verwaltungsverfahrenerteilt (also mit Bescheid). Dann wäre aber nicht eine Beschwerde an die DSK, sondern eine Berufung an die Oberbehörde das einzige Rechtsmittel gewesen. Nun ist diesem Mißverständnis hoffentlich der Boden entzogen. Eine Auskunft wird durch "Mitteilung" erteilt (oder eben nicht), nicht durch einenBescheid.
Ein weiteres Problem des alten Par. 14 Abs. 1 war, daß die DSK bloß über Vorfälle entschied, "soweit der Beschwerdeführer behauptet, dadurch in seinen Rechten verletzt worden zu sein". Oft machte der Beschwerdeführer aber nur allgemein eine Verletzung des DSG geltend und begründete (mangelsausreichender juristischer Kenntnisse) die Beschwerde nicht genug. Nun ist diese unnötige Vorschrift gefallen.
Zu Abs. 2: Der bisherige Abs. 2 sah vor, daß die DSK an rechtskräftige Entscheidungen der sachlich zuständigen Behörde gebunden sei. Das war eine überflüssige Bestimmung, da ohnehin klar ist, daß z. B. das Finanzamt die Höhe der Einkommensteuer feststellt und nicht die DSK. Die DSK kann nur überVerletzungen des DSG durch das Finanzamt entscheiden. - Als neuer Par. 14 Abs. 2 wurde der bisherige Par. 37 Abs. 2 eingefügt.
Zu Abs. 3: Dieser Absatz wurde nur sprachlich umformuliert. Der Verweis auf Par. 38 AVG wurde gestrichen, dafür wurde der Begriff "Vorfrage" aufgenommen.
Par.Par. 36 und 37: verfassungsrechtliche Absicherung und Neugestaltung
"Par. 36 (1) (Verfassungsbestimmung) Die Datenschutzkommission entscheidet:
1. über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch das Verhalten eines Organs, das im Falle automationsunterstützter Datenverarbeitung dem 2. Abschnitt zuzurechnen wäre, in ihren Rechten nach diesem Bundesgesetz oder den hiezu ergangenen Verordnungen verletzt zu sein, soweit dieses Verhaltennicht der Gerichtsbarkeit zuzurechnen ist;
2. von Amts wegen, wenn in einem Verfahren gemäß Z 1 hervorgekommen ist, daß auch andere Personen in ihren Rechten in gleicher Weise verletzt wurden;
3. über die Verpflichtung eines dem 2. Abschnitt unterliegenden Auftraggebers zur Aufrechterhaltung eines Bestreitungsvermerks;
4. in Verfahren im Zusammenhang mit der Eintragung in das Datenverarbeitungsregister;
5. über die Erteilung einer Genehmigung für den internationalen Datenverkehr;
6. über Berufungen in Verwaltungsstrafverfahren gemäß Par. 50.
(2) Darüber hinaus obliegen der Datenschutzkommission die ihr sonst durch Gesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere die Mitwirkung gemäß Par.Par. 9, 13, 29, 44 und 52, die Erlassung von Verfügungen nach Par. 29 Abs. 3 und Par. 38 Abs. 6 und von Beschlüssen nach Par. 39 Abs. 2 und Par. 45, sowiedie Erstattung von Empfehlungen nach Par. 41 und von Tätigkeitsberichten nach Par. 46."
Par. 36 Abs. 3 und Abs. 4 (Verfassungsbestimmung) werden aufgehoben.
Par. 37 Abs. 2 und 3 lauten nun:
"(2) Gegen Bescheide der Datenschutzkommission ist kein Rechtsmittel zulässig. Sie unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg.
(3) Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist zulässig."
In Par. 36 wurde die DSK nun verfassungsrechtlich abgesichert. Die Bestimmung regelte auch bisher schon die Aufgaben der Datenschutzkommission. Die Absätze 1 und 2 wurden neu gegliedert, sodaß nun in Abs. 1 jene Zuständigkeiten aufgelistet sind, die verfassungsrechtlich abgesichert werden müssen(nämlich jene, wo die DSK ihre Rechtsansicht auch gegenüber obersten Organen durchsetzen kann). Absatz 2 enthält die übrigen Aufgaben der DSK.
Durch die Formulierung des Par. 36 Abs. 1 Z 1 ("Organ, das im Falle automationsunterstützter Datenverarbeitung dem 2. Abschnitt zuzurechnen wäre") wird nun der DSK auch in jenen Fällen eine ausdrückliche Kompetenz zugestanden, in denen bloß das Grundrecht auf Datenschutz selbst verletzt wird, nichtaber automationsunterstützte Datenverarbeitung eingesetzt wird.
Bekanntlich umfaßt der Großteil des DSG ja nur die automationsunterstützte Datenverarbeitung. In den übrigen Fällen gibt es nur das Grundrecht auf Datenschutz. Da der VfGH Beschwerden wegen der Verletzung dieses Grundrechts meist zurückweist (nämlich in jenen Fällen, in denen der Beschwerdeführernicht Opfer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder eines Bescheids, sondern z. B. "bloß" fotografiert oder bespitzelt wurde), bleibt die DSK als einzige Beschwerdestelle. Bisher hat die DSK ihre diesbezügliche Kompetenz umständlich argumentieren müssen, jetzt ist sieverfassungsrechtlich klargestellt.
Der bisherige Par. 37 Abs. 2 wurde zu Par. 14 Abs. 2, die beiden neuen Absätze entsprechen dem bisherigen Par. 36 Abs. 3. Der bisherige Par. 36 Abs. 4 DSG sah als Verfassungsbestimmung vor, daß bei Säumnis der DSK Beschwerde an den VwGH erhoben werden könne. Das verfassungsrechtlich festzuschreiben,war unnötig. Es genügt, daß einfachgesetzlich die Beschwerdemöglichkeit an den VwGH vorgesehen wird (wie bisher in Par. 36 Abs. 3 und nun in Par. 37 Abs. 3), dann ist auch eine Säumnisbeschwerde möglich.
Par. 50: Modernisierung
Der bisherige Inhalt der Verfassungsbestimmung des Par. 50 Abs. 5 wurde in Par. 36 Abs. 1 Z 6 übersiedelt. Damit wurden die Verfassungsbestimmungen, die die Zuständigkeit der DSK regeln, zusammengefaßt. Der freigewordene Par. 50 Abs. 5 ist nun keine Verfassungsbestimmung mehr und lautet:
"Auf das Verfahren der Datenschutzkommission als Berufungsbehörde (Par. 36 Abs. 1 Z 6) gegenüber Bescheiden nach Abs. 4 ist das Verwaltungsstrafverfahrensgesetz 1991 mit der Maßgabe anzuwenden, daß im 5. Abschnitt anstelle des unabhängigen Verwaltungssenates oder einer seiner Kammern oder deszuständigen Mitglieds jeweils die Datenschutzkommission gemäß Par. 39 tätig wird."
Richtig muß es "Verwaltungsstrafgesetz 1991" heißen. Durch die Neufassung des Absatzes wird klargestellt, nach welcher Verfahrensordnung die DSK im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden hat.
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