1994/12/31 Festung Europa
DIR Das "Europa der offenen Grenzen" des "freien Personenverkehrs" hat eine Kehrseite: Vielfach unbeachtet von der Öffentlic...
Das "Europa der offenen Grenzen" des "freien Personenverkehrs" hat eine Kehrseite: Vielfach unbeachtet von der Öffentlichkeit werden Instrumentarien sowohl zur Abschottung nach außen, als auch zur verstärkten Kontrolle und Überwachung im Inneren konzipiert und umgesetzt. Angst vor "grenzenloser"Kriminalität fördert zusehends die Akzeptanz von Maßnahmen, die nicht nur Bürgerrechte in Frage stellen, sondern auch den Keim des autoritären Überwachungsstaates in sich tragen. Den Liberalisierungsentwicklungen des Ostblocks scheinen spiegelgleich entgegengesetzte Tendenzen in der "freien"westlichen Welt entgegenzustehen.
In einer länderübergreifenden Darstellung zeigt der Autor Fallbeispiele, Hintergrundinformation und Stellungnahmen zu den brisanten Themen Asyl, Drogen, organisierte Kriminalität, Terrorismus, sowie - damit im Kontext - neuer Fahndungstechnologien und Überwachungsmethoden. Er belegt, wie bislang alsliberal geltende Länder (z.B. Niederlande, Schweden) im Zuge der EG-Integration sukzessive ihre Positionen in den Bereichen Asyl- und Drogenpolitik zugunsten der "Hardliner" aufgeben. Auch von Fahndungspannen und skurillen Ermittlungsmethoden ist die Rede, von Menschenrechtsverletzungen inmittenEuropas und von den Konzepten europaweiter Datenströme zwischen den Fahndungs- und Überwachungscomputern.
Gerade in der aktuellen Diskussion um "Lauschangriff", "Vorfeldüberwachung" und dem Einsatz von agents provocateurs ein Buch, das mit seiner Überfülle an dokumentierten Fakten zum Nachdenken anregt, selbst wenn man vielleicht nicht in allen Punkten die Sichtweise des Autors teilt.
LEUTHARD, Beat: Festung Europa - Asyl, Drogen, organisierte Kriminalität; die innere Sicherheit der 80er und 90er Jahre und ihre Feindbilder (1994). Rotpunktverlag CH-8026 Zürich, Postfach 397.
ISBN 3-85869-086-4. Paperback 448 Seiten, ca. SFr 29.80.
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