1994/12/31 Zentrale Datensammlungen bei Banken und Versicherungen
DIR Banken und Versicherungen tauschen weiterhin über den Kleinkreditkataster Kundendaten aus. Die gesetzlichen Anforderunge...
Banken und Versicherungen tauschen weiterhin über den Kleinkreditkataster Kundendaten aus. Die gesetzlichen Anforderungen des Datenschutzes werden weiterhin nicht erfüllt.
Ein erneut ins Gerede gekommener Problembereich des Datenschutzes ist die Datenweitergabepraxis von Banken und Versicherungen (siehe unsere Stellungnahme zum Versicherungsvertragsgesetz, DIR 1/94, S. 24). Sowohl Banken als auch Versicherungen betreiben gemeinsame zentrale Datensammlungen, in diejedes Institut die - möglicherweise - auch für andere Institute bedeutsamen Informationen einträgt. Bei den Banken ist dies vor allem der Kleinkreditkataster und die "Liste unerwünschter Kontoverbindungen" beim Kreditschutzverband von 1870, beim Versicherungsverband wird eine "Warndatei" geführt, indie "riskante" Personen eingetragen werden, was auch immer das heißen mag.
Die Probleme solcher zentralen Datenbanken sind vor allem:
l Die Übermittlung der Daten an die Zentrale erfolgt nicht auf gesetzlicher Grundlage, sondern aufgrund schwammig formulierter "freiwilliger Zustimmungserklärungen". Die Unterschrift des Konsumenten unter diese "freiwilligen" Erklärungen ist Voraussetzung für den Kredit oder dieVersicherungspolizze. Meist erfüllen die im Kleingedruckten versteckten Zustimmungserklärungen nicht die datenschutzrechtlichen Mindestanforderungen. Hier hilft nur bessere gesetzliche Regelungen und eine Kontrolle durch Aufsichtsbehörden oder Verbandsklagen.
l Das Auskunftsrecht nach dem DSG ist nicht durchsetzbar. Die Datensammlung im Versicherungsverband ist so konstruiert, daß nicht der Versicherungsverband Auftraggeber der Daten - und damit zur Auskunft verpflichtet - ist, sondern die einzelnen Versicherungen. Der Betroffene muß also bei jedereinzelnen Versicherung eine Anfrage stellen, um an seine Daten zu kommen (siehe dazu unsere Stellungnahme zum Versicherungsvertragsgesetz).
l Es besteht die Tendenz dazu, daß Daten nicht nach objektiven Kriterien gesammelt werden, sondern vielmehr jedes Institut an die Zentrale meldet, was ihm wichtig erscheint. Unklar ist auch, in welchen Abständen die Daten aktualisiert werden. Die Daten haben also oft mangelhafte Qualität. Hiersollte durch spezielle gesetzliche Regelungen zu jeder derartigen Datensammlung Abhilfe geschaffen werden.
Konkret am Beispiel des Kleinkreditkatasters betrachtet: Es ist ein legitimes Interesse der Banken (und ihrer Sparer), sich vor Kreditvergaben an Personen zu schützen, die bereits stark verschuldet sind. Das Grundrecht auf Datenschutz muß hier etwas zurückweichen (wie es etwa auch beim Grundbuch derFall ist, in das ja ebenfalls Hypotheken eingetragen werden). Allerdings ist es für den Gläubigerschutz nicht notwendig, jedes Recht auf Datenschutz zu beseitigen.
Welche Mindestanforderungen müßte ein solcher Kataster erfüllen, um vom Standpunkt des Datenschutzes aus gesehen akzeptabel zu sein?
l Die Daten sollen nicht so wie jetzt im freien Zugriff für jeden (der dafür zahlt) offenliegen, sondern (so wie beim Strafregister) nur dem Betroffenen selbst zugänglich sein. Will jemand einen Kredit beantragen, so kann er seinen Auszug aus dem Kleinkreditkataster selbst vorlegen oder die Bank zureinmaligen Abfrage ermächtigen. Der Betroffene erhält damit die Kontrolle darüber, wer welche Daten abruft.
l Es muß eindeutige Richtlinien geben, welche Informationen gespeichert werden. Es ist eben ein Unterschied, ob ein Kredit bloß zugesagt, oder auch in Anspruch genommen wurde; ob der Gesamtbetrag ausgezahlt oder bloß ein Kreditrahmen vereinbart wurde. Gespeichert werden dürfen nur konkrete, inZahlen ausgedrückte Informationen. Sätze wie "Bank X hält Herrn Y nicht für kreditwürdig" mögen zwar wahr sein, haben aber in einem Kreditkataster nichts verloren.
l Der Kataster darf nur über die finanzielle Situation, nicht über das Kaufverhalten etwas aussagen. Daher sollten kleinere Beträge (etwa typische Fälle offener Rechnungen) gar nicht gespeichert werden dürfen. Hat jemand bei einer anderen Stelle als bei einer Bank höhere Schulden (etwa beimAutohändler), so soll auf den Auszügen aus dem Kataster nicht aufscheinen, wer der Gläubiger ist.
l Die Daten müssen auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Es müssen also die Rückzahlungen berücksichtigt werden. Der Kataster soll nur etwas über die aktuelle Situation aussagen.
l Der Kataster soll von einer durch Gesetz eingerichteten oder unter behördlicher Aufsicht stehenden Stelle verwaltet werden. Das könnte z. B. die Nationalbank sein, die schon jetzt den Großkreditkataster führt. Ansonsten müßten eigene gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die einen denStrafbestimmungen zum Amtsgeheimnis bzw. Amtsmißbrauch vergleichbaren Schutz gewährleisten.
l Wünschenswert (und etwa in den USA, dem Land der freien Marktwirtschaft) derzeit diskutiert, wäre eine Verpflichtung der Kreditschutzorganisation, einmal im Jahr allen Betroffenen von sich aus Auskunft über die gespeicherten Daten zu geben.
HGZ
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