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1994/12/31 Der verkaufte Mitarbeiter
DIR In Zeiten der Rezession, der Firmenzusammenbrüche und der Marktkonzentration wird der Faktor "Humankapital" zu klingende...

In Zeiten der Rezession, der Firmenzusammenbrüche und der Marktkonzentration wird der Faktor "Humankapital" zu klingender Münze. Mitarbeiterdaten dürfen bei Firmenübernahmen nicht unbeschränkt weitergegeben werden. Es ist dabei unerheblich, ob es sich um Computerdaten oder manuelle Listenhandelt.

Die Rezession hat auch die EDV-Industrie erfaßt. Keine allzugroße Neuigkeit mehr. Zwischen stärkerem EDV-Kostenbewußtsein, neuen Computergenerationen, neuen EDV-"Philosophien" (neudeutsch: Downsizing) und neuen Mitbewerbern werden traditionelle EDV-Anbieter schlichtweg zerrieben. Grund genug,Frontbegradigung zu betreiben: Partnerschaften werden eingegangen, nicht mehr kostendeckende Standorte und Auslandstöchter werden aufgelassen oder in neue gemeinschaftliche Vertriebsorganisationen eingebracht.

So auch bei H.(*). H. verkauft stecker-(plug-)compatible Großrechner einer bekannten blauen Marke. H.-Österreich ist die 100%-Tochter von H-GB, diese wiederum ...

Als Mitbewerber zu H. tritt auch C.(*) auf, ebenfalls mit Großrechnerklones auf dem Markt vertreten. H.s Umsätze in Österreich entsprachen nicht den Erwartungen des Mutterkonzerns. Grund genug das graue Aschenputtel H.-Österreich dem Mitbewerber anzubieten.

Interessiert uns, wird signalisiert. Doch bei keiner Firma wird die Katze im Sack gekauft. Betriebsunterlagen werden angefordert, unter anderem auch die Mitarbeiterakten. Und so wandern Mitarbeiterunterlagen von H.-Österreich nach H.-Großbritannien von dort zu C.-International und weiter anC.-Deutschland, das später C.-Österreich unter die Fittiche nehmen soll.

Nehmen wir gern, kommt der positive Bescheid - aber die Mitarbeiter. Das sind zu viele, zu teure, wir haben da unsere eigene Crew.

Ergebnis der Transaktion von H. nach C. für alle H.-Kunden: Ihre Ansprüche bleiben gewahrt. Aus diesen Verträgen wäre die H.-Mutter wohl recht schlecht herausgekommen.

Ergebnis der Transaktion für die H.-Mitarbeiter: Ihre Ansprüche dürfen beim Arbeitsamt geltend gemacht werden.

Die Geschäftsführung von H.-Österreich auf den Vorgang angesprochen, immerhin geht es um eine vorsätzliche Verletzung des Datenschutzes - zum eindeutigen Nachteil der Betroffenen - reagiert sauer.

Der rechtsfreundliche Anwalt wird eingeschalten. Dieser entdeckt zuerst einmal das Datenschutzgesetz neu:

Er stellt fest, daß Daten gemäß Par. 3 DSG "auf einem Datenträger festgehaltene Angaben über bestimmte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmbare Betroffene (personenbezogene Daten)" sind.

Weiters erkennt er, daß eine Datenverarbeitung laut Gesetz einen "Ablauf von Verarbeitungsschritten, die zur Erreichung eines inhaltlich bestimmten Ergebnisses (Zweckes) geordnet sind und zur Gänze oder auch nur teilweise automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert erfolgt"meint.

Weiters erkennt er, daß auch die Weitergabe von Daten von einem Tochterunternehmen an den Mutterkonzern einer Übermittlung entspricht und diese nach Großbritannien genehmigungspflichtig wäre. Eine solche Genehmigung ist nicht vorhanden.

Aber, stellt er erleichtert fest, es wurden gar keine Daten gem. Par. 3 DSG weitergegeben, sondern bloß Mitarbeiterlisten mit Gehaltsdaten. Wären nicht Listen, sondern EDV-Ausdrucke weitergegeben worden, ja dann stände es schlimm um H.-Österreich, aber so: wo kein Computer, da keine Daten und wokeine Daten kann auch nicht das DSG verletzt werden. Egal wer was weitergibt.

Diese Irrtümer können passieren, wenn man beginnt, ein Gesetz erst ab Par. 3 zu lesen. Gesetze sind eben keine Gute-Nacht-Krimis, bei denen der kriminalistische Spürsinn gesteigert wird, wenn die ersten Seiten fehlen.

Die Verfassungsbestimmung des Par. 1 Abs. 1 DSG formuliert die Betroffenenrechte klar und eindeutig: "Jedermann hat Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- undFamilienlebens, hat."

Da der Par. 1 DSG bei der Durchsetzung der Datenschutzrechte bei Privatunternehmen auf den ordentlichen Rechtsweg verweist, kann allen betroffenen Mitarbeitern nur der Gang zu Gericht empfohlen werden. Aufgrund der Sachlage und auch durch die schriftlich formulierten Ausführungen des famosenH.-Anwalts ergibt sich eine für die Betroffenen eindeutige Beweislage.




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