1994/12/31 Suizid!gefährdet?
DIR Suiziddiagnosen, die im Zuge der Stellungspflicht wehrdienstbefreiend waren, können zum Hindernis bei der Erlangung eine...
Suiziddiagnosen, die im Zuge der Stellungspflicht wehrdienstbefreiend waren, können zum Hindernis bei der Erlangung einer Anstellung werden.
Im Zuge der Stellung führt das Verteidigungsministerium auch psychologische Tests durch. Über deren fragwürdigen Wert haben wir ausführlich in unserem Buch "aSOZIALeDATEN" berichtet.
Vielen Wehrunwilligen sind diese Psychotests willkommene Gelegenheit, sich ein schickes schizoides Syndrom zuzulegen und dann relativ einfach als dienstuntauglich eingestuft zu werden.
Es ist auch wirklich nicht allzu schwierig, bei Fragen wie: "Mein Leben ist vollkommen sinnlos", "Fühlen Sie sich beobachtet" oder "Ich stehe vor unlösbaren Problemen" die richtige Antwort zu geben. Steht mann dann vor dem Heerespsychologen, genügen wenige Elemente der Körpersprache (unsteter Blick,fahrige Hand- und Körperbewegungen), entsprechend verworren, aber beständig wiederholte Geschichten und einige Schweißausbrüche, um ans Ziel zu gelangen.
Leider haben die solcherart "glücklich" dem Heer entronnenen nicht mit dem langen Gedächtnis der Bürokratie gerechnet. In den Dienstuntauglichkeitsbescheiden stehen meist vage formulierte Ablehnungsgründe. Genaue Angaben dürfen, da es sich um sensible medizinische Daten handelt, nicht gemachtwerden. Trotzdem muß sich der nun herangewachsene, qualifizierte und top-ausgebildete Akademiker bei seinem künftigen Arbeitgeber die Frage nach dem Präsenz- bzw. Zivildienst gefallen lassen. "Schon abgeleistet?" - "Nein" - "Warum nicht" - "Untauglich?" - "W a r u m ?"
Bei dieser Gretchenfrage gerät nun der Stellenbewerber tatsächlich ins Schwitzen. Soll er den amtlich bescheinigten Suizidverdacht nennen? Wie soll er erklären, daß er damals nur simulierte? Ist der Personalchef vielleicht ein Bundesheerfan? Was hält er von einem zukünftigen Angestellten, der sichvor unangenehmen Aufgaben drückt? Soll er eine physische - aber jetzt geheilte Krankheit erfinden? Immerhin stehen die Heeresdaten unter Datenschutz und dürfen nicht weitergegeben werden. Der Personalchef hat also keine Chance, legal die tatsächlichen Untauglichkeitsgründe zu erfahren.
Was ist, wenn er sie aber doch - illegal - erfährt? Die guten Verbindungen von Personalchefs großer Firmen und öffentlicher Stellen zum Bundesheer sind ja allgemein bekannt. Was ist, wenn er dieses illegale Wissen dazu nutzt, mich bei der nächsten Gelegenheit unter völlig anderen Begründungen zukündigen? Wie beweise ich einen derartigen Datenmißbrauch?
Teilweise gibt es auch Berufe, bei denen Erkrankungen, die zur Untauglichkeit führten, auch die berufliche Nichtverwendungsfähigkeit bedeuten - etwa im ärztlichen Bereich.
So erhielten wir mehrmals Anfragen verzweifelter jobsuchender Menschen, wie sie sich verhalten sollen. Teilweise wurde sogar ernsthaft in Erwägung gezogen, sich noch einmal der Stellungskommission zu stellen und einen Tauglichkeitsbescheid zu erwirken.
Rechtlich gesehen gibt es einen geringen Handlungsspielraum. Wir können allen potentiellen Wehrdienstflüchtigen nur raten, nicht die Suizid- und Paranoia-Schiene einzusetzen. Die solcherart einmal in Umlauf gebrachten Informationen sind in Österreich - da vor den Betroffenen meist geheimgehalten -praktisch nicht mehr korrigierbar.
Bestehen nun tatsächlich problematische oder diskriminierende Untauglichkeitsbescheide, dann sollte versucht werden, einen neuen allgemein formulierten Untauglichkeitsbescheid zu erlangen bzw. aktuelle Gegengutachten zu erwirken.
Gegenüber Personalchefs sollte bloß die Tatsache der Untauglichkeit, mit dem allgemeinen Hinweis, daß es sich um damalige vorübergehende gesundheitliche Störungen handelte, mitgeteilt werden. Es sollte auf keinen Fall eine klare Falschinformation gegeben werden - dies kann einen Entlassungsgrunddarstellen. Umgekehrt hat jedoch das Arbeitsgericht schon festgestellt, daß auf Fragen, die in keinem Zusammenhang mit der zukünftigen Anstellung stehen, die für den Betroffenen zur Erlangung der Stelle günstigste Antwort gegeben werden darf. Auf deutsch: Eine Lüge bei allzu zudringlichen Fragenüber das Privatleben stellt keinen Kündigungsgrund dar.
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