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1994/12/31 Fernmeldegesetz - Ein Erfolg unserer Stellungnahme
Fernmeldegesetz beschlossen - eigener Abschnitt zum Datenschutz - Regelung der datenschutzrechtlichen Grundprobleme jeder Telekommunikation

Nach mehr als einem Jahr in Begutachtung und Beratung wurde das Fernmeldegesetz beschlossen. Im Begutachtungsentwurf (wir haben in DIR 5/92, S. 137) berichtet, hatte die Post noch versucht, möglichst alles beim alten zu lassen. Einziger Fortschritt war damals die (durch die EG-Annäherung erzwungene)Trennung der Post in einen hoheitlichen und einen betrieblichen Bereich.


In den meisten Stellungnahmen wurde der Entwurf des Verkehrsministers heftigst verrissen. Auch bei einer Enquete im Verkehrsministerium haben die geladenen Organisationen (darunter auch die ARGE DATEN) kaum ein gutes Haar am Gesetz gelassen. Obwohl es durchaus noch mehr Kritikpunkte gab, haben wirin unserer Stellungnahme vor allem die Aufnahme eines eigenen Abschnittes "Datenschutz" in das Gesetz reklamiert. Auch die Datenschützer im Bundeskanzleramt übten dahingehend Druck auf den Verkehrsminister aus.


Nun ist im beschlossenen Gesetz tatsächlich ein eigener Abschnitt zum Datenschutz zu finden. Nicht in dem von uns vorgeschlagenen Umfang, der in 17 Paragraphen auch Regelungen für speziellere Probleme (etwa die ISDN-Funktionen Rufnummernanzeige und Anrufumleitung) vorgesehen hätte. Aber immerhin sind die datenschutzrechtlichen Grundprobleme jeder Telekommunikation geregelt worden. Die Begriffe "Stammdaten", "Vermittlungsdaten" und "Inhaltsdaten" sind definiert und unterschiedlich normiert worden. Ausdrücklich vorgeschrieben ist auch, für welche Zwecke die Daten gespeichert werden dürfen undwann sie wieder gelöscht werden müssen. (Wenn im folgenden vom "Telefon" und der "Post" die Rede ist, so ist das eine Vereinfachung und gilt für alle "Fernmeldedienste" und deren "Betreiber".)


Für alle Datenarten gilt: Sie dürfen nur übermittelt werden, wenn der Betroffene zugestimmt hat. Eine Zustimmung gilt nur als erteilt, wenn sie ausdrücklich als Antwort auf ein Ersuchen der Post gegeben wurde. Die Bereitstellung des Dienstes darf von einer solchen Zustimmung nicht abhängig gemachtwerden. Außerdem muß die Post (z. B. in allgemeinen Geschäftsbedingungen) die Teilnehmer darüber informieren, welche personenbezogenen Daten ermittelt und verarbeitet werden, auf welcher Rechtsgrundlage und für welche Zwecke dies erfolgt und wie lange die Daten gespeichert werden. Das Auskunftsrechtnach dem DSG bleibt unberührt.


Stammdaten sind: Familienname und Vorname, akademischer Grad, Adresse, Teilnehmernummer. Stammdaten dürfen nur im Rahmen des Vertrages zwischen Post und Kunden, für die Telefonrechnung und die Erstellung der Telefonbücher gespeichert werden. Nach dem Ende der vertraglichen Beziehungen müssen dieDaten gelöscht werden (Ausnahmen: Wenn noch Beträge offen sind oder wenn in der Buchhaltung der Post gesetzliche Aufbewahrungsfristen erfüllt werden müssen).


Vermittlungsdaten sind: aktive und passive Teilnehmernummer, Gebührencode, Datum, Zeitpunkt und Dauer der Verbindung. Vermittlungsdaten sind prinzipiell sofort nach dem Ende der Vermittlung zu löschen. Nur soweit dies zur Verrechnung notwendig ist, dürfen sie länger (bis zu drei Jahren) gespeichertwerden. Die angerufene Nummer (für die keine Gebühren anfallen), darf nur verkürzt gespeichert werden. Die Post darf einen Anschluß nicht nach den von dort aus angerufenen Nummern auswerten (ausgenommen ist nur die Überwachung des Telefons nach der Strafprozeßordnung).


Inhaltsdaten sind die Inhalte übertragener Nachrichten. Inhaltsdaten dürfen grundsätzlich überhaupt nicht gespeichert werden, es sei denn, aus technischen Gründen ist eine kurzfristige Speicherung notwendig (manche Fernmeldedienste schicken die Daten paketweise über das Netz). Jedenfalls müssen dieDaten so schnell wie möglich wieder gelöscht werden. Auch hier darf nur nach der StPO eine Überwachung vorgenommen werden.


Ausdrücklich geregelt ist die Fangschaltung: Der Betreiber eines Fernmeldedienstes ist nicht verpflichtet, die Fangschaltung zu ermöglichen. Wenn Fangschaltungen möglich sind (wie z. B. beim Telefon), so dürfen sie nur bezüglich zukünftiger Anrufe und nur auf schriftlichen Antrag des belästigtenTeilnehmers eingerichtet werden. Der Antragsteller muß den Mißbrauch des Telefons (z. B. grobe Belästigung oder Verängstigung) glaubhaft machen. Wenn nach der Einrichtung der Fangschaltung wieder ein belästigender Anruf einlangt, dann muß der Belästigte dem Betreiber Datum und Uhrzeit des Anrufsmelden. Die Post leitet die Identität des Anrufers dann an die Fernmeldebehörde weiter - nicht an den Angerufenen.


Ebenfalls ausdrücklich geregelt ist der Einzelentgeltnachweis. Ein solcher Nachweis wird nur auf Antrag des Teilnehmers erstellt, die Nummern der Angerufenen dürfen nur verkürzt gespeichert werden. Spätestens drei Jahre nach Erstellung des Einzelentgeltnachweises sind die Daten zu löschen.


Problematisch ist leider die Bestimmung des Par. 24 Abs. 3. Demnach sind die Fernmeldebehörden berechtigt, Fernmeldeanlagen zu überprüfen. Den Organen des Fernmeldebüros, die sich gehörig ausweisen, ist dazu der Zutritt zu Räumen, in denen sich Fernmeldeanlagen befinden oder dies zu vermuten ist, zugestatten. Der Wortlaut "oder dies zu vermuten ist", wurde erst in der Regierungsvorlage eingeflickt. Andererseits wurde jener Passus, der die Sicherheitsbehörden bisher zu Hausdurchsuchungen bei Schwarzsehern ermächtigte, gestrichen.


Damit ergibt sich nun die folgende Rechtslage: Wie wir in DIR 5/92, S. 141 ausgeführt haben, gibt es einen Unterschied zwischen dem Betreten und dem Durchsuchen einer Wohnung. Durchsuchungen dürfen nur von den Sicherheitsbehörden durchgeführt werden, in der Regel muß ein Richter denDurchsuchungsbefehl ausstellen. Hingegen ermächtigen viele Gesetze Behörden, eine Wohnung zu betreten. Die Post hat sich daher bisher auch darauf berufen, bei ihren Schwarzseherkontrollen, die Wohnung nicht zu durchsuchen. Eine Juristin der Post: "Was wir machen, sind ja keine Durchsuchungen. Meiststehen die Geräte ja offen da. Wenn der Fernseher im Kasten steht, wird ihn der Kontrollor auch nicht finden." Diese Rechtsansicht der Post wurde nun im Fernmeldegesetz festgeschrieben.


An der Rechtslage der Betroffenen ändert sich dadurch allerdings kaum etwas. Wie bisher sind der Post die Hände gebunden, wenn der Betroffene sie nicht in die Wohnung läßt. Die Post muß dann die Polizei verständigen, diese wiederum kann - außer bei Gefahr in Verzug - erst mit einem richterlichenHausdurchsuchungsbefehl in die Wohnung. Stimmt der Betroffene dem Betreten der Wohnung allerdings zu, so kann er sich nachher nicht dagegen beschweren, da die Vorgangsweise der Post gesetzlich gedeckt ist.


Mit dem neuen Fernmeldegesetz ist damit eine wesentliche Verbesserung des Datenschutz-Standards im Bereich der Telekommunikation in Kraft getreten. Allerdings fehlen z. B. immer noch Regelungen für das zukünftige Telefonnetz ISDN oder für die Abhörproblematik beim Mobiltelefon. Die Post wird dahergut beraten sein, noch vor der Einführung von ISDN entsprechende Regelungen auszuarbeiten. Sonst könnte es durchaus passieren, daß die Datenschutzkommission Teile von ISDN (etwa die Rufnummernanzeige) für rechtswidrig erklärt und die Post ein Milliardenprojekt nur mit teurer Verzögerung einführenkann.





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