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1994/12/31 Vorschläge zu einem neuen Informationsrecht
Dieter Kronegger/Hans G. Zeger
Wie in diesem DIR berichtet, hat der Verfassungsgerichtshof jenen Paragraphen des Datenschutzgesetzes aufgehoben, der die Beschwerdemöglichkeit bei der DSK vorsah. Damit ist der Großteil des Datenschutzgesetzes ab Jahresende (dann tritt die Aufhebung nämlich in Kraft) undurchsetzbar geworden.

Die ARGE DATEN möchte dies zum Anlaß nehmen, eine grundlegende Reform des Informationsrechts in Österreich anzuregen.


Grundrechte verfassungsrechtlich verankern

Das derzeitige Grundrecht auf Datenschutz, wie es in Par. 1 DSG verankert ist, deckt nur einen Teil der notwendigen Rechte ab. Daher sollte ein es zu einem vollwertigen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausgebaut werden. Im einzelnen sollten die folgenden Grundsätzeverfassungsrechtlich festgeschrieben werden:


Umfassende Definition des Informationsbegriffs

Beim derzeitigen Grundrecht auf Datenschutz sollte der Datenbegriff weiter gefaßt werden, es sollen alle Arten von Informationen geschützt werden - insbesondere auch die vom Datenverarbeiter durch Auswertung zusätzlich gewonnenen Daten.


Verzicht auf Generalklauseln

Bei besonders sensiblen Daten (Gesundheit, Sexualität, politische oder religiöse Überzeugungen etc.) soll es unmöglich sein, auf Datenschutz 'freiwillig' zu verzichten.


Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Als wesentlicher Kern eines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sollte verankert werden, daß Daten prinzipiell vom Betroffenen weitergegeben werden sollen. Der Trend zur Umgehung des Betroffenen 'aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung' oder dergleichen soll damit gestoppt werden.


Beschränkung auf natürliche Personen

Grundrechtlich geschützt sollten bloß natürliche Personen sein. Juristische Personen (Unternehmen), die derzeit auch Schutz genießen, benutzen Datenschutz oft als Vorwand, um berechtigte Fragen (etwa von Konsumentschutzorganisationen) nicht beantworten zu müssen.


Effektives Beschwerderecht

Es muß ein wirksames Beschwerderecht und leichten Zugang zu einer Beschwerdestelle geben.


Verbandsklagerecht

Zur Verbesserung des Rechtsschutzes sollte es nicht nur eine Beschwerdestelle für Einzelfälle, sondern auch die Möglichkeit einer Verbandsklage geben.


Schadenersatzrecht

Bei Verletzungen der Privatsphäre soll ein Anspruch auf den Ersatz ideeller Schäden (wie beim Schmerzengeld oder im Medienrecht) gewährt werden.


Zulassungs- und Prüfbehörde

Es soll eine Stelle eingerichtet werden, die bei Datenverarbeitern Systemprüfungen durchführen kann. Für Datenverarbeitungen sollte ein Katalog von Datenschutz- und Datensicherheitsstandards (etwa nach dem Muster des ITSEC-Katalogs) verfaßt werden.


Informationspflicht der Betroffenen

Werden Daten verarbeitet, so soll der Betroffene bei Beginn der Verarbeitung informiert werden müssen. Werden die Daten von ihm selbst erhoben, so soll er darauf hingewiesen werden müssen, wer die Daten verarbeiten wird. Werden Daten übermittelt, so soll der Empfänger den Betroffenen verständigenmüssen.


Mindeststandards der Informationsqualität

Die wichtigsten Grundprinzipien zur Datenqualität sollten festgeschrieben werden.


Sonderregelungen für Spezialgebiete

Banken und Versicherungen, Telekommunikation, Gesundheit und soziale Sicherheit, Archive und Bibliotheken, etc. sollen durch eigene Gesetze geregelt werden.


Umfassender Informationsbegriff

Neben den vom DSG erfaßten Computerdaten gibt es noch eine Fülle anderer Datensammlungen, die nicht mittels EDV verwaltet werden oder bei denen nur ein Teil der Information EDV-unterstützt verarbeitet wird. Man denke nur an die Akten in der Personalabteilung eines Unternehmens oder an diepersonenbezogenen Aufzeichnungen eines Arztes. Bei solchen Datensammlungen stellen sich prinzipiell die gleichen Probleme wie bei Computerdateien. Die Betroffenen haben ein Interesse daran zu wissen, was über sie aufgeschrieben ist. Sie wollen evtl. Richtigstellung oder Löschung verlangen und siewollen unter Umständen nicht, daß die Informationen weitergegeben werden.

Diese legitimen Ansprüche sind im Gesetz fast nicht verwirklicht. Ein durchsetzbares Recht auf Akteneinsicht gibt es nur im Verwaltungsrecht (Par. 17 AVG) - also nur gegenüber Behörden und bezüglich solcher Akten, die in einem Verwaltungsverfahren angelegt wurden. Darüber hinausgehendeInformationsrechte (etwa nach dem Auskunftspflichtgesetz) sind nicht durchsetzbar, also im Streitfall wertlos.

Im Entwurf zu einer EG-Datenschutzrichtlinie wird der Weg zur Lösung dieses Problems vorgezeigt. Diese bezeichnet als Datei alle Datensammlungen, die nach bestimmten Kriterien organisiert oder sortiert sind. Man müßte im DSG nur den Begriff 'Datenverarbeitung' neu definieren und hätte damit auch fürnicht-automationsunterstützte Datensammlungen die Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung sichergestellt.

Ein weiteres Problem besteht darin, daß durch Auswertung eines Datenbestandes zusätzliche Daten gewonnen werden können. Etwa dann, wenn eine Universität ihre Studenten nach Leistung sortiert und die 'besten 10 %' auswertet. Nach derzeitigem Recht sind diese Auswertungen nur geregelt, wenn dieErgebnisse gespeichert werden. Werden etwa nur die Daten der 'besten 10 %' weitergegeben, so gelten nur diese als Betroffene. Beides wird dem Problem nicht gerecht. Von der Auswertung sind nicht nur die 10 Prozent, sondern auch alle anderen betroffen. Da die Auswertung jederzeit wiederholt werdenkann, soll es nicht darauf ankommen, ob die Ergebnisse gespeichert werden. Vielmehr sollen auch Auswertungen von Daten nur durchgeführt werden, wenn sie einem gerechtfertigten Zweck entsprechen und schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht überwiegen.


Verzicht auf Generalklauseln

Ähnlich dem minimalen Garantieanspruch (sechs Monate) des Konsumentenschutzes, auf den auch per Vertrag nicht wirksam verzichtet werden kann, sollte auch ein neues Informationsrecht einen Kern von Betroffenenrechten kennen, auf die nicht wirksam verzichtet werden kann.

Darunter sollte auf jeden Fall die Zustimmung zur Datenübermittlung fallen. Diese sollte nur dann rechtlich wirksam sein, wenn sie in genügender Klarheit definiert, welche Daten an welche Stelle unter welchen Bedingungen übermittelt werden dürfen.


Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Notwendig sind Bestimmungen, die es Staatsbürgern theoretisch und praktisch möglich machen, ihr Leben so zu gestalten, daß sie jederzeit feststellen können, wer welche Informationen über sie sammelt, verarbeitet und weitergibt.

Der Einzelne muß - auch wenn er dadurch einen gewissen Mehraufwand in Kauf zu nehmen hat - die 'Oberhoheit' über seine Daten haben. Es muß möglich sein, übliche wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Aktivitäten zu entfalten (z. B.: Führung eines Kontos, Annahme einer Beschäftigung,Vollzug der Reisefreiheit, Recht der freien Meinungsäußerung) ohne - bei an sich korrektem Verhalten - dabei Gefahr zu laufen, in zentralisierten Informations- und 'Risiko'-Beständen gespeichert zu werden.


Beschränkung auf natürliche Personen

Zur Vermeidung unlösbarer Zielkonflikte, sollte sich ein modernes Informationsrecht auf den Schutz natürlicher Personen beschränken.


Effektives Beschwerderecht

Schon bisher gab es das Problem, daß die Durchsetzung von Datenschutzrechten im privatrechtlichen Bereich (z. B. gegenüber Adreßverlagen oder Versicherungen) mit einem hohen Prozeßrisiko und hohen Gerichts- und Anwaltskosten verbunden war. Die Zahl der Datenschutzprozesse vor den Gerichten bliebdaher äußerst gering. Im öffentlich-rechtlichen Bereich gab es einige hundert (kostenlose) Beschwerden bei der Datenschutzkommission, der DSK ist aber nun durch die Aufhebung des Par. 14 DSG durch den Verfassungsgerichtshof die rechtliche Grundlage entzogen.

Es wäre daher zu überlegen, ob die Datenschutzkommission nicht für alle Entscheidungen in Sachen Datenschutz zuständig sein sollte. Die Materie umfaßt eben beide großen Rechtsgebiete und jede Lösung, die für 'öffentliche' und 'private' Datenverarbeitungen unterschiedliche Zuständigkeiten vorsieht,wird zwangsläufig immer wieder das Problem hervorrufen, wie denn die beiden Rechtsgebiete abgegrenzt werden können. Es gibt nämlich nicht nur die grobe Unterscheidung zwischen 'öffentlich' und 'privat', sondern innerhalb des 'öffentlichen' Bereichs noch die Unterscheidung in hoheitlicheAufgabengebiete der Behörden (etwa alles, was mit Bescheid erledigt wird) und privatwirtschaftliche Aufgabengebiete (etwa die Bewirtschaftung von Bundesvermögen oder den Einkauf von Papier und Bleistiften).

Damit nicht genug: Es ist auch noch zu berücksichtigen, daß die hoheitlichen Aufgaben (Erlassung eines Bescheids) mit Unterstützung privatwirtschaftlich betriebener Computer bewältigt werden. An diesen komplizierten Unterscheidungen sind die Autoren des DSG nun schon mehrfach gescheitert. 1989 hatder VfGH Par. 5 Abs. 2 DSG (eine der Bestimmungen zur Abgrenzung von öffentlichem und privatem Bereich) aufgehoben, nun spielte diese Frage bei der Aufhebung von Par. 14 DSG wieder eine Rolle. Deshalb wäre eine einheitliche Zuständigkeit sinnvoll.

Weitere Möglichkeiten sind die Einführung von Schlichtungsstellen (etwa wie im Mietrecht) oder eines 'Datenschutzanwalts' (vergleichbar dem Patientenanwalt). Solche Behörden sind aber nur dann sinnvoll, wenn sie nicht ein Hindernis zur Rechtsdurchsetzung (nach dem österreichischen Motto 'Mir wer'nkan Richter brauchen'), sondern eine erste Instanz mit Entscheidungsbefugnis sind. So könnte etwa eine paritätisch besetzte Schlichtungsstelle innerhalb weniger Wochen eine erste Entscheidung fällen. Diese Entscheidung sollte wie ein Bescheid oder Urteil bindend (also durchsetzbar) sein, wenn nichteine der Parteien Berufung dagegen erhebt.

Ein durch Gesetz eingerichteter Datenschutzanwalt könnte die Kompetenz haben, in Fällen, die an ihn herangetragen oder ihm z. B. aus den Medien bekannt werden, tätig zu werden. Ist der Gang vor ein Gericht oder eine andere kostenaufwendige Behörde nötig, so soll der Datenschutzanwalt die Möglichkeit(und das Budget) haben, für den oder die Betroffenen das Klagsrisiko zu übernehmen.


Verbandsklagerecht

Neben all diesen Möglichkeit sollte auch noch an die Einführung einer Verbandsklage gedacht werden. Wie etwa im Bereich des unlauteren Wettbewerbs sind auch im Datenschutzbereich viele Fragen von allgemeinem Interesse. Wenn Entscheidungen bloß im Einzelfall gefällt werden, bleiben daher vieleProbleme ungelöst. Es wäre daher sinnvoll, wenn Vereine zur Förderung des Datenschutzes (vergleichbar dem Verband zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb) ein Klagsrecht in jenen Fällen hätten, die einen größeren Personenkreis betreffen.


Schadenersatzrecht

Schon beim Beschluß des DSG im Jahr 1978 forderte der Verfassungsausschuß im Nationalrat die Bundesregierung auf, einen Entwurf für die zur Ergänzung des DSG notwendigen schadenersatzrechtlichen Regelungen vorzulegen. Seither sind über 15 Jahre vergangen und es gibt noch immer keine Regelung. Nurzum Teil kann Schadenersatz auch heute geltend gemacht werden, etwa bei Ehrenbeleidigung oder Kreditschädigung. In allen Fällen muß derzeit aber ein Vermögensschaden, also etwa Verdienstentgang nachgewiesen werden. Ungedeckt sind alle ideellen Schäden - also solche, die die Gefühlssphärebetreffen.

Hier sollte (vergleichbar dem Schmerzensgeld bei Körperverletzung) auch der Schaden aus einer Verletzung der Privatsphäre abgedeckt werden. - Das Medienrecht ging in einer vergleichbaren Problematik neue Wege und hat für verschiedene Fälle einen Schadenersatz 'für die erlittene Kränkung' (in denmeisten Fällen bis zu 200.000 S) vorgesehen. Ähnliches sollte man auch im Datenschutzrecht vorsehen. Der Entschädigungsanspruch sollte dabei (wie im Medienrecht) schon mit der Verletzung des Gesetzes entstehen und nicht davon abhängen, daß der Betroffene seinen Schaden (z. B. Kränkung) konkretnachweist und ziffernmäßig belegt.

Problematisch ist auch die mangelnde Produkthaftung für Software. Software ist nämlich keine körperliche Sache und daher kein Produkt im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Berechnet etwa ein Programm Geldbeträge falsch und erleidet jemand dadurch einen Schaden, so muß er der SoftwarefirmaVerschulden nachweisen - was ihm nicht gelingen wird, wenn diese beweisen kann, daß sie alle nach dem Stand der Technik erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat.


Zulassungs- und Prüfbehörden

Das DSG wurde zu einem Zeitpunkt verfaßt, als es in Österreich (nach einer Zählung des statistischen Zentralamts 1975) 223 Rechenzentren gab, die personenbezogene Daten verarbeiteten. Die Autoren des Gesetzes schufen daher ein Amt, das den Überblick über diese wenigen Rechenzentren haben sollte undrichteten das DVR ein.

Heute gibt es über 60.000 registrierte Datenverarbeiter. Das DVR beschäftigt sich nur mehr damit, die Registrierungen zu verwalten, kann aber kaum mehr tun, als die formale Richtigkeit der einlangenden Papiere zu überprüfen. Für eine effiziente Kontrolle der österreichischen Datenverarbeiter hat dasDVR einfach viel zu wenig Personal - außerdem ist sie im Gesetz nur ansatzweise vorgesehen.

Es wäre daher sinnvoll, wenn das DVR von der formal-bürokratischen Arbeit entlastet und zu einer Art 'TÜV' für EDV-Anlagen umgestaltet würde. Die bisher üblichen DVR-Nummern, die von den Datenverarbeitern bei Übermittlungen und auf Briefe an die Betroffenen aufgedruckt werden müssen, könnten durchdie Regelung ersetzt werden, daß statt der DVR-Nummer die Adresse des Datenverarbeiters (Auftraggebers) genannt werden muß. Das wäre für die Betroffenen sogar leichter verständlich. Vereinfachungen wären auch bei solchen Datenverarbeitungen möglich, bei denen eigentlich niemandes Interessenbeeinträchtigt werden. So sind z. B. alle Mitgliederverwaltungen harmlos, solange die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Eine Meldepflicht an das DVR ist bei solchen Datenverarbeitungen unnötig.

Das DVR könnte dann eine Aufgabe wahrnehmen, die immer wichtiger wird, für die heute aber niemand zuständig ist. Es könnte die Funktion der Zulassungsbehörden im Straßenverkehr oder des TÜV bei technischen Anlagen übernehmen. Wer heute ein Auto in Betrieb nehmen will (und damit im Falle technischerMängel auch andere gefährdet), braucht einen Typenschein. Die meisten Autos sind Serienproduktionen - dabei wird jeweils die ganze Serie genehmigt. Wer ein technisch ausgefallenes Auto herstellt, benötigt eine Einzelgenehmigung. Bei EDV-Produkten ist dies nicht so. Viele eingesetztenDatenverarbeitungen können gewisse Anforderungen des DSG gar nicht erfüllen.

Sie sehen z. B. nicht die Protokollierung von Übermittlungen vor oder es ist nicht möglich, bei strittigen Daten den vom Gesetz geforderten Bestreitungsvermerk zu speichern. Es ist auch schon vorgekommen, daß der Betreiber einer Datenbank selbst manche Daten im Computer nicht mehr findet, obwohl dieDaten rätselhafterweise immer wieder einmal auftauchen. Eine Behörde, die im Handel erhältliche Software auf die Einhaltung gewisser Datenschutz- und Datensicherheits-Mindeststandards überprüft, gibt es derzeit nicht. Es wäre daher eine Zulassungsbehörde sinnvoll, die Standard-Software auf Qualitätüberprüft und entsprechend approbiert.

Anders als im Straßenverkehr wäre es nicht notwendig, daß alle Datenverarbeiter oder alle Anbieter von Software um Approbationen ansuchen müssen. Man könnte vielmehr durch andere Maßnahmen erreichen, daß derartige Prüfungen beantragt werden. Etwa durch eine Beweislastumkehr (beim approbiertenProdukt wird gesetzlich vermutet, daß es die geprüften Eigenschaften besitzt) oder dadurch, daß sich der Betreiber einer nicht approbierten Datenverarbeitung eher eine behördliche Systemprüfungen (siehe gleich unten) gefallen lassen muß.

Wer heute die von Par. 10 DSG vorgeschriebenen Datensicherheitsmaßnahmen durchliest, fühlt sich in die 70er Jahre zurückversetzt. Da wird den Datenverarbeitern vorgeschrieben, organisationsinterne Sicherheitsvorschriften zu erlassen, den Zutritt zu den Räumlichkeiten und den Zugriff auf den Computerzu regeln und jede Datenverarbeitung an einen Auftrag der Vorgesetzten zu binden. Das alles hatte seine Berechtigung, als personenbezogene Daten nur in wenigen Rechenzentren verarbeitet wurden. Heute steht in jedem Sekretariat ein PC und es wäre lächerlich, wenn der Buchhalter separate schriftlicheAufzeichnungen darüber führen würde, daß er soeben für eine Statistik umfangreiche Auswertungen der Buchungsdaten durchgeführt hat.

Heute wäre es sinnvoller, wenn es eine Behörde gäbe, die stichprobenartige Kontrollen bei den einzelnen Datenverarbeitern durchführen könnte. So wie das Arbeitsinspektorat prüft, ob die Beschäftigten nicht gefährdet werden, oder die Feuerpolizei darauf schaut, daß Brandschutzbestimmungen eingehaltenwerden, so sollte auch eine Datenschutzbehörde systematisch Datenverarbeiter aufsuchen, um dort Revisionen durchzuführen und die Behebung datenschutzrechtlicher Mängel vorzuschreiben.


Informationspflicht der Betroffenen

Zur Vermeidung von Mißverständnissen in der Informationsverarbeitung (wer darf welche Daten erheben, verarbeiten, weitergeben) aber auch, um dem Betroffenen sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung offen zu halten, sollen umfassende Informationspflichten bei jeder Datenerhebung vorgesehenwerden.

Dort wo keine Datenerhebung beim Betroffenen erfolgt und der Betroffe daher auch nicht über seine Rechte aufgeklärt werden kann, sollen periodische Auskunftsverpflichtungen (einmal jährlich) über den tatsächlichen Umfang der gespeicherten Daten bestehen. Diese Auskunftsverpflichtungen haben auch denVorteil, daß der Informationssammler frühzeitig über Fehler informiert wird.

Diese Informationsverpflichtung wird besonders im Zusammenhang diverser Warn- und Schutzdateien, allgemeinen Risikogruppendateien diverser Gläubiger-, Kredit- und Versicherungsverbände, aber auch von Feuerschutz- oder sicherheitspolizeilichen Verbänden von Bedeutung sein.


Mindeststandards der Informationsqualität

Das von Österreich ratifizierte Europarats-Abkommen zum Datenschutz sieht in seinem Artikel 5 die folgenden Anforderungen für die Qualität personenbezogener Daten vor:

Die Daten müssen nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise beschafft sein und verarbeitet werden (Prinzip der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung)

Sie dürfen nur für festgelegte und rechtmäßige Zwecke verwendet werden (Prinzip der Zweckbindung von Datenverarbeitungen)

Die Daten müssen für diese Zwecke erheblich sein und dürfen nicht darüber hinausgehen (Prinzip der minimalen Datenmenge)

Sie müssen sachlich richtig und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht worden sein.

Sie dürfen nicht länger als nötig aufbewahrt werden (Prinzip der minimalen Speicherdauer).

Besonders sensible Daten (etwa rassische oder ethnische Zugehörigkeit, Religionsbekenntnis, politische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheitsdaten, Sexualleben) müssen auch besonders geschützt werden (Art. 6 des Abkommens).

In Österreich ist nur ein Teil dieser Prinzipien verwirklicht (obwohl Österreich durch die Ratifizierung des Abkommens dazu verpflichtet wäre, alles umzusetzen). Ein Problem dieser und anderer Prinzipien ist, daß sie nur über Aufsichtsbehörden (etwa ein nach unseren Vorschlägen umgestaltetes DVR)oder Verbandsklagen effektiv durchsetzbar sind. Natürlich müssen auch nach geltendem Recht rechtswidrig ermittelte Daten gelöscht werden. Sie werden aber nur im Einzelfall gelöscht - oft erst nach langwierigen Verfahren. Daß der Datenverarbeiter auch die Daten Tausender anderer, in ähnlichem Maßebetroffener, löscht, wird ihm von niemandem vorgeschrieben.


Sonderregelungen

Für eine Fülle von Bereichen wird es notwendig sein, ganz spezifische Datenschutzregelungen zu treffen. Diese Regelungen sollten jedoch ein - verfassungsmäßig verankertes - Informationsrecht nur ergänzen und präzisieren, nicht aber außer Kraft setzen, wie es die derzeitige Praxis im Umgang mit demDSG zeigt.


Allgemeines Informationsrecht

Genau umgekehrt zum klassischen Datenschutzgedanken (Schutz des Bürgers davor, daß der Staat zuviel Information über ihn sammelt) steht der vor allem in den USA entstandene, zunehmend auch in der EU Fuß fassende Gedanke, daß in einer Demokratie der Bürger Anspruch auf Information über die Verwaltunghat. In den USA gibt es dazu den Freedom of Information Act, der jedem Bürger das durchsetzbare Recht auf einen Großteil staatlicher Dokumente gibt. Bei uns ist das Auskunftspflichtgesetz leider ein zahnloses Gesetz. Die Behörde sollte zwar Auskunft erteilen - wenn sie aber nicht will, dann kann manauch nichts machen. Eine Durchsetzung des Auskunftsrechts beim Verwaltungsgerichtshof scheitert dann, wenn die Behörde nicht einmal bereit ist, über die Verweigerung der Auskunft einen Bescheid auszustellen.

Ähnlich ist es auch beim neuen Umweltinformationsgesetz (UIG, wir berichteten in DIR 2/93, S. 31), das vom Umweltministerium derzeit ausführlich beworben wird, das aber mehr auf den Druck der EU als auf das Engagement österreichischer Ministerien zustandegekommen ist. Das Gesetz ist zwar ein Schrittin die richtige Richtung, aber ein allgemeines Informationsrecht des Bürgers fehlt noch.


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