1993/12/31 Umweltinformationsrecht
DIR Oft haben wir verlangt, daß Umweltdaten nicht unter den Datenschutz fallen sollen. Nun gibt es erstmals ein Gesetz, das ...
Oft haben wir verlangt, daß Umweltdaten nicht unter den Datenschutz fallen sollen. Nun gibt es erstmals ein Gesetz, das interessierten Bürgern wirksam Zugang zu Umweltinformationen einräumt.
Das Umweltinformationsgesetz (UIG) umfaßt zweierlei: Es soll den Bürgern Zugang zu den Umweltdaten gewähren, über die die Behörden verfügen. Die Daten, die von den Unternehmen gemessen werden, sollen von diesen (allerdings bloß in statistischer Form) öffentlich ausgehängt werden. Das Gesetz ist seit1. Juli in Kraft.
Das Gesetz zieht den Begriff "Umweltdaten" erfreulich weit. Es sind nicht nur Informationen über den Zustand der Umwelt (Gewässer, Luft, Boden, Tier- und Pflanzenwelt, natürliche Lebensräume, Lärmbelastung), sondern auch Informationen über (möglicherweise) umweltgefährdende Vorhaben und Tätigkeiten,und bestehende und geplante Maßnahmen zum Umweltschutz. Umfaßt ist auch umweltrelevantes Expertenwissen, etwa über die Eigenschaften bestimmter Chemikalien.
Jedermann hat das Recht auf freien Zugang zu jenen Umweltdaten, "über die Organe der Verwaltung in Wahrnehmung bundesgesetzlich übertragener Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes verfügen". Damit sind leider nur die bundesgesetzlich erfaßten Daten betroffen, viele Umweltdaten (Naturschutz,Wasserrecht, Baurecht) sind aber Landesssache. Positiv ist, daß die Auskunft erfolgen muß, ohne daß der Fragesteller ein rechtliches Interesse nachweisen muß. Zuständig sind alle einschlägigen Verwaltungsbehörden des Bundes (also auch Bezirkshauptmannschaften, soweit sie aufgrund von Bundesgesetzentätig werden).
Dem freien Zugang unterliegen jedenfalls (Par. 4 Abs. 2) Daten über
1. den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens und der Tier- und Pflanzenwelt, der natürlichen Lebensräume oder die Lärmbelastung;
2. den Verbrauch der natürlichen Ressourcen Wasser, Luft oder Boden in aggregierter oder statistisch dargestellter Form;
3. Emissionen von Stoffen oder Abfällen aus einer Anlage in die Umwelt (Wasser, Luft, Boden) in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form;
4. Überschreitungen von Emmissionsgrenzwerten."
Teilweise werden die Daten also nur in statistischer Form mitgeteilt. Wieviel Information bei dieser Zusammenfassung übrig bleibt, muß die Praxis zeigen.
Weitere Daten sind ebenfalls bekanntzugeben, wenn nicht wichtige öffentliche Interessen oder die Interessen eines Unternehmens gefährdet werden. Meint die Behörde, daß die Datenweitergabe ein Betriebsgeheimnis gefährden könnte, muß sie das Unternehmen zu einer Stellungnahme auffordern. Dieses hatdafür zwei Wochen Zeit. Allerdings kann ein Unternehmen nicht generell geltend machen, daß die Veröffentlichung ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis gefährden könnte.
Umweltdaten werden nur dann geheimgehalten, wenn die Datenweitergabe direkte Rückschlüsse auf das Geheimnis zulassen würde und dadurch ein nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil entstehen würde. Ausdrücklich steht im Gesetz: "Besteht dieser wirtschaftliche Nachteil bloß auf Grund einerMinderung des Ansehens [eines Unternehmens] in der Öffentlichkeit infolge des Bekanntwerdens umweltbelastender Tätigkeiten, so besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung." (Par. 4 Abs. 3). Die Interessensabwägung zwischen interessierten Bürgern und Unternehmen dürfte also nach demWortlaut des Gesetzes durchaus positiv für die Bürger ausfallen.
Par. 5 sieht sehr detailliert vor, wie die Anfragen gestellt werden können. Die Autoren des Gesetzes haben sich bemüht, es möglichst flexibel zu gestalten. So sollen z. B. telefonische Anfragen nach tagesaktuellen Meßwerten gleich am Telefon beantwortet werden. Personenbezogene Daten, die für dieAnfrage nicht von Bedeutung sind, dürfen nicht weitergegeben werden. Die Auskünfte müssen prinzipiell binnen acht Wochen erteilt werden. Dauert es länger, so ist der Fragesteller zu verständigen und die Verzögerung zu begründen.
Wichtig ist, daß die Anfragen prinzipiell kostenlos sind (Par. 5 Abs. 4, Par. 16). Ausgenommen sind nur Kaufpreise oder Schutzgebühren von Publikationen und Anfragen, die einen größeren Verwaltungsaufwand erfordern. Für diese wird die Bundesregierung pauschale Beträge festlegen.
Sehr viele Anfragen werden wohl aufgrund von Par. 6 abgewiesen werden. Während eines Bewilligungsverfahrens kann man von der entscheidenden Behörde keine internen Mitteilungen erfragen (z. B. Entwürfe für den Bescheid). Gerade diese werden öffentlich von großem Interesse sein. Allerdings gilt dieEinschränkung nur, "wenn dadurch eine rechtmäßige Entscheidung unmögliche oder wesentlich erschwert werden würde". Von der Behörde angeforderte Gutachten dürften also nicht darunter fallen. Auch "offenbar mißbräuchlich gestellte Informationsbegehren" können abgewiesen werden.
Der Rechtsschutz wurde ähnlich ausgestaltet wie beim Auskunftspflichtgesetz. Werden die Daten nicht bekanntgegeben, so muß darüber auf Antrag des Informationssuchenden ein Bescheid erlassen werden. Dagegen kann Berufung beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) erhoben werden. (Zum Vergleich: ImAuskunftspflichtgesetz ist die Berufung zur übergeordneten Dienststelle möglich, bei Fragen an Ministerien gibt es keine Berufungsmöglichkeit.) Leider gibt es keinen Rechtsschutz dagegen, daß eine Behörde eine Anfrage völlig ignoriert. - Der Betroffene einer Auskunft (also das Unternehmen) kannBeschwerde beim UVS erheben, z. B. wenn zu viele Daten bekanntgegeben werden.
Bei einigen Bestimmungen des Gesetzes wird erst der Vollzug zeigen, was sie taugen. Die Behörden können Umweltdaten von sich aus veröffentlichen (Par. 9), das Umweltministerium wird bis 1995 einen Katalog anlegen, der Aufschluß darüber geben soll, welche Daten wo abgefragt werden können. MitVerordnung kann die Umweltministerin bestimmten Firmen auftragen, Umweltdaten regelmäßig zu melden.
Dies alles betraf die Informationen, die von den Behörden erfragt werden können. Zusätzlich werden noch die Unternehmen selbst verpflichtet, jene Daten, die sie aufgrund von Bescheiden messen müssen, öffentlich auszuhängen (Par. 13) - allerdings nur monatlich oder jährlich in Form vonZusammenfassungen (kg Schadstoff pro Monat oder Jahr) bekanntgeben. Es muß auch der höchste und niedrigste Meßwert angegeben werden. Außerdem müssen die Unternehmer den Betriebsrat über alle Umweltauflagen informieren.
Wer eine "gefahrengeneigte" Anlage betreibt, muß mindestens alle zwei Jahre die von Störfällen möglicherweise betroffene Bevölkerung detailliert über die Gefahren und Gegenmaßnahmen informieren.
Der Rechtsschutz gegen Verletzungen der Informationspflichten der Betriebe ist leider geringer. Es gibt zwar Verwaltungsstrafen, allerdings kann ein solches Strafverfahren von den Betroffenen nur durch Anzeige eingeleitet werden, Parteienstellung gibt es keine.
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