1993/12/31 Hauptwohnsitzgesetz
DIR Der Bürgermeister bestimmt, wo Sie wohnen
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Der Bürgermeister bestimmt, wo Sie wohnen
Das Innenministerium hat mit dem "Hauptwohnsitzgesetz" einen Entwurf vorgelegt, den Alfred Worm im profil zurecht als "George Orwell pur" bezeichnet hat. Wir haben dazu eine neunseitige Stellungnahme abgegeben, die Interessierten gerne in Kopie zugesandt wird.
Was ist nun der Inhalt des neuen Hauptwohnsitzgesetzes? Es soll eine Reihe von Gesetzen ändern, vor allem das Meldegesetz und einige Gesetze aus dem Wahlrecht.
Ein einziger Hauptwohnsitz
Nach den Erfahrungen mit Volkszählung und Finanzausgleich drängten vor allem die Gemeinden und das Statistische Zentralamt, bloß einen einzigen Hauptwohnsitz pro Person zuzulassen. Der Österreichische Gemeindebund hat einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung vorgelegt, der nun im wesentlichenübernommen werden soll. Inwieweit sich der einzige Hauptwohnsitz auf das Wahlrecht zu den Landtagen auswirkt ist noch unklar, aber es ist durchaus denkbar, daß die einzelnen Länder auch jenen Bürgern das Wahlrecht einräumen, die keinen Hauptwohnsitz, sondern bloß einen gewöhnlichen Wohnsitz indiesem Bundesland haben.
Zur Feststellung der Hauptwohnsitzeigenschaft hat sich das Innenministerium ein eher kurioses "Reklamationsverfahren" einfallen lassen: Will ein Bürgermeister einen Gemeindebürger "loswerden" oder will er, daß dieser Bürger doch seiner Gemeinde zugerechnet wird, so kann er den Landeshauptmannanrufen. Da eine höhere Instanz nicht vorgesehen ist, ist es durchaus denkbar, daß jemandem an allen Wohnsitzen die Hauptwohnsitzeigenschaft aberkannt wird - oder daß mehrere Landeshauptleute entscheiden, daß der Hauptwohnsitz in ihrem Land liegt.
Die ARGE DATEN hat daher vorgeschlagen, daß jeder seinen Hauptwohnsitz prinzipiell selbst wählen kann. Die Hauptwohnsitzeigenschaft soll nur dann überprüft werden, wenn dies aus irgendeinem anderen Grund erforderlich ist (etwa zur Prüfung des Anspruchs auf Wohnbauförderung). Auch in solchen Fällensoll nicht (wie bei der letzten Volkszählung) bis weit in die Privatsphäre hinein geprüft werden ("In welcher Gemeinde haben sie die engeren sozialen und kulturellen Beziehungen?"), sondern die Prüfung soll sich auf objektive und wenig sensible Daten stützen. Konkret: Im Gesetz sollen"Anknüpfungspunkte" zu einem Wohnsitz festgelegt werden.
Ein solcher "Anknüpfungspunkt" soll z. B. dann vorliegen, wenn der Betroffene
sich an diesem Wohnsitz tatsächlich mindestens vier Monate im Jahr aufhält oder
wenn der Wohnsitz sein einziger fixer Bezugspunkt ist (z. B. bei einem LKW-Fahrer, der tatsächlich nur wenige Wochen im Jahr zuhause ist) oder wenn der Betroffene
an diesem Wohnsitz mit einer Person im gemeinsamen Haushalt lebt, die dort ihren Hauptwohnsitz hat, oder
von diesem Wohnsitz aus einer Erwerbstätigkeit nachgeht, einen Kindergarten oder eine Schule besucht oder studiert oder
als EWR-Ausländer an diesem Wohnsitz sein Recht auf Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit oder Arbeitnehmerfreizügigkeit wahrnimmt.
Hat jemand an mehreren Orten einen solchen Anknüpfungspunkt, so soll er frei wählen können. Ein Burgenländer, der unter der Woche in Wien arbeitet, soll also frei entscheiden können, ob er seinen Hauptwohnsitz am Arbeitsort haben will oder dort, wo er am Wochenende mit seiner Familie zusammenlebt.Es wäre unwürdig, wenn eine Behörde darüber entscheidet, ob die Arbeit oder die Familie für ihn wichtiger sei.
Besonders bedenklich ist eine Bestimmung, die vorsieht, daß die Bundespolizeidirektionen beim Verdacht, daß jemand gar nicht dort seinen Hauptwohnsitz hat, wo er gemeldet ist, den betreffenden Bürgermeister verständigen soll. Hier wird die Polizei ohne erkennbaren Grund zur Vernaderung aufgefordert.Die Bestimmung sollte daher gestrichen werden.
Zweitwohnsitze
Der Hauptwohnsitzbegriff wird in den nächsten Jahren deshalb so wichtig, weil immer mehr andere Gesetze daran anknüpfen werden. Der EWR-Beitritt verbietet Österreich (nach einer Übergangsfrist), EWR-Bürger beim Kauf von Grundstücken gegenüber Österreichern zu benachteiligen. Die einzelnenBundesländer benötigen daher Regelungen für den Grunderwerb und die Erteilung von Baubewilligungen, die nicht auf die Staatsbürgerschaft abstellen, sondern zwischen Haupt- und Ferienwohnsitzen unterscheiden. In manchen Gebieten, deren Ferienwohnsitzanteil sehr hoch ist, wird dann nur mehr dieErrichtung von Hauptwohnsitzen zulässig sein.
Das Datenschutzproblem bei solchen Gesetzen besteht in der Kontrolle. Derzeit sind Umgehungsgeschäfte beim Ausländergrunderwerb gang und gäbe. Daher waren z. B. beim Ende 1992 in Begutachtung gegangenen Kärntner Landesgesetz über den Verkehr mit Baugrundstücken neben strengen Strafen für"Scheinhauptwohnsitze" auch rigorose Kontrollen vorgesehen: Die Gemeinden sollten die Daten aus der Müll-, Wasser- und Kanalverrechnung und aus der Wählerevidenz heranziehen können, um solche Scheinwohnsitze aufzuspüren. Ein grotesker Unfug, gegen den wir in unserer damaligen Stellungnahme auchprotestiert haben. Inzwischen hat die Landesregierung einen neuen Entwurf vorgelegt, der derartige Bestimmungen nicht enthält.
Mit unseren obigen Vorschlägen versuchen wir, das Bedürfnis nach Kontrollen mit dem Datenschutz unter einen Hut zu bringen. Es ist durchaus gerechtfertigt, in Gemeinden mit geschätzten 80 % Ferienwohnsitzen Neuzuziehende genauer unter die Lupe zu nehmen. Es ist auch gerechtfertigt, darauf zu achten,daß nicht an dieselbe Person zweimal Wohnbauförderung gezahlt wird. Aber erstens sollen solche Kontrollen nur dann durchgeführt werden, wenn sie im konkreten Fall erforderlich sind, und zweitens sollen sie nicht in eine Schnüffelei bei WCs und Mülltonnen ausarten, sondern nach objektiven, sachlichgerechtfertigten und im Gesetz festgelegten Kriterien durchgeführt werden.
Religionsbekenntnis
Im Zuge der Steuerreform werden die Lohnsteuerkarten und die zur Erstellung dieser Karten bisher notwendigen Haushaltslisten endlich abgeschafft. Damit fällt auch die bisherige Datenquelle der Kirchen weg. Diese beginnen nun aber keineswegs damit, ihre Daten selbst zu verwalten, so wie dies jederVerein macht, sondern wollen sich weiterhin vom Staat helfen lassen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, die Daten von anderen Institutionen (Krankenkasse, separate Erhebungen der Gemeinden, Finanzämter) verwalten zu lassen, will nun Minister Löschnak das Religionsbekenntnis in den Meldezettelaufnehmen.
Die ARGE DATEN hat dagegen starke verfassungsrechtliche Bedenken. Der Meldezettel hat eine ähnliche Funktion wie ein Ausweis. Er muß vielen Menschen vorgewiesen werden - vor allem bei Behörden, aber auch dem Vermieter. Ist das Religionsbekenntnis darauf angegeben, so ist dies ein schwerer Eingriffin die Religionsfreiheit. Wer einer seltenen oder in manchen Bevölkerungsgruppen angefeindeten Religion angehört, kann dann Angst davor haben, seinen Meldezettel vorzuweisen.
Das Religionsbekenntnis gehört datenschutzrechtlich zu den besonders schutzwürdigen Daten. Im Europaratsabkommen zum Datenschutz hat sich Österreich deshalb verpflichtet solche Daten nur automationsunterstützt zu verarbeiten, wenn ein besonderer rechtlicher Schutz dafür vorgesehen ist. Die geplanteEG-Richtlinie zum Datenschutz würde die Speicherung des Religionsbekenntnisses überhaupt nur "aus wichtigen Gründen des öffentlichen Interesses" zulassen.
Kürzlich hat das Europäische Parlament (EP) die Praxis Griechenlands verurteilt, das Religionsbekenntnis auf dem Personalausweis anzuführen. Das EP meinte dazu, "daß die obligatorische Eintragung der Religionszugehörigkeit in die Personalpapiere die in der Internationalen Menschenrechtscharta und inder Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten persönlichen Grundfreiheiten beeinträchtigt.". Man kann also davon ausgehen, daß die verpflichtende Angabe des Religionsbekenntnisses auf dem Meldezettel nicht dem EG-Menschenrechtsstandard entspricht.
Verschärft wird dies noch durch die folgenden Umstände:
Die falsche oder fehlende Angabe des Religionsbekenntnisses ist zwar nicht strafbar, man ist aber dennoch zur korrekten Angabe verpflichtet. Auf dem Meldezettel wird in keiner Weise darauf hingewiesen, daß diese Verpflichtung sanktionslos ist.
Angesichts der bisherigen datenschutzrechtlichen Mißstände beim Vollzug der Auskunftserteilung aus den Haushaltslisten kann davon ausgegangen werden, daß bei weitem nicht alle Gemeinden korrekt mit dem heiklen Datum Religionsbekenntnis umgehen werden. Vielmehr sind zahlreiche Verletzungen desGesetzes zu erwarten, etwa die Weitergabe des Religionsbekenntnisses im Rahmen von Meldeauskünften.
Die ARGE DATEN hat daher verlangt, das Religionsbekenntnis nicht auf den Meldezettel aufzunehmen. Es kann den Kirchen durchaus zugemutet werden, ihre Mitglieder selbst zu verwalten, so wie es alle anderen Vereine auch machen.
Zentrales Melderegister
Schon vor Jahren wurde beschlossen, ein Zentrales Melderegister im Innenministerium einzurichten. Darüber waren nicht einmal die Beamten im Ministerium glücklich, da es große technische Probleme bei der Datenübermittlung gab und niemand so recht wußte, wozu das Ganze denn überhaupt gut sein soll.Jetzt soll das Zentrale Melderegister mit einem dreistelligen Millionenbetrag (eine genauere Zahl wollte oder konnte das Innenministerium in den Erläuterungen zum Entwurf nicht nennen) zum zentralen Kontrollinstrument ausgebaut werden. Es soll "mit Sicherheit" gewährleisten, daß niemand an zweiOrten einen Hauptwohnsitz hat.
Das Register soll auch der Polizeifahndung beliebig offenstehen (Rasterfahndung) und wenn es notwendig ist, können auch andere "Organe der Gebietskörperschaften" (also fast alle Beamten) beliebige Abfragen (nach beliebigen Kriterien) machen. Privatpersonen soll auf Anfrage hin Auskunft darübererteilt werden, wo jemand (österreichweit) gemeldet ist.
Die ARGE DATEN bezweifelt die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit eines Zentralen Melderegisters. Will man verhindern, daß jemand seinen Wohnsitz in mehreren Gemeinden als Hauptwohnsitz deklariert, so ist das Zentrale Melderegister dafür ein untaugliches Mittel. Man muß eher durch sorgfältigeGestaltung der Meldezettel und Aufklärung der Bevölkerung dafür sorgen, daß solche Doppelmeldungen nicht versehentlich erfolgen. Wer mit Absicht an mehreren Orten einen Hauptwohnsitz begründen will, wird daran auch nicht durch das Zentrale Melderegister gehindert werden können. Daher ist esnotwendig, daß es möglichst wenig Anreize für absichtliche Doppelmeldungen gibt.
Vor allem sollte das Wahlrecht zu den Landtagen und Gemeinderäten auch Personen offenstehen, die in diesem Land/in dieser Gemeinde keinen Haupt-, sondern bloß einen gewöhnlichen Wohnsitz haben. Die Vorstellung, daß man Doppelmeldungen durch einen elektronischen Abgleich (mag er auch einendreistelligen Millionenbetrag kosten) herausfiltern könne, ist gelinde gesagt naiv. Dazu ist die Anzahl der Menschen, die einen häufigen Namen haben, und die Anzahl der Karteileichen zu groß. Schon gar nicht kann "mit Sicherheit" festgestellt werden, ob jemand nur einen Hauptwohnsitz hat, wie in denErläuterungen behauptet wird.
Das Zentrale Melderegister kann daher als eine sehr teure, ineffiziente und unnötige Einrichtung angesehen werden. Die ARGE DATEN regt an, darauf zu verzichten. Wenn es schon eingerichtet ist, dann sollte wenigstens die Rasterfahndung gestrichen und die Auskunft an Privatpersonen strenger geregeltwerden.
Rasterfahndung
Normalerweise wird aus dem Melderegister abgefragt, indem zu einer bestimmten, namentlichen Person der Wohnort gesucht wird. Für solche Anfragen besteht auch (z. B. bei der Fahndung nach einem Verbrecher) durchaus eine Berechtigung. Hat die Polizei aber in einem konkreten Fall keinen Anhaltspunktfür einen bestimmten Täter, so ist der Reiz groß, mit Computerhilfe einfach eine größere Zahl von Verdächtigen zu bestimmen und diese zu überprüfen. Was der Gesetzesentwurf "Verknüpfungsanfrage" nennt, wird in der Literatur meist als Rasterfahndung bezeichnet.
Z. B.: Man weiß vom Täter nur das Geschlecht und das ungefähre Alter.) Eine Computerabfrage ("Welche 30-35jährigen Männer leben im 10. Bezirk?") verdächtigt dann eine große Zahl von völlig unschuldigen Menschen, deren Pech darin besteht, daß sie zufällig irgendein computerrelevantes Merkmal mit demTäter gemeinsam haben. Welche Daten in den Computer eingegeben werden ist dabei völlig der Willkür der ermittelnden Beamten überlassen. So hat z. B. die Wiener Polizei im Jahr 1989, als nach zwei aufsehenerregenden Morden im Süden Wiens keine Hinweise auf den Täter vorlagen, die männlichen,gehfähigen Sozialhilfeempfänger aus der Umgebung des Verbrechers überprüft. Eine Verdächtigung ohne Erfolg: die Verbrechen sind bis heute nicht geklärt.
Es besteht die Gefahr, daß Behörden in schwierigen Fällen leichtfertig eine große Zahl von "Verdächtigen" überprüfen, in der Hoffnung, daß an irgendjemandem schon etwas hängen bleiben wird.
Besonders bedenklich an den geplanten Verknüpfungsanfragen ist,
daß auch nach dem Religionsbekenntnis oder der Staatsbürgerschaft abgefragt werden kann,
daß Verknüpfungsanfragen von allen Organen der Gebietskörperschaften durchgeführt werden können.
Wir haben daher dringend angeregt, auf derartige Abfragemöglichkeiten zu verzichten.
Auskünfte an Privatpersonen
Das Innenministerium plant, daß jedermann Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister verlangen kann. Dabei ist nicht berücksichtigt, daß es durchaus Menschen gibt, denen daran gelegen ist, daß solche Auskünfte nicht erteilt werden - z. B. jemand, der aus einem bestimmten sozialen Milieu (Sekten,Drogen, Prostitution, ...) aussteigt und nicht will, daß alte "Freunde" ihn weiter behelligen.
Weiters ist zu befürchten, daß unseriös arbeitende Hausverwaltungen ihre Mieter systematisch wegen mangelndem Wohnbedarf kündigen, wenn diese einen weiteren Wohnsitz in Österreich haben.
Bisher gab es nur die Möglichkeit, innerhalb einer Gemeinde Auskünfte aus dem Melderegister einzuholen (Kosten: öS 120 für den Antrag und öS 10 pro Anfrage). Nun soll dies österreichweit möglich sein. Jeder kann dann nachsehen, wo denn die Ferienhäuser des Nachbarn stehen und wo ein bestimmterProminenter wohnt. Im Grundbuch ist eine solche Abfrage nicht möglich. Dort kann man nur nachsehen, wem ein bestimmtes Grundstück gehört, nicht aber, welche Grundstücke einer bestimmten Person gehören - man kann also nur grundstücksbezogen, nicht aber personenbezogen abfragen.
Für den Fall, daß das Zentrale Melderegister tatsächlich eingeführt wird, sollten Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister an Privatpersonen nur dann erteilt werden, wenn ein rechtliches Interesse nachgewiesen wird. Eine ähnliche Regelung gibt es schon jetzt im Kraftfahrgesetz zu Auskünften aus derKFZ-Zulassungsevidenz. Noch besser wäre es, nur bestimmte rechtliche Gründe zuzulassen. Wir haben daher vorgeschlagen, die Auskunftserteilung nur an Personen zuzulassen, die eine offene Forderung einklagen wollen.
Volkszählung
Bei der letzten Volkszählung im Jahr 1991 gab es ausführliche Diskussionen um die Sinnhaftigkeit eines derartigen Projekts. Die Befürworter brachten vor, daß die Volkszählung für zwei Zwecke erforderlich sei: (1) für die Mandatsverteilung und den Finanzausgleich müsse man wissen, wieviele Menschenin welcher Gemeinde leben (= die sogenannte Bürgerzahl), und (2) als allgemeine statistische Erhebung für Planungszwecke aller Art. Nur für den ersten Zweck war es bisher erforderlich, jeden einzelnen Bürger zu befragen. Die statistische Forschung könnte sich durchaus auch auf Stichprobenbeschränken.
Wir haben schon damals gemeint, daß man zur Bestimmung der Bürgerzahl ja auf die Wählerevidenz oder andere vorhandene Datenbestände zurückgreifen könnte. Jetzt wird es mit der Einführung des Hauptwohnsitzbegriffes noch viel einfacher. Es müßten bloß alle Gemeinden die Gesamtzahl der Hauptwohnsitzein ihrem Gemeindegebiet an das Innenministerium melden. (Wird das Zentrale Melderegister tatsächlich eingeführt, so kann das Innenministerium die Bürgerzahlen der Gemeinden sogar jederzeit auf Knopfdruck und ohne zusätzliche Kosten bestimmen.) Damit wäre die Volkszählung mehr oder wenigerüberflüssig, das Statistische Zentralamt und die Gemeinden würden sich Arbeit (und dreistellige Millionenbeträge) ersparen.
Eine solche Erhebung der Bürgerzahlen wäre vom Standpunkt des Datenschutzes aus völlig unproblematisch, da bloß Summen weitergegeben werden. Außerdem wäre sie spottbillig, könnte daher in kürzeren Zeitabständen durchgeführt werden und eine bessere Datenqualität (Aktualität) als bisher liefern.
Dennoch denkt das Innenministerium offenbar nicht daran, auf die Volkszählung in Zukunft zu verzichten. Wir haben daher vorgeschlagen, bei der jetzt anstehenden Reform (in der Verfassung wird der Begriff "ordentlicher Wohnsitz" durch "Hauptwohnsitz" ersetzt, erst einmal die Volkszählung aus derVerfassung zu streichen. Die Arbeit des Statistischen Zentralamts wäre dann vom Bürokratismus befreit und würde sich auf die statistische Forschung konzentrieren. In einer späteren Diskussion wäre dann zu prüfen, wie man die notwendigen Planungsdaten möglichst datenschutzkonform erheben kann. Wirwerden in dieser Diskussion darauf drängen, vorwiegend anonyme Stichprobenerhebungen auf freiwilliger Basis durchzuführen.
Datenverknüpfungen
Eine Neuformulierung im Meldegesetz sieht vor, daß die Meldeevidenz von den Gemeinden in Zukunft mit beliebigen anderen Datenverarbeitungen der Gemeinde verknüpft werden kann. Dabei kommen allein in Wien über 120 verschiedene Verarbeitungen in Frage, in denen teilweise sehr heikle Daten gespeichertsind (z. B. die Daten der Krankenhäuser). Wir haben dazu verlangt, daß die Meldeevidenz wie bisher nur mit der Wählerevidenz abgeglichen werden darf.
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