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1993/12/31 Wohnungsbedarf
DIR Anfang 1992 entschied sich Vorarlberg zu einer Generalinventur der Wohnungsbewerbungen. Alle Bewerber einer geförderten ...

Anfang 1992 entschied sich Vorarlberg zu einer Generalinventur der Wohnungsbewerbungen. Alle Bewerber einer geförderten Gemeindewohnung sollten zentral beim Landeshauptmann gemeldet werden. Damit soll festgestellt werden, wer sich wo um eine Wohnung bemühte bzw. wer dies mehrfach tat. Ziel war es,Personen mit Mehrfachnennungen festzustellen und diese auf eine Bewerbung festzuschreiben. Auf die allgemeine Problematik dazu haben wir im DIR 2/92 (März) hingewiesen.

Da eine gesetzliche Grundlage für diesen Datentransfer von den Gemeinden zum Landeshauptmann fehlte, wurde im Bewerbungsformular ein zusätzlicher Passus im Sinne des DSG Par. 7 Abs. 1 Z 2 aufgenommen. Wohnungswerber mußten unterschreiben, daß sie mit dieser Datenweitergabe einverstanden sind.

Diese freiwillige Zustimmung wurde von Wohnungswerbern nicht als freiwillig angesehen, und es kam zu einer Beschwerde bei der DSK. Mit Bescheid DSK 120.400 wurde dann festgestellt: Die Zustimmungserklärung gem DSG Par. 7 Abs. 1 Z 2 entsprach eben nicht diesen Bestimmungen, da der Hinweis auf dieFreiwilligkeit der Zustimmung und deren jederzeitige Widerrufbarkeit fehlte.

Davon jedoch abgesehen wurde die Hauptfrage, ob diese Datenübermittlung an den Landeshauptmann, der ja für die Vergabe der Wohnungen nicht zuständig ist und auch ansonsten nichts mit den einzelnen Wohnungen zu tun hat, überhaupt rechtmäßig wäre, nicht beantwortet. Im Zuge des Verfahrens verzichteteder Landeshauptmann auf die Datenübermittlung.

Das Problem der Doppelbewerbungen wird nun in der Form gelöst, daß die Gemeinden einen Dienstleister beauftragt haben, der aus den Einzelmeldungen Doppelbewerbungen herausfiltert und daraus entsprechende Wohnungsbedarfsstatistiken anfertigt. Wir können die beschriebene Vorgangsweise nichtüberprüfen, wenn jedoch tatsächlich sichergestellt ist, daß keine einzelne Stelle Einblick in das individuelle Bewerberverhalten erhält, dann kann diese Lösung als vernünftiger Kompromiß zwischen dem Recht auf Privatsphäre (freie Wahl der Wohnsitzgemeinde) und den Erfordernissen der Wohnbauplanungangesehen werden.

Von derartigen datenschutzrechtlichen Feinheiten zeigt sich jedoch die steiermärkische Landesregierung unbeeindruckt. Sie fordert die Gemeinden auf, zwecks Feststellung des tatsächlichen Wohnungsbedarfs, die Identifikationsdaten der Wohnungswerber bekannt zu geben. Zweck der Übung: Aussonderung vonDoppelbewerbungen. Einige Gemeinden hatten gegen die Weitergabeforderung der Landesregierung Bedenken. Bedenken, die von der ARGE DATEN geteilt werden, vom Verfassungsdienst der Landesregierung jedoch im Wind zerstreut werden.

Wir wollen unseren Lesern die dort im schönsten Stil der Kettenschlüsse vorgebrachte Argumentation nicht vorenthalten:

"1) Par. 7 Abs. 2 DSG normiert ausdrücklich, daß 'eine Übermittlung von Daten an Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden, einschließlich der Körperschaften des öffentlichen Rechts weiters insoweit zulässig ist, als die Daten für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm gesetzlich übertragenenAufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden'.

2) Es ist unbestreitbar, daß die Erfassung der Wohnungswerber in der Steiermark und ihre regionale Zuordnung eine wesentliche Voraussetzung für die Programmerstellung (siehe Par. 3a Abs. 2 WBFG 1993) ist.

3) Der Par. 7 Abs. 2 DSG räumt allerdings nur eine Berechtigung für die Datenübermittlung ein, er schafft aber keinen Verpflichtungstatbestand. Die Gemeinden sind daher nicht gezwungen, diesem 'Ersuchen' nachzukommen.

4) Der Schutz der übermittelten Daten vor unbefugter Weitergabe und sonstiger mißbräuchlicher Verwendung ist durch den Datenschutzbeauftragten der Steiermärkischen Landesregierung, Herrn Hofrat Dr. Wielinger, gleichzeitig Leiter des Verfassungsdienstes, sicherzustellen.

Er hat darauf zu achten, daß die Daten ausschließlich zu dem im Gesetz genannten Zweck (Schaffung von Entscheidungsgrundlagen für die Programmerstellung und Mittelverteilung) verwendet werden.

5) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Weitergabe der gewünschten Wohnungswerberdaten durch die Gemeinden an die Rechtsabteilung 14 rechtlich zulässig ist; dies auch ohne Einholung einer ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung (Par. 7 Abs. 1 Z 2 DSG) der Betroffenen." [Hervorhebung durch dieRed., Anm.]

Dieser Argumentation können wir uns nicht anschließen. Abgesehen davon, daß überhaupt nicht vorgebracht wird, warum die individuellen Wohnungswerberdaten für die Programmerstellung notwenig sein sollen, zeigt das oben genannte Verfahren, daß es sehr wohl Methoden gibt, exakte statistische Daten zuerhalten, ohne individuelle Datenschutzrechte verletzten zu müssen. Sollte das Land Steiermark Mangel an Dienstleistern haben, die derartige Abgleiche machen, dann wäre das Statistische Zentralamt für derartige Auswertungsfragen ein geeigneter Ansprechpartner.

Die zitierte Bestimmung (Par. 7 Abs. 2 DSG) wird in der DS-Literatur unter dem Stichwort "Amtshilfe" geführt. Diese Bestimmung sollte dazu dienen, Behörden in ihrer Ermittlungstätigkeit bei einzelnen Verfahren zu unterstützen, und ihnen die Möglichkeit geben, Daten zu erhalten, auf die sie sowiesoeinen Anspruch haben. Die Bestimmung sollte daher nicht neue Datenquellen öffnen, sondern Ermittlungen möglichst wirtschaftlich machen. Es gibt aber derzeit rechtlich keine Möglichkeit für die Landesregierung an die individuellen Wohnungswerberdaten heranzukommen. Der Verfassungsdienst will sichsomit durch dieses Gutachten den Weg zu zusätzlichen Daten frei machen.

Das DSG sieht auch vor, daß bei fraglichen Datenübermittlungen im Zweifelsfall eine vertrauliche Behandlung der Daten den Vorrang zu geben ist.

Abgesehen davon, daß diese Stellungnahme keine Stellungnahme, sondern bloßes Wunschdenken darstellt, hat es der Verfassungsdienst vermieden, klarzustellen, warum der Gesetzgeber diese Datenübermittlung nicht ausdrücklich in das WBFG 1993 aufgenommen hat. Offensichtlich sah der Gesetzgeber (= derLandtag) keine Notwendigkeit der Beschaffung der Individualdaten.

Offensichtlich ist sich der Verfassungsdienst der Problematik seiner Argumentation voll bewußt, da er im Punkt 3) ausdrücklich darauf hinweist, daß es kein Recht der Landesregierung auf diese Daten gibt. Damit wird die Frage der Rechtmäßigkeit der Datenweitergabe auf elegante Weise den Gemeindenzugespielt, die ja die Daten "ganz freiwillig" der Landesregierung sozusagen "aufdrängen".

Vollends dubios wird die Rolle des "Steiermärkischen Datenschutzbeauftragten" in der Person des Herrn HR Wielinger. So erschließt sich der Verfassungsdienst (=HR Wielinger) durch ein höchst fragwürdiges Gutachten den Zugang zu neuen Datenquellen und beauftragt gleichzeitig denDatenschutzbeauftragten (=HR Wielinger) zur Überwachung des Daten(miß)brauchs. "Ach, zwei Seelen wohnen in meiner Brust".

Wir können betroffenen Gemeinden, die auch die Datenschutzinteressen ihrer Mitbürger zu vertreten haben, nur raten, keine Daten an die Landesregierung weiterzugeben. Zur grundsätzlichen Klärung der Sachfrage sollte jedoch von den Gemeinden die DSK angerufen werden. Wohnungswerber, deren Daten an dieLandesregierung gehen, sollten auf jeden Fall eine Beschwerde bei der DSK einbringen. Wie in Vorarlberg würde auch hier die ARGE DATEN Verfahrenshilfe leisten.




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