1992/12/31 Verzeichnis der Leichtgläubigen
DIR Auch in den Briefkasten der ARGE DATEN flattern dubiose Angebote. Eine Firma namens "Reim & Shweda" bot neulich die Eint...
Auch in den Briefkasten der ARGE DATEN flattern dubiose Angebote. Eine Firma namens "Reim & Shweda" bot neulich die Eintragung in ein internationales Teletextverzeichnis an, dessen Datenerhebung, so der bunte Prospekt, "in direkter Zusammenarbeit mit kompetenten Interessensvertretungen der zuerfassenden Länder" erfolge. Auf der Vorderseite prangt in großen gelben Lettern: "Mit freundlicher Unterstützung der Bundeswirtschaftskammer und der Handelskammern Österreichs durch Bereitstellung von in- und ausländischen Adressenmaterial".
Wer in diesem exklusiven Werk dabei sein will, muß rasch zugreifen. "Mit der Zahlung des Entgelts für die gewünschte Eintragungsgröße innerhalb von drei Wochen ist Ihnen die Eintragung im I.T.V. und die kostenlose Zusendung des Verzeichnisses nach dessen Erscheinen (gegen Zustellgebühr)gesichert."
Sicher ist nur eines: die Preise sind geschmalzen. Die Eintragung in der Mindestgröße von 2 x 90 mm kostet öS 2.640.-, natürlich exklusive Anzeigenabgabe und Umsatzsteuer. Schon etwas lesbarer ist eine Eintragung in der Größe 2 von 15 x 90 mm um öS 7.810.- und ohne Kopfschmerzen lesbar ist Größe 3,22 x 90 mm um öS 13.420.-. Trotz der hohen Preise sind die (kleingedruckten) Geschäftsbedingungen nicht sehr entgegenkommend: Die Wahl der Schriftform und des Formates behält sich die ITV vor und berücksichtigt Sonderwünsche nur, wenn schriftliche Vereinbarungen "zustandekommen".
Nicht so sicher ist hingegen die Verbreitung dieses wundersamen Werkes, falls es "zustandekommt", denn über die Auflagenhöhe und den Vertrieb schweigt sich der bunte Prospekt aus. In der BRD sind Fälle bekannt, wo solche Werke überhaupt nicht erschienen sind und die "Verlage" nach dem Kassieren derAnzeigengelder auf Tauchstation gingen. Sollte ein Telefaxverzeichnis, wohl in geringer Auflage, doch noch erscheinen, so kann es als Geheimtip für verwandte Firmen gelten: nämlich als Adreßbuch der leichtgläubigen Firmen mit lockerer Geldtasche.
Darum ist Vorsicht geboten, wenn mit "freundlicher Unterstützung" durch offizielle Stellen geworben wird, denn der Begriff "Unterstützung", der suggerieren soll, "das ist eine gute Sache, die von einer etablierten Organisation gutgeheißen wird", wird manchmal recht weit ausgelegt. Im konkreten Fall:die Firmenadressen bekommt jeder von der Wirtschaftskammer. Allfälligen Imageverlust wird die Bundeswirtschaftskammer wohl leicht verkraften, tritt sie doch immer vehement für die unbeschränkte Datenweitergabe ein (siehe Artikel über die Gewerbeordnungsnovelle).
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