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1992/12/31 Wehrgesetznovelle
DIR Zur anstehenden Wehrgesetznovelle ergaben sich einige datenschutzrechtlich problematische Entwicklungen. Wir bringen dah...

Zur anstehenden Wehrgesetznovelle ergaben sich einige datenschutzrechtlich problematische Entwicklungen. Wir bringen daher unseren Lesern jene Stellungnahme zur Kenntnis, die wir auch dem Parlament übermittelten.

1. Nach Par. 17 Abs. 3 Wehrgesetz mußte bisher bei der polizeilichen Anmeldung nur dann ein zusätzlicher Meldezettel abgegeben werden, wenn die Unterkunftsdauer mehr als zwei Monate betrug. Nach der Novelle würde bei jeder Anmeldung ein zusätzlicher Meldezettel auszufüllen sein (für dieseMeldepflicht besteht in der Regel eine Frist von drei Tagen). Das Militärkommando erfährt dadurch völlig unnötigerweise jeden Aufenthalt eines Wehrpflichtigen an einer anderen Adresse als an seinem Hauptwohnsitz. Es genügt aber, wenn das Militärkommando nur die Adresse des Hauptwohnsitzes kennt. DieARGE DATEN schlägt daher die Beibehaltung der bisherigen Regelung vor.

2. Nach dem neuen Par. 20 Abs. 1 Z 6 sollen die zur Mithilfe bei der Ergänzung verpflichteten Behörden auch "bei der Ermittlung des für ein Verfahren über eine Befreiung, einen Aufschub oder eine vorzeitige Entlassung maßgebenden Sachverhaltes" mitwirken. Die ARGE DATEN sieht darin das größteinformationsrechtliche Problem des Entwurfes. Bei den zu ermittelnden Daten würde es sich um "besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen" (Par. 36a Abs. 1), "rücksichtswürdige Umstände" bei der Berufsausbildung (Par. 36a Abs. 3), Freiheitsstrafen, Entmündigungen (Par. 36)und dgl. handeln.

In der Praxis bedeutet eine Verpflichtung z. B. der Gemeinden zur Mitwirkung bei der Ermittlung dieser Daten, daß die unangenehme Aufgabe der Entscheidung auf diese abgewälzt wird. Ob beim um Befreiung ansuchenden Max M. "rücksichtswürdige familiäre Interessen" vorliegen, entscheidet dann de factonicht mehr das Militärkommando, sondern der Bürgermeister, der - je nach Laune oder nach dem Parteibuch von Max M. - in den Brief ans Militärkommando entweder hineinschreibt, daß rücksichtswürdige Interessen vorliegen oder nicht. Die Erfahrungen mit der Zivildienstkommission - von der ebenfallsInformationen von Bürgermeistern und anderen Behörden eingeholt wurden - haben gezeigt, daß oft völlig unsinnige Mitteilungen gemacht wurden. Teils, weil die betreffenden Bürgermeister nicht recht wußten, was sie der anfragenden Behörde mitteilen sollen; teils auch aus purer Lust an derDenunziation.

Die Problematik solcher "Mitteilungen" liegt auch darin, daß die betreffende Person dabei praktisch keinen Rechtsschutz hat. Ein Beispiel: Max M. sucht um Befreiung an, weil er als einziger Sohn auf dem Einschichtbauernhof unabkömmlich sei. Das Militärkommando fragt beim Bürgermeister an. Dieserschreibt zurück, daß er nicht der Ansicht sei, daß Max M. unabkömmlich ist - aus welchen Gründen immer. Auch wenn Max M. vom Brief des Bürgermeisters erfährt - was in der Regel nicht der Fall sein wird - hat er gegen den Brief überhaupt kein Rechtsmittel.

Die ARGE DATEN schlägt daher vor, daß auf die genannte Bestimmung (Par. 20 Abs. 1 Z 6) verzichtet werden soll. Die Ermittlungen in militärischen Fragen sollen grundsätzlich von den Militärkommanden selbst nach objektiven Kriterien durchgeführt werden. Informationen anderer Behörden sollen dabei nurinsofern verwendet werden, als es sich um objektive Informationen handelt, die nicht im Ermessen der anderen Behörde stehen. Welche Informationen auf diese Art ermittelt werden dürfen - z. B. gerichtliche Strafurteile -, müßte im Gesetz taxativ aufgezählt sein. Alle anderen Ermittlungen -insbesondere solche, die bei Ermessensentscheidungen eine Rolle spielen - sollten die Militärkommanden selbst durchführen.

3. Der neue Par. 20 Abs. 3 sieht vor, daß die Meldedaten in Hinkunft auch vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger beschafft werden können. Die ARGE DATEN begrüßt zwar, daß bei der Formulierung dieser Bestimmungen Einschränkungen getroffen wurden, sodaß die Daten nur in Ausnahmefällen aufdiesem Weg ermittelt werden sollen. In der Praxis kann aber aus der Ausnahme doch leicht die Regel werden. Die ARGE DATEN schlägt daher vor, auf diese Möglichkeit zu verzichten. Falls der Aufenthaltsort eines Wehrpflichtigen nicht auf dem üblichen Weg zu ermitteln ist, kann immer noch ein Verfahrennach dem Meldegesetz eingeleitet werden. Wenn Meldebehörden ihrer Verpflichtung zur Übermittlung der Daten nicht nachkommen, dann müßte entsprechend gegen diese Meldebehörden vorgegangen und nicht versucht werden, die Daten ersatzweise aus irgendeiner unzuständigen Quelle zu beschaffen.

4. Par. 36a Wehrgesetz regelt die Befreiung von der Präsenzdienstleistung (prinzipiell unbefristet) und den Aufschub der Einberufung (längstens bis zum 25., 28. oder 30. Lebensjahr, je nach Art der Ausbildung). Die Novelle sieht vor, daß diese Personen nun regelmäßig nachweisen müssen, daß dieVoraussetzungen für die Befreiung oder den Aufschub noch vorliegen.

Die ARGE DATEN hat folgende Bedenken:

Es mag sinnvoll sein, bei einer unbefristet erteilten Befreiung eine Nachweispflicht vorzusehen, da die Wehrpflichtigen nicht immer von selbst mitteilen, daß der Befreiungsgrund weggefallen ist. Es besteht aber nicht die Gefahr, daß sich beispielsweise ein Student der Wehrpflicht dadurch entzieht,daß er das Ende seines Studiums nicht mitteilt oder zum Schein inskribiert. Der für sein Studium bewilligte Aufschub gilt ohnehin nur bis zum 28. Lebensjahr. Eine Nachweispflicht ist im Falle des Aufschubs also nicht nötig. Vorschlag: Die Nachweispflicht sollte nur für den Fall der Befreiung gelten,nicht aber für den Fall des Aufschubs (Par. 36a Abs. 6 wäre zu streichen.)

Wenn für Studenten als Nachweis nicht bloß die Inskriptionsbestätigung genügt, sondern sie einen Nachweis etwa über abgelegte Prüfungen erbringen müssen, dann erhalten die Militärkommanden einen völlig unnötigen und höchst problematischen Einblick, welche Vorlesungen dieser Student besucht. Auch ausdiesem Grund sollte auf eine Nachweispflicht für Studenten verzichtet werden.

Der vorgesehene Gesetzestext gewährleistet den Betroffenen kaum einen Rechtsschutz. Im Gesetz ist nicht bestimmt, wie der Nachweis auszusehen hat (weder bei der Befreiung noch beim Aufschub). Dennoch ist vorgesehen, daß der Bescheid automatisch außer Kraft tritt, wenn der Nachweis nicht erbrachtwird - auch, wenn der Betroffene bloß vergessen hat, daß er alle 2, 3 bzw. 5 Jahre einen Nachweis zu erbringen hat. Das automatische Außerkrafttreten bedeutet auch für jemanden, der den Nachweis erbringt, permanente Rechtsunsicherheit, da er ja nicht weiß, ob der Nachweis ausreicht. Vorschlag: Andie Stelle der Nachweispflicht - soweit nötig - sollte das Recht der Militärbehörden treten, alle 3 bzw. 5 Jahre einen Nachweis zu verlangen. Ob dieser Nachweis ausreicht, wäre in einem neuerlichen Bescheid auszusprechen.




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