1992/12/31 Ein Minister läßt erheben
Im Zuge einer Vollerhebung aller sozialen Einrichtungen in Österreich sollte im Auftrag des Bundesministers für Arbeit und Soziales der Computer der Arbeitmarktverwaltung (AMV) mit weiteren Daten gespeist werden, damit "die BeraterInnen auf den einzelnen Arbeitsämtern bei Schwierigkeiten ihrerKlientInnen diese rasch und zielgerichtet an die entsprechende Einrichtung weiterverweisen können".
Diese Vorgangsweise entspricht dem Arbeitsprogramm '92 der AMV, bei dem u.a. geplant ist: "Die Verbesserung der Erstberatung, Erstinformation und Sofortvermittlung unter Klarstellung der Erwartungshaltung der Arbeitslosenversicherung gegenüber ihren Kunden bei gleichzeitiger Integration der Instrumente zur Qualifizierung und Vermittlungsunterstützung in die Beratung.
Die Forcierung der Ersatzkraftstellung durch Ausschöpfung aller Vermittlungsmöglichkeiten für Inländer und integrierte Ausländer sowie die verstärkte Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung zur Wahrung und Sicherung der arbeits- und sozialrechtlichen Standards, besonders auch vonAusländern.
Dem Schwerpunkt, die Dienste des Arbeitsmarktservices weiter auszubauen und zu verbessern, muß auch in Zukunft der Grundsatz entsprechen, daß die vom Arbeitslosenversicherungsgesetz vorgesehenen Saktionen verhängt werden, wenn trotz angebotener Hilfen eine zumutbare offene Stelleungerechtfertigterweise nicht angenommen wird."
Statt der ausgefüllten Fragebögen trafen zahlreiche Protestschreiben bei den Oraganisatoren, dem Österreichischen Komitee für soziale Arbeit (ÖKSA) ein. Hier ein Auszug aus den Schreiben:
"Warum muß zu den schon vorhandenen Broschüren, in denen Sozialeinrichtungen etc. ohnedies schon hinreichend beschrieben werden, noch eine zusätzliche EDV-Erfassung gemacht werden? - Eine EDV-Erhebung kann keine Projektbeschreibung ersetzen!
Die Sozialeinrichtungen werden zunehmend aufgefordert, mit den Arbeitsämtern zu kooperieren. Ein lückenloses EDV-unterstütztes Überwachungssystem steht uns bevor. Dabei darf nicht vergessen werden, daß die Kooperation zwischen Fürsorge und Arbeitsamt bereits ab 1939 sehr erfolgreich praktiziertwurde.
Menschen werden mittels Codes (sog. "Schlüsselwörtern") auf drei bis vier Funktionen/Eigenschaften reduziert, um möglichst effizient und rationell im AMV-Computer gespeichert zu werden. Stimmen ein bis zwei Codes mit jenen der "sozialen" Einrichtungen zusammen, kann die Zuweisung automatischerfolgen.
Eine Grundregel der Sozialarbeit war bis jetzt noch immer, daß Betreuung und Beratung auf Freiwilligkeit beruht. Von Freiwilligkeit kann keine Rede sein, wenn es wegen Arbeitslosigkeit zu Zwangszuweisungen in "soziale" Einrichtungen kommt.
SozialarbeiterInnen werden PolizistInnen der AMV. Projekte werden nur dann weiterfinanziert, wenn sie als Handlanger der AMV fungieren.
Die Sanktionen und Ausgrenzungen durch die Arbeitsämter wegen "Arbeitsunwilligkeit" und "Arbeitsunfähigkeit" nehmen zu. 1991 wurden bei ca. 30 bis 35.000 Sperren öS 150 Millionen eingespart.
Das ÖKSA-Foschungsprojekt ist eine Aufbereitung zum Sozialfaschismus. Kategorien von Arbeitslosen, z.B. "Dauerarbeitslose", "Langzeitsarbeitslose", "wiedereinsteigende Frauen", "Ältere", sowie Arbeitslose mit "sozialen Fehlanpassungen", werden in eigens dafür geschaffenen "sozialökonomischenBeschäftigungsprojekten" und "Beschäftigungsgesellschaften" untergebracht, wo sie unter Aufsicht von Sozialexperten (-managern) arbeiten lernen müssen. - 1939 wurde es noch Arbeitserziehungslager genannt. Wer nicht "freiwillig" mitmacht, wird die Existenzgrundlage entzogen."
Die ÖKSA hat sich durchgerungen, dieses Projekt einzustellen. Die ARGE DATEN begrüßt diese Entscheidung, gleichzeitig wird deutlich, daß gerade im Datenschutzbereich Betroffene selbst dafür sorgen müssen, daß gröbste Datenbeschaffungsmißstände vermieden werden.
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