1992/12/31 Vorarlberger Wohnungsbedarf
DIR Vorarlberg ist datenschutzrechtlich immer ein wenig anders. Computer und Datenverarbeitungen werden scheinbar nach dem G...
Vorarlberg ist datenschutzrechtlich immer ein wenig anders. Computer und Datenverarbeitungen werden scheinbar nach dem Gießkannenprinzip über die verschiedenen Dienststellen der Landesregierung verstreut.
Hat ein kreativer Beamter eine neue Datenverarbeitungs-Idee wird diese flugs mittels "Richtlinien" in die Tat umgesetzt. Zweckbestimmungsgebot nach dem DSG? Gesetzliche Voraussetzungen? Registrierung beim DVR?
Alles nicht so wichtig, wichtig ist nur, zuerst einmal ein Programm zu haben, wenn möglich auf PC und in dBaseIII oder dBaseIV programmiert, weil das so weit verbreitet ist, jeder kennt und leicht veränderbar ist.
Zuletzt entstand auf diesem Weg die "Erhebung des tatsächlichen Wohnbedarfs in Vorarlberg".
Wohnungsnot auch in Vorarlberg
Viele Vorarlberger Gemeinden vergeben Gemeinde-Miet-Wohnungen. Viel zu wenige Wohnungen sind für viel zu viele Bewerber vorhanden. Die Vergaberichtlinien differieren von Gemeinde zu Gemeinde, sind undurchsichtig, die Schwächsten bleiben oft unberücksichtigt.
Kurzfristige Reaktion der Betroffenen: Massive Interventionitis, Vitamin "P" und Doppelmeldungen. Nach dem Motto: In irgendeiner Gemeinde wird schon was weitergehen.
Ergebnis für alle politisch Verantwortlichen: Der echte Wohnungsbedarf ist unklar, ebenso die Vergabepraktiken.
Nun schaltet sich das Land Vorarlberg ein, es stellt "Vergaberichtlinien" auf und verlangt von den Gemeinden, daß alle Bewerberdaten, inklusive Einkommen, Arbeitgeber und Lebensgefährten an das Land Vorarlberg übermittelt werden. Sinn der Aktion: Mehrfachbewerber sollen herausgefiltert werden undaufgefordert werden, nur eine Bewerbung aufrecht zu erhalten, alle anderen zurückzuziehen.
Datenschutzrechtlicher Pferdefuß: Zu einer derartigen Datensammlung fehlt dem Land die gesetzliche Grundlage, sie ist auch nicht zur Vollziehung eines Gesetzes notwendig, erspart niemandem Kosten und die Datenverarbeitung ist darüberhinaus beim DVR nicht registriert.
Konsequenz für die Betroffenen: Sie sind in der Wahl ihres Mittelpunktes der Lebensinteressen erheblich eingeengt. So kann es für Pendler sehr wohl einen Sinn machen, sich sowohl bei der jetzigen Wohnsitzgemeinde, aber auch in der Arbeitsplatzgemeinde, in der Gemeinde, in die seine Kinder zur Schulegehen und in jeder andern, diesen Bereichen anliegenden Gemeinden um eine Wohnung umzuschauen.
Da der Einzelne nur eine Wohnung in Anspruch nehmen kann, erwächst niemandem ein Schaden. Sobald der Wohnungswerber in der ersten Gemeinde seine Wohnung erhält, sind alle anderen Bewerbungen hinfällig. Sie können zurückgezogen werden oder verunzieren bloß die gemeindeinternen Statistiken.
Eine Vielzahl von knappen Ressourcen kennt dieses Warteschlangenprinzip: Jungärzte die auf einen Turnusplatz warten, melden sich in mehreren Spitälern an, Stellenbewerbungen werden bei mehreren Firmen/Ämtern abgegeben, Junglehrer sprechen bei mehreren Schuldirektoren vor .... Vielfach gilt dieMehrfachbewerbung als Indiz für ernsthaftes Bemühen.
Mit den ungesetzlichen Datensammlungen und Auswertungen durch das Land Vorarlberg wird in die Individualinteressen der Wohnungssuchenden massiv und negativ eingegriffen. Wir können allen Betroffenen nur raten, gegen diese zentrale Datensammlung bei der Datenschutzkommission Beschwerdeeinzulegen.
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