1992/12/31 Landarbeiter-Ausbildungsgesetz
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Am Beispiel des Landarbeiter-Ausbildungsgesetzes soll ein typischer informationsrechtlicher Konflikt aufgezeigt werden: Bis zu welchem Grad erlaubt die Ausbildungsverantwortung eines Lehrherrn auch pädagogische/erzieherische Eingriffe? Oder hat sich nicht eher der Lehrherr, wie wir meinen, auf dieVermittlung fachlichen Wissens zu beschränken?
Aufzeichnungspflichten
Der Dienstgeber hat Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung und über Beschäftigungen an Sonn- und Feiertagen zu führen. Die ARGE DATEN hat gegen jene Aufzeichnungen keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Die der Aufzeichnungspflicht unterliegenden Daten sind taxativaufgezählt und dienen dazu, die Einhaltung arbeitsrechtlicher Auflagen (besonders des Schutzes Jugendlicher) zu dokumentieren. Es darf aber angenommen werden, daß ein Dienstgeber, der sich - zum Nachteil der Dienstnehmer - nicht an die arbeitsrechtlichen Auflagen hält, sich nicht durchwahrheitsgemäße Aufzeichnung belasten wird, sondern die Aufzeichnungen manipulieren wird. Daher sollte den Betroffenen das Recht eingeräumt werden, die Aufzeichnungen einzusehen und die Richtigstellung bzw. Löschung von unzutreffenden Aufzeichnungen zu verlangen.
Vorlage von Schulunterlagen
Kritisch wird der Entwurf, wenn es um die Überprüfung des Lernerfolgs des Lehrlings geht. Wie weit soll der Lehrherr gehen dürfen? Gem. Par. 129 des Gesetzesentwurfes hat der Lehrling "dem Lehrberechtigten das Zeugnis (des Fachkurses) unmittelbar nach Erhalt und auf Verlangen die Hefte und sonstigenUnterlagen insbesondere auch die Schularbeiten vorzulegen."
Gegen die Vorlage des Zeugnisses sind keine datenschutzrechtlichen Bedenken anzumerken. Dokumentieren doch die Zeugnisangaben einen "objektivierten" Lernerfolg des Lehrlings. Es kann daher auch von einem Recht des Lehrberechtigten ausgegangen werden, über diese Leistungsdaten, die auch auf denLehrbetrieb Rückwirkungen haben, informiert zu werden.
Völlig anders ist die Situation bei den sonstigen schulischen Aufzeichnungen und auch Schularbeiten. Diese stellen schulinterne Arbeitsbehelfe dar, die in keiner Weise geeignet sind, eine Jahresprognose über den Leistungserfolg abzugeben.
Jeder Schulbetrieb kennt verschiedenste Schülertypen, die über das Jahr hinweg ein extrem unterschiedliches Leistungsverhalten zeigen, bei Schulende jedoch allesamt das Schulziel erreichen. Eine Einsichtsmöglichkeit in diese Arbeitsbehelfe kommt daher im wesentlichen Erziehungsfunktionen zu, dieeinem Lehrherrn nicht zustehen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die aus der Einsicht resultierenden Erziehungsvorstellungen und -wünsche des Lehrherrn mit denen der Erziehungsberechtigten in Konflikt kommen.
Damit bedeuten derartige Einsichtsmöglichkeiten einen Eingriff in das Privatleben des Lehrlings und letztlich auch in das Privatleben und in die Erziehungshoheit der Erziehungsberechtigten. Es muß daher bezweifelt werden, daß diese Bestimmung dem Art. 8 der EMRK oder dem Par. 1 des DSG gerecht wird.Damit würde keine Verfassungskonformität dieser Bestimmung gegeben sein.
Abgesehen von den sachlichen Bedenken widerspricht die Formulierung dieses Satzes im Par. 129 Abs. 2 dem Zweckbestimmungsgebot völlig. Weder ist abgegrenzt, was mit "sonstigen Unterlagen" gemeint sein kann, noch ist erkennbar inwieweit durch das Wort "insbesondere" eine abschließende Aufzählung derUnterlagen angestrebt wird oder eine bloß exemplarische.
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