2002/05/06 (Un)sicherheitsgesetze kommen in den Ministerrat
Sicherheitspolizeigesetz und Strafrechtsänderungsgesetz rechtspolitisch bedenklich - Ausdehnung der Überwachung auf historische Telekom-Daten - Internet-Provider nunmehr voll zur Überwachung verpflichtet
Ausufernde Überwachung
Bisher waren bestimmte Telekom-Betreiber zur Mitwirkung an Überwachungsmaßnahmen verpflichtet. Angesprochen waren nur Telefon-Anbieter mit einem eigenen Netz, mitzuwirken hatten sie an neuen Überwachungsmaßnahmen. Historische (alte Daten) mußten nur im Sonderfall, auf ausdrückliche richterliche Anordnung, herausgegeben werden.
Dies soll nun anders werden. Hinter dem sperrigen Titel 'Strafrechtsänderungsgesetz 2002' verbirgt sich ein brisanter Entwurf.An der Überwachung 'mitwirken' soll in Zukunft bedeuten, daß immer auch automatisch alle historischen Daten zu einer Überwachung herausgegeben werden müssen.
Hans G. Zeger, Obmann ARGE DATEN: 'Theoretisch beschränkt das Telekommunikationsgesetz die Aufbewahrung von Abrechnungsdaten auf den Minimalen Zeitraum, der notwendig ist, um Abrechnung, Inkasso und Einsprüche abzuwickeln. Üblicherweise können das bis zu 6 Monate sein. Sind alle Abrechnungsangelegenheiten schon vorher erledigt, müssen die Daten schon früher gelöscht werden. Sind Flat-Rates, also Pauschalgebühren vereinbart, dürfen Vermittlungsdaten üebrhaupt nicht aufbewahrt werden.'
In der Praxis werden diese Daten aber um ein vielfaches länger aufbewahrt. Sei es wegen Abrechnungstreitigkeiten, sei es zur Dokumentation gegenüber den Steuerbehörden oder aus sicherheitstechnischen Überlegungen (Backups), Benutzerdaten, die länger als 2-3 Jahre aufbewahrt werden, sind in der Telekom-Branche keine Seltenheit.
Diese Daten werden nun zu einem Selbstbedienungsladen für lauschfreudige Behörden.
Alle Internet-Provider zur Überwachung verpflichtet. Dem ist jedoch nicht genug. Ausdrücklich bejaht wird vom Justizministerium, daß nicht nur Telefon-Betreiber mit eigener Infrastruktur, sondern alle Telefonbetreiber bei Überwachnungsmaßnahmen eingeschlossen sind.
Auch alle Internet-Betreiber sind nunmehr zur Überwachung verpflichtet. Rund 600 ISP's sind von dieser neuen Überwachungsmaßnahme betroffen.
Hans. G. Zeger: 'Die beiden Entwürfe sind nicht nur in Detailpunkten problematisch, sondern sie dokumentieren in eindringlicher Weise eine grundsatzpolitische Wende. Letztlich soll alles was an Daten in Österreich verfügbar ist, für allgemeine polizeistaatliche Aufgaben verwendet werden. Ein derartiges Vorhaben widerspricht jeglicher verfassungsmässiger Legitimität. Als Mitglied des Datenschutzrates (DSR) mußte ich daher ein grundsatzpolitisches votum separatum abgeben.'
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