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2007/06/01 Suchmaschinen als Vorratsdatenreserve für Behörden?
In den vergangenen Tagen wurde die Kritik der sogenannten Art-29-Gruppe, die sich auf EU-Ebene mit Datenschutzfragen auseinandersetzt, an der Praxis der Betreiber von Internet-Suchmaschinen, personenbezogene Daten ihrer Benutzer ohne zeitliche Begrenzung zu speichern, publik.

Die Problematik der Datenspeicherung durch Suchmaschinen ist Datenschützern allerdings schon länger bewusst. Im Grunde ähnelt die derzeitige Praxis von Suchmaschinen der geplanten Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene. Erstaunlich ist dabei, dass man gegenüber dieser Speicherung zumindest offiziell kritisch ist, während man gleichzeitig selbst mittels Vorratsdatenspeicherung zum großen Überwachungsangriff bläst. In den USA haben die politischen Begehrlichkeiten, auf die attraktiven Datenbestände, die Suchmaschinen anhäufen, zugreifen zu können, längst begonnen.


Datenspeicherungspraxis der Suchmaschinen

Die Kritik der Art.29-Gruppe richtet sich speziell gegen den Anbieter "google". Allerdings steht dieser mit seiner geübten Praxis der Datenspeicherung nicht alleine, sondern vielmehr stellvertretend für das Vorgehen einer gesamten Branche. Bei der Benutzung einer Suchmaschine wird der jeweils  vom Nutzer eingegebene Suchbegriff  sowie die IP-Adresse seines Computers gespeichert. Die Dauer der Datenspeicherung ist dabei bei den meisten Anbietern nicht bekannt, "google" speicherte bislang auf unbestimmte Zeit, nunmehr wird von anderthalb bis zwei Jahren Speicherung gesprochen.

Wozu diese massenweise Datenspeicherung  gut sein soll, ist strittig. Seitens der Anbieter wird von "Sicherheitsgründen" gesprochen, in Wahrheit dürften vor allem kommerzielle Interessen dahinterstecken. Durch Auswertung der entsprechenden Verkehrsdaten lassen sich anhand gezielter Analysen wertvolle Erkenntnisse für die Werbe- und Marketingbranche gewinnen, die wiederum seitens der Suchmaschine bei der Schaltung von Werbeanzeigen verwertet werden können.


Begehrlichkeiten seitens Regierungen gefürchtet

Bei aller Kritik an solchen gezielten Werbemaßnahmen, ist allerdings klar, dass die noch größere Gefahr dort beginnt, wo Behörden und offizielle Stellen an den entsprechenden Datenreserven reges Interesse zeigen. In diesem Fall geht es nämlich nicht mehr um bestimmte Zielgruppenanalyse sondern tatsächlich die persönlichen Kommunikationsdaten jedes einzelnen Bürgers. In den USA sind entsprechende Bemühungen um den Zugriff auf die bestehenden Datensammlungen im Zusammenhang mit dem umstrittenen "Child online protection Act" im Gange. Im Rahmen dieses Gesetzes, das dem Schutz Unmündiger vor Pornographie im Internet dienen soll, wurde unter dem Vorwand "statistischer Untersuchungen" ein erster Zugriff von US-Justizbehörden  auf die Bestände von "google" versucht, dies allerdings bislang nicht erfolgreich. "google" versichert seinen Kunden dementsprechend auch immer wieder, man werde Daten der Betroffenen nicht weitergeben. Versprechen dieser Art sind allerdings problematisch. Gesetzlichen Aufträgen wird man mit Sicherheit nachkommen müssen - Begehrlichkeiten, angesammeltes Datenkapital aus eigenem Antrieb lukrativ zu verwerten, werden wohl spätestens dann geweckt werden, wenn das sonstige Geschäft lahmt.


Vorratsdatenspeicherung

Die Empörung, welche seitens der EU-Verantwortlichen derzeit zur Datenspeicherung bei Suchmaschinen gemimt wird, scheint aus einem einfachen Grund unglaubwürdig: Das Vorgehen der Suchmaschinenbetreiber ähnelt letztlich jenem, welches gleichzeitig europäischen Telekommunikationsanbietern in Hinblick auf die Vorratsdatenspeicherung von Verkehrsdaten zur Zeit europaweit zwangsweise verordnet werden soll. Mit der Vorratsdatenspeicherung soll auch die Datenübermittlung an Behörden für Telekommunikationsdienstleister zur gesetzlichen Pflicht werden. Bei aller grundsätzlichen Berechtigung der Kritik an der Datenverarbeitungspraxis von Suchmaschinen, kann man somit wohl nicht umhin, hier von datenschützerischer Heuchelei zu sprechen.


Datenspeicherung rechtmäßig?

Legt man an das Vorgehen der Anbieter von Internetsuchdiensten den Maßstab der europarechtlichen Bestimmungen bzw. der österreichischen Rechtslage an, so wird klar, dass dieses nicht rechtskonform sein kann. Die Probleme dabei sind natürlich vielfältig: Mangelnde Information der Betroffenen, keine klare Zweckbindung der Datenspeicherung, überlange Speicherdauer, mangelnde Datensicherheit fallen dabei spontan ein. Wenn Suchmaschinen Daten verarbeiten wollen, sollte zuerst klar sein, was man mit den Datenbeständen eigentlich anfangen will. Wenn das geklärt ist, kann über die für den jeweiligen Zweck - sofern dieser eine Speicherung rechtfertigt -  nötige Speicherdauer diskutieren. Betroffene sollten aktiv über die Speicherung ihrer Daten informiert und in die jeweiligen Prozesse eingebunden werden. Das Vorgehen der Suchdienste sollte ebenso überprüft werden wie die jeweiligen Sicherheitsmaßnahmen.


Resumee

Die Problematik der Datenspeicherung bei Suchmaschinen ist evident. Aus den oben genannten Gründen wäre mehr Transparenz ebenso wichtig wie klare rechtliche Regelungen und behördliche Kontrolle. Entbehrlich sind hingegen Politiker, die selektiv zu "Datenschützern" werden, die Telekommunikationsanbieter zur Vorratsdatenspeicherung verdonnern, andererseits aber bei Suchmaschinen ihre neue Liebe zu den Bürgerrechten wiederentdecken.

andere --> Art-29-Gruppe

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