2007/07/09 Bringt die neue Identitätskontrolle beim Alkokauf die Gefahr des Datenmissbrauchs?
§ 114 des Entwurfs der Gewerbeordnung reagiert auf das im medialen Blickfeld stehende Phänomen des Alkoholmissbrauchs - verpflichtende Ausweiskontrolle beim Alkoholkauf soll die Antwort sein - neben dem begrüßenswerten Kampf gegen Komatrinken birgt die Bestimmung auch datenschutzrechtlich brisantes.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eine umfassende Novelle der Gewerbeordnung in Begutachtung gebracht. Neben Bestimmungen zu einzelnen gewerblichen Berufsgruppen sowie umfangreichen Regelungen zu Bekämpfung von "Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung" wurde auch auf das Komatrinken reagiert.
Die Regelung
Verboten soll aufgrund der neuen Regelung weiterhin die Alkoholausschank an Jugendliche sein, somit an Personen denen entsprechend der im jeweiligen Bundesland geltenden Jugendschutzbestimmung der Alkoholkonsum untersagt ist.
Verpflichtend soll es für Gewerbetreibende nunmehr sein, von den Betroffenen einen entsprechenden Lichtbildausweis zu verlangen, um deren Alter zu kontrollieren. Begründet wird die Regelung damit, dass bereits bestehende Vorkehrungen des Gewerberechtes verbessert werden sollen. Von der bisherigen Bestimmung des Verbots der Alkoholausschank waren nur Gastgewerbetreibende betroffen, weiters war bislang nur ein Verbot der Ausschank an Jugendliche vorgesehen und keine korrespondierende Verpflichtung des Gewerbetreibenden festgelegt, das Alter des Kunden durch Überprüfung des Lichtbildausweises festzustellen.
Wie sich der Gesetzgeber bislang die Feststellung des Alters vorgestellt hat, ist dabei nicht klar. Wenn künftig ein Gewerbetreibender die Identitätskontrolle bei "jugendlich aussehenden" Personen unterlässt und Alkohol ausschenkt bzw. verkauft, begeht er damit eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von bis zu 3.600 Euro geahndet werden kann. Zu bedenken ist dabei, dass die entsprechende Strafsanktion auch Angestellte treffen kann, was speziell im Lebensmittelhandel, wo Beschäftigte naturgemäß unter Stress stehen, zu einer problematischen Abwälzung der Verantwortung auf den "kleinen" Angestellten führen kann kann. Daher werden in verschiedenen Lebensmittelketten bereits technische Maßnahmen getroffen, die die Erkennung alkoholischer Getränke durch akustische Signale bei der Verrechnung erleichtern sollen.
Datenschutzproblematik
Einigkeit herrscht sicherlich, dass Alkoholmissbrauch durch Jugendliche entsprechend bekämpft werden muss und eine Kontrolle des Alters, bevor Alkohol ausgeschenkt wird, als Schutzregelung durchaus sinnvoll ist. Neben der Problematik der Umgehung - Kauf durch Ältere - stellen sich allerdings in der Praxis Fragen nach dem Umgang mit den Datenschutzrechten von Betroffenen.
Kern der neuen Regelung ist, dass die Konsumation einer bestimmten Leistung an einen Identitätsnachweis gegenüber dem Vertragspartner gebunden ist. Das betrifft keinesfalls nur die tatsächlich geschützte Personengruppe der Jugendlichen, sondern jeden der aus Sicht des Gewerbetreibenden "jugendlich" aussieht. Da sich der Ausschenkende strafbar macht, sobald er nicht kontrolliert und ausschenkt, ist er nur auf der sicheren Seite, wenn er lückenlos jeden kontrolliert, der seinem Aussehen nach ein "Jugendlicher" sein könnte.
Die weitergehende Problematik besteht darin, dass aufgrund der Gestaltung amtlicher Lichtbildausweise in Österreich der Vertragspartner in den Besitz von wesentlich mehr personenbezogenen Daten als des Alters des Betroffenen gelangt, jedenfalls den vollen Namen, möglicherweise auch die Adresse erhält.
Lukrative Datensammlungen könnten entstehen
Vor allem in der Gastronomie (Diskotheken, etc..) ist bislang aufgefallen, dass Identitätskontrollen an der Tür oft auch zum Aufbau von Datenbeständen genutzt werden. Diese werden später dann für Werbe- und Marketingzwecke benutzt, um seine Einwilligung wird der Kunde in der Regel nicht gefragt. Der verpflichtende Identitätsnachweis könnte - abermals vor allem in der Gastronomie - solche Tendenzen verstärken. Der Gedanke, dass, wenn man ohnehin schon verpflichtend kontrollieren muss, man diese Verpflichtung dann umgekehrt selbst nützen könnte, um z.B. Datenbestände aufzubauen, ist sicherlich nicht weit hergeholt. Der vorliegende Gesetzesentwurf nimmt auf diese Problematik keinen Bezug.
Mögliche Auswege
Grundsätzlich dürfen Daten nur zweckentsprechend verwendet werden (§6 DSG 2000). Das DSG läßt aber, so zumindest die Spruchpraxis der DSK auch die Verwertung für Nebenzwecke, insbesondere für Werbeaktivitäten offen. Somit bedarf es in der Gewerbeordnung einer ausdrücklichen Regelung, dass die zu Identitätsprüfungszwecken ermittelten Daten nicht für andere Zwecke, insbesodnere nicht für Werbezwecke verwendet werden.
Bedauerlich ist, dass dem Gesetzgeber nicht eingefallen ist, ausdrücklich im vorliegenden Entwurf festzuhalten, dass die Weiterverwendung der durch die Kontrolle des Lichtbildausweises festgestellten Daten untersagt ist. Wie man bisher schon vor allem in der Direktmarketingbranche oder bei Kreditauskunftsdiensten sieht, ist die Durchsetzung des DSG 2000 dort, wo sich Gewerbetreibende auf angebliche Rechte und Pflichten aus der Gewerbeordnung berufen, nicht immer einfach. Daher wäre gesetzliche Klarheit wünschenswert. Darüber hinaus wäre auch denkbar, dass anstatt des amtlichen Lichtbildausweises eine Art Berechtigungskarte geschaffen wird, aus welcher sich entsprechende personenbezogene Daten nicht ermitteln lassen.
Fazit
Schutz von Jugendlichen und Bekämpfung von Alkoholmissbrauch sind jedenfalls zu bejahen, doch sollte der Schutz im Rahmen der bestehenden Grundrechte bleiben. Es sollte daher nicht auf die Datenschutzrechte der Betroffenen vergessen werden und sichergestellt werden, dass die Identitätskontrolle nicht zum Freibrief für die Sammlung personenbezogener Daten führt.
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