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Bankgeheimnis gilt nicht für Videoaufzeichnungen
Zwiespältige OGH-Entscheidung - Das Bankgeheimnis steht der Auskunft über Stammdaten von Verdächtigen entgegen - Videoaufzeichnungen aus Filialen fallen nicht unter das Bankgeheimnis und dürfen übermittelt werden

Umfang und Reichweite des Bankgeheimnisses sind oftmals Gegenstand von Diskussionen. Eine Entscheidung des OGH (13Os89/07y vom 29.8.2007)  bringt nun neues zu einem Themenbereich, der bisher weitgehend ausgespart geblieben ist: Wie ist mit dem Bankgeheimnis umzugehen, wenn auf einer bankinternen Videoaufzeichnung ein - dem Institut bekannter - Kunde als Straftäter identifiziert wird?


Das Bankgeheimnis

Geregelt ist das österreichische Bankgeheimnis in § 38 des Bankenwirtschaftsgesetzes. Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen grundsätzlich Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten. Diese Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt. Der Umfang dieser Geheimhaltungspflicht umfasst prinzipiell alle diesbezüglichen Informationen und Tatsachen, eine Entbindung vom Bankgeheimnis durch den Kunden ist nur auf ausdrücklicher und schriftlicher Basis möglich. Welche Informationen unter das Bankgeheimnis fallen, ist schwierig abzugrenzen. Betont wird dazu immer, dass es sich um Informationen handeln muss, deren Geheimhaltung das Interesse dessen, auf den sich das Geheimnis bezieht, erfordert.


Anlass war der Diebstahl in einer Bankfiliale

Bei einem Bezirksgericht war ein Strafverfahren gegen unbekannte Täter wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB anhängig. Der Geschädigten war in einer Filiale eines Bankinstituts ein Mobiltelefon weggenommen worden. Nach Auskunft eines Bankangestellten sei dieser Vorgang von einer Überwachungskamera festgehalten worden und handelte es sich bei der verdächtigen Person um eine ihm bekannte Bankkundin. Mit Beschluss beauftragte das Bezirksgericht die Bank, der ermittelnden Polizeidienststelle die diesbezüglichen Videoaufnahmen auszuhändigen und den Namen und die Anschrift der verdächtigen Kundin bekannt zu geben. Der dagegen erhobenen Beschwerde der betreffenden Bank gab das Landesgericht für Strafsachen Wien nicht Folge.

Der Generalprokurator erhob gegen diese Entscheidung hinsichtlich der Übermittlung von Stammdaten gemäß § 33 Abs 2 StPO Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an den Obersten Gerichtshof, da die entsprechenden Beschlüsse hinsichtlich der Bekanntgabe der personenbezogenen Stammdaten der Verdächtigen mit dem Gesetz nicht im Einklang stünden. Keine Beschwerde erhob der Generalprokurator aber gegen die Herausgabe der Videoaufnahme da diese nicht unter das Bankgeheimnis falle.


Die Entscheidung

Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nach der Regelung des § 38 Abs 2 Z 1 BWG nicht im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten. Verfahrensrechtlich regelt diese Durchbrechung des  Bankgeheimnisses der § 145a StPO. Aufgrund dieser Bestimmung ist das Bankgeheimnis nicht zu wahren, wenn dies zur Aufklärung eines Verbrechens oder eines Vergehens, das in die Zuständigkeit des Gerichtshofes erster Instanz fällt, erforderlich erscheint. In diesen Fällen besteht eine Verpflichtung die Stammdaten des Verdächtigen- daher den Namen, sonstige bekannte Daten über die Identität des Inhabers einer Geschäftsverbindung sowie dessen Anschrift - bekannt zu geben.

Der Oberste Gerichtshof führt in der betreffenden Entscheidung aus, dass der Gesetzgeber im Rahmen dieser Bestimmungen nach  Verhältnismäßigkeitsüberlegungen entschieden hat, entsprechende Auskünfte - die dem Bankgeheimnis widersprechen -  auf Straftaten, für deren Verfolgung der Gerichtshof erster Instanz zuständig ist, zu begrenzen.

Da es sich im gegenständlich verhandelten Fall um einen einfachen Diebstahl handelte, welcher in der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes liegt, war für den ergangenen Gerichtsbeschluss, die entsprechenden Stammdaten bekannt zu geben, kein gesetzlicher Boden vorhanden.

Dazu, dass keine gegen die Herausgabe der Videoaufnahme erhoben worden war, führte das Höchstgericht ergänzend aus, dass es dieser Entscheidung deshalb zustimme, da das Bankgeheimnis nur solche Informationen erfasse, die den zur Geheimhaltung Verpflichteten auf Grund der Geschäftsverbindung mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind.


Rechtliche Bewertung

Die gesetzliche Regelung, wann das Bankgeheimnis im Sinne der Verfolgung von strafrechtlich Verdächtigen durchbrochen werden darf, ist an sich klar gefasst und es ist daher doch einigermaßen verwunderlich, dass dies durch die Vorinstanzen nicht entsprechend erkannt wurde und man in dieser Sache den Obersten Gerichtshof bemühen musste. Pikantes Detail dabei ist aber, dass die entsprechend erhobene „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“, welche der Generalprokurator - das oberste Organ der Staatsanwaltschaft - eingebracht hatte, ein rein amtswegiges Rechtsmittel ist, auf dessen Erhebung der unmittelbar Betroffene keinen Anspruch geltend machen kann. Die Erhebung kann zwar bei der Generalprokuratur „angeregt“ werden, durchsetzbar ist sie nicht. Dem Betroffenen ist der Weg zum Höchstgericht aufgrund des begrenzten Instanzenzugs im Strafverfahren versperrt.

Weil die Generalprokuratur - amtswegig - Beschwerde erhoben hat, musste die bank die Stammdaten nicht übermitteln, andernfalls hätte die Bank die Stammdaten - trotz eindeutig entgegenstehender Gesetzeslage - wohl übermitteln müssen. Derartige Fälle sind auch ein Beispiel für die problematische Organisation der österreichischen Strafprozesse.


Problematische Videoentscheidung

Die Verfahrensproblematik manifestiert sich allerdings im durchaus problematischen „Videoteil“ der Entscheidung. Da der Generalprokurator hier gar nicht beschwert hatte, war das Höchstgericht auch nicht gezwungen, dazu Ausführungen zu treffen. Die dennoch - ungefragt - geäußerte Bewertung des OGH ist inhaltlich kaum nachvollziehbar: Dass das Bankgeheimnis solche Informationen erfasst, die den zur Geheimhaltung Verpflichteten auf Grund der Geschäftsverbindung mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, ist richtig. Warum dies für die erstellte Videoaufzeichnung nicht gelten sollte, ist schwer einsichtig. Da die Verdächtige bekannte Kundin des Instituts war, ist davon auszugehen, dass sie die entsprechende Filiale aufgrund der bestehenden Geschäftsverbindung betreten hatte. Diese war somit  Anlass für die Videoaufnahmen in der Filiale.

Überraschendes Ergebnis der Entscheidung: Nicht alles, was die Bank in der Filiale filmt, fällt unter das Bankgeheimnis, da es sich nicht nur um Informationen handelt, welche die Bank aufgrund der Geschäftsverbindung erhält.

Dass es sich bei einer derartigen Rechtsauffassung nicht um der Weisheit letzten Schluss handeln kann, ist einsichtig. Was ist etwa, wenn die Aufzeichnung konkrete geschäftliche Handlungen erfasst? Soll hier das Bankgeheimnis auch nicht gelten? Eine derartige Interpretation ist sicherlich unzulässig, da sie letztendlich eine völlige Aushöhlung und Umgehung des Bankgeheimnisses zur Folge hätte.


Resumee

Die Entscheidung bringt wenig Licht und viel Schatten. Unerfreulich ist jedenfalls, dass der OGH im Ergebnis akzeptiert, dass mittels Videoaufzeichnungen Bestimmungen zum Bankgeheimnis umgangen werden. Die Entscheidung zeigt auch die eklatante Problematik österreichischer Strafverfahren hinsichtlich Rechtsschutz und Gesetzeswahrung auf.

Zu betonen ist abschließend jedenfalls, dass es bei derartigen Erwägungen nicht um „Täterschutz“ geht, sondern darum, dass Geheimnisträger von Gerichten - unter Umgehung der Gesetzesbestimmungen - zur Verfahrensmitwirkung genötigt werden. Damit wird jedoch das Vertrauen der Bevölkerung in berufsmäßige Geheimnisträger systematisch ausgehölt. Zumindest im Falle von Bagatelldelikten - Handydiebstahl wird vom Gesetzgeber als solcher bewertet - sollte das Bankgeheimnis höher stehen als eine vereinfachte Strafverfolgung.


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