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2006/03/06 Schwarze Listen der "Schutzverbände" - Besserer Schutz für Betroffene
OGH entscheidet für Schadenersatz bei unzulässigem Eintrag in Warndatei der Banken - Datenschutzkommission betont Löschungsanspruch - Gratis-Dienste werden immer öfter zur Bonitätsfalle - besonders Privatpersonen davon betroffen - Datenschutz bleibt brüchig, Auskunft und Löschung regelmäßig verlangen - Firmen die fehlerhafte Bonitätsdaten verwenden können schadenersatzpflichtig werden

OGH entscheidet für Schadenersatz bei unzulässigem Eintrag in Warndatei der Banken

Der Oberste Gerichtshof hat mit 6 Ob 275/05t festgestellt, dass die Eintragung in die Warnliste der Banken nur nach Benachrichtigung des Betroffenen erfolgen darf.

Anlassfall war die Aufnahme eines Rechtsanwaltes in die Warnliste der Banken, der von einer Bank als Bürge in Anspruch genommen wurde und nicht sofort den gesamten aushaftenden Betrag bezahlte.

Durch die Aufnahme in diese Warnliste erlitt der Rechtsanwalt einen Imageschaden, da er vorwiegend als Wirtschaftsanwalt tätig ist und zwar insbesondere bei der Projektierung von Gewerbeprojekten. Im Dezember 2002 habe ihn eine österreichische  Landesärztekammer ersucht, ein Großeinkaufsprojekt abzuwickeln, wofür eine Pauschalhonorar von EUR 70.000,- vereinbart war. Wegen der Eintragung in die Warnliste habe die Finanzierungsbank der Kammer seine Einschaltung abgelehnt.


OGH folgte der Rechtsansicht der Datenschutzkommission

Die sogenannte "Warnliste der österreichischen Kreditinstitute zum Zweck des Gläubigerschutzes und der Risikominimierung durch Hinweis auf vertragswidriges Kundenverhalten" dient dem Gläubigerschutz und hat ihren Zweck in der Auskunftserteilung über die Kreditwürdigkeit eines Bankkunden oder eines Bürgen.

Als Informationsverbundsystem im Sinne der § 4 Z13 und § 50 DSG unterliegt sie der Vorabkontrolle durch die Datenschutzkommission, die in dessen Zusammenhang Auflagen erteilen kann, dies wurde konsolidiert durch den Bescheid K095.014/016-DSK/2001.

Demnach muss vor der Eintragung eines Schuldners oder dessen Bürgen in die Warnliste der Auftraggeber (Bank) den betreffenden Kunden und seinen Bürgen im Fälligkeitsschreiben oder im Kontoaufkündigungsschreiben ausdrücklich mitgeteilt werden, dass er in die Warnliste eingetragen wird, sollte innerhalb der gesetzlichen Zahlungsfristen keine vollständige Zahlung erfolgen oder keine andere Vereinbarung getroffen werden.


Grundsatz der Datenverwendung nach Treu und Glauben

Grundsätzlich ist von einem überwiegenden berechtigten Interesse an der Führung einer derartigen Warnliste zum Zwecke der Risikominimierung bei der Kreditvergabe und zum Zweck des Gläubigerschutzes auszugehen. Der Grundsatz der Datenverwendung nach Treu und Glauben § 6 Abs 1 Z1 DSG erfordert jedoch eine Benachrichtigung des Betroffenen, bevor die Bank mangelnde Kreditwürdigkeit behauptet und die Behauptung einem sehr großen Personenkreis, nämlich potenziellen künftigen Vertragspartnern des Betroffenen übermittelt.

Durch die Tragweite einer Eintragung in die Warnliste, wird der Betroffene in seiner wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeit sehr stark eingeschränkt, sodass er über die beabsichtigte Aufnahme in die Warnliste in jedem Fall besonders informiert werden muss, um Gelegenheit zu erhalten, sich gegen die Aufstellung und die Verbreitung einer so nachteiligen Behauptung umgehend zur Wehr setzen zu können.

Eine Eintragung in die Warnliste ohne vorherige Verständigung des Betroffenen ist ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und durch ein überwiegendes Gläubigerschutzinteresse nicht mehr gerechtfertigt und somit rechtswidrig.


Schadenersatz dem Grunde nach zugesprochen

Der OGH sprach in seiner Entscheidung auch aus, dass die mangelnde vorherige Verständigung des Betroffenen, der Bank subjektiv vorwerfbar ist, sodass die Voraussetzungen für den Zuspruch eines immateriellen Schadens dem Grunde nach gegeben sind.


Ungültige Zustimmungserklärung zur Aufnahme in die Warnliste

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 4 Ob 28/01y ausgesprochen, dass eine wirksame Zustimmung nur dann vorliegen kann, wenn der Betroffene weiß, welche seiner Daten zu welchem Zweck verwendet werden sollen.

Es müsse sowohl die genaue Bezeichnung der Einrichtung, die die Daten verwenden soll, als auch deren Aufgaben bekannt sein; der Kunde dürfe nicht über die Aufgaben dieser Einrichtung und damit darüber im Unklaren gelassen werden, von wem und zu welchem Zweck auf die Daten zurückgegriffen werde.

Die Reaktion des KSV wird abzuwarten sein, wenn er mit einer Klagewelle all jener Betroffenen konfrontiert wird, die ohne Verständigung über die Aufnahme in die Warnliste, in diese entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben eingetragen wurden.


Datenschutzkommission (DSK) betont Löschungsanspruch

Auch die DSK hat in einer jüngst ausgesprochenen Empfehlung (K211.593/0011-DSK/2005) zu den Wirtschaftsdatenbanken festgestellt, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Eintragung das Widerspruchsrecht nach § 28 Abs 2 DSG 2000 zukommt, wenn die Aufnahme in die Datei nicht gesetzlich angeordnet ist. Dies trifft auf praktisch alle Dateien von Wirtschaftsauskunftdiensten zu!

Diese für die Betroffenen erfreuliche Richtungsänderung der DSK ist besonders beachtenswert, da sie in früheren Entscheidungen (K095.014/021-DSK/2001) noch die Rechtsansicht vertrat, dass Daten in "Warnlisten" für eine gewisse Zeit auch nach Tilgung der Schuld gespeichert bleiben sollen. 7 Jahre bzw. 3 Jahre ohne die in ihrer jüngsten Empfehlung vorgenommene Differenzierung zwischen gesetzlich angeordneten Warnlisten und den in der Praxis immer häufiger werdenden "schwarzen Listen" vorzunehmen. Die undifferenzierte Rechtsansicht der DSK wurde von der ARGE DATEN immer kritisch betrachtet, da eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten, wozu die Bonität unzweifelhaft gehört, nur auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen sollte und nicht durch x-beliebige selbsternannte Bonitätsschützer, die mit fehlerhaften Daten aus dubiosen Quellen schnelles Geld machen wollen.


Private Personen besonders leicht ins Visier der Wirtschaftsauskunftsdienste

Bei der ARGE DATEN häufen sich mittlerweile die Fälle, dass Privatpersonen unberechtigt in die "Schwarzen Listen" der Wirtschaftsauskunftsdienste kommen und dadurch Schaden an ihrer Bonität erleiden.

Das Muster ist sehr ähnlich. Sogenannte Gratisangebote von Telekomunternehmen oder Zeitschriftenherausgebern werden "automatisch" in kostenpflichtige Dienste umgewandelt. Der Interessent, aber Noch-Nicht-Kunde spricht keine formelle Kündigung aus (die auch meist gar nicht notwendig ist), bezahlt nicht die Rechnungen und Mahnungen und landet rasch als "schlechter Zahler" in einer "Schwarzen Liste". Selbst wenn es ihm rasch gelingt die Unrechtmäßigkeit der ursprünglichen Forderung zu belegen und ein Storno zu erreichen, bleibt der Eintrag vorhanden.

Oder wie es ein "Kreditinformationsunternehmen" auf seiner Homepage formuliert: "... Einstellungen von Exekutions- bzw. Insolvenzverfahren nicht überprüft werden und dies somit auch nicht zu Korrekturen in Datenträgern, Internet usw. und auch nicht zu einer Mitteilung in späteren Ausgaben führt."

Eine besonders dubiose Vorgangsweise, die dem Recht auf Aktualisierung von Daten widerspricht.


Firmen die Bonitätsdaten verwenden können schadenersatzpflichtig werden

Werden fehlerhafte oder nicht aktuelle Bonitätsdaten verwendet oder weiter verbreitet, dann kann auch dieses Unternehmen zu Schadenersatz verpflichtet werden.

Dies trifft sowohl auf Kunden von Wirtschaftsauskunftsdiensten, als auch auf Zwischenhändler zu. Die ARGE DATEN stellt fest, dass immer mehr Auskunftsdienste die "Drecksarbeit" der Datenbeschaffung auslagern und nicht mehr selbst durchführen. Bei Beschwerdeverfahren beruft man sich dann auf den Datenlieferanten und glaubt auf diesem Weg den Auskunfts- Löschungs- und Aktualisierungspflichten des DSG zu entkommen. So greifen manche Auskunftsdienste immer wieder auf Daten eines "Kreditinformationsunternehmen", das sich auf die illegale Verwertung von Exekutionsdaten spezialisiert hat, zurück.

Tatsächlich ist jedoch jeder Datenverarbeiter für sich genommen für die Verwendung der Daten verantwortlich. Werden Daten nicht direkt vom Betroffenen ermittelt, sondern von Dritten (Informanten oder Datenhändlern), kommt dem Datenverarbeiter bei jeder einzelnen Information die Prüfpflicht zu, dass die Daten richtig, vollständig, angemessen, aktuell und rechtmäßig zustande gekommen sind.

Wird diese Prüfung verabsäumt und entsteht durch diese Datenverwendung ein Schaden, haftet jene Stelle, die die Daten verwendete, nicht bloß der Datenlieferant.


Recht auf Auskunft und Löschung einfordern

Es wird daher allen Österreichern, nicht nur Unternehmen dringend empfohlen, regelmäßig bei den Wirtschaftsauskunftdiensten Auskunft über vorhandene Daten zu verlangen und diese gegebenenfalls löschen zu lassen.

Die Auskunft hat einmal im Jahr gemäß § 26 DSG 2000 kostenlos und vollständig zu erfolgen, die ARGE DATEN hat ein entsprechendes Auskunftsmuster erarbeitet: http://ftp.freenet.at/privacy/muster/musdsg01.html

Die bekanntesten Wirtschaftsauskunftsdienste finden sich unter: http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=LIST-BONITAET

Auch für den Widerspruch der Verwendung persönlicher Bonitätsdaten in öffentlichen Verzeichnissen wurde nach § 28 DSG 2000 ein Muster erstellt: http://ftp.freenet.at/privacy/muster/muswis01.html

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