2006/03/03 Neue Anti-Spamregelung sorgt für Verwirrung
Gar nicht eleganter Pfusch im Telekomgesetz bringt neue Unklarheiten - große Verwirrung zur Form der Zustimmungserklärung zur Übermittlung von Werbemails - seriöse Unternehmen sollten auf das Instrument "konkludente Zustimmung" verzichten - Zustimmunsgfrage insgesamt unklar geregelt
Mit 1. März 2006 trat die Novellierung des § 107 Abs 2 TKG in Kraft, wonach nicht nur die Übermittlung von Spams an Verbraucher (Privatpersonen) einer Zustimmung bedarf, sondern auch bei der Zusendung an Unternehmen eine Zustimmung erforderlich ist.
Über die neue Rechtslage nach der Novellierung hat die ARGE DATEN ausführlich unter http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGED... berichtet.
Ist stillschweigende Zustimmung möglich?
Eine Diskussion ist unter den Rechtsexperten darüber entstanden, ob es auch eine konkludente (stillschweigende) Zustimmung im Sinne des neuen § 107 TKG geben kann.
Das Parlament führt in seinen erläuternden Bemerkungen dazu aus, dass ein Unternehmen eine stillschweigende Zustimmung zu Werbemails erteilt, wenn es auf seiner Webside seine eigenen Kontaktadressen (E-Mail) veröffentlicht. Es ist davon auszugehen, dass dieses Unternehmen mit der Zusendung von ihrem Geschäftsbereich betreffenden Werbemails einverstanden ist (z.B. ein medizinisches Institut gibt auf seiner Webside seine E-Mail-Adresse bekannt, so gibt es damit seine stillschweigende Zustimmung zum Erhalt von Werbemails über Produkte aus dem medizinischen Bereich, nicht jedoch über die Zusendung von Werbemails über Urlaubsreisen, da dies nicht ihren Geschäftsbereich umfasst).
Ein Teil der Lehre sieht dies kritisch, da die Veröffentlichung der Kontaktadresse (E-Mail) in der Regel nicht in der Absicht erfolgt, Werbung zu erhalten, sondern um der gesetzlichen Verpflichtung nach § 5 ECG nachzukommen. Jedoch steht auch die Lehre einer zu rigorosen Handhabung der Rechtslage in Bezug auf die Massenmails kritisch gegenüber, weil es dadurch zu einem Eingriff in die Informationsfreiheit kommen würde.
Eine konkludente Zustimmung zur Übermittlung von Massenmails sei dann anzunehmen, wenn der Empfänger auf die neue Rechtslage und die ausdrückliche Möglichkeit der Streichung aus E-Mail-Listen hingewiesen wird.
Rechtspraktiker vertreten die Ansicht, dass eine weitere Zusendung dann zulässig ist, wenn diese schon über einen längeren Zeitraum (Jahre) unbeanstandet erfolgte und berufen sich dabei auf die Erläuterungen des Parlaments zu den Bestimmungen des § 107 Abs 3 TKG, wonach die Zusendung von elektronischer Post weiterhin zulässig ist, wenn die Kontaktinformation des Empfängers bereits vor der gesetzlichen Möglichkeit der kostenfreien Ablehnung, ermittelt wurde.
Das Berufen auf eine stillschweigende Zustimmung für die Übermittlung von Werbemails (Spams) ist kritisch zu sehen, da es sich hier weniger um eine Rechtsfrage als um eine Beweisfrage handelt und in einem allfälligen Verfahren vor den Verwaltungsbehörden bzw. vor den Gerichten, der Beweis, des Vorliegens einer derartigen konkludenten Zustimmung sehr schwer sein wird.
Besser auf "konkludente" Zustimmung verzichten
Die ARGE-Daten empfiehlt, sich nicht auf das mögliche Vorhandensein einer konkludenten Zustimmung zu verlassen, sondern eine ausdrückliche Zustimmung des Massenmailempfängers z.B. bei Newslettern einzuholen, sofern diese nicht bereits vorhanden ist.
Da es zu der neuen Gesetzeslage naturgemäß auch noch keine Judikatur gibt, wird diese Unsicherheit betreffend stillschweigender Zustimmung letztlich ausschließlich Rechtsanwälten nützen, die schon seit Jahren von Unterlassungsklagen sehr gut leben.
Insgesamt ist Zustimmung unbefriedigend geregelt
Abgesehen vom Problem der "stillschweigenden" Zustimmung, muß allen Betroffenen klar sein, dass es für die Form der Zustimmung zum Zusenden von Werbemails keine Formvorschriften gibt. Insbesondere ist keine schriftliche Zustimmung oder gar eine unterschriebene Zustimmung erforderlich. Der Eintrag in ein Online-Formular genügt.
Damit kann jedoch nicht verhindert werden, dass x-beliebige Dritte diesen Eintrag tätigen. Letztlich kann auch ein Spamer Mailadressen fremder Personen in sein Online-Formular eintragen und sich dann auf eine ausdrückliche Aufforderung auf Zusendung von Werbemails berufen.
Spamproblem bleibt
Eine ordentliche Lösung des eMail-Kommunikationsproblems ist erst zu erwarten, wenn das Spam-Problem an der Wurzel gepackt wird.
Spam wird heute meist unfreiwillig über Wirtsrechner ahnungsloser Internetnutzer verbreitet. Möglich ist dies, weil durch mangelhafte Mail-Programme und Betriebssysteme selbst Comuterlaien Würmer produzieren können, die auf fremden Rechnern Mailserver installieren. Diese werden als Spamplattformen genutzt. Gleichzeitig sammeln andere Wurmtypen massenhaft Mailadressen von den Wirtsrechnern ein und erweitern somit den Umfang der spambaren Benutzer.
Solange die unfreiwillige Verbreitung von Spam über die Wirtsrechner nicht abgestellt wird, wird Spam weiterin das "erfolgreichste" eBusiness-Modell bleiben.
|