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2004/05/11 Fragwürdige Datenerhebung der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Knittelfeld
Unverschämter Erhebungsbogen eines Ortspfarrers greift in Persönlichkeitsrechte Dritter ein - Erhebung von fremden Religionsbekenntnissen jedenfalls EU-widrig - Keine Pflicht bestimmte Kirchenformulare auszufüllen

Fragwürdiger Fragebogen zu Lebens- und Einkommenssituation

Knittelfeld, vor zwei Jahren zu fragwürdiger parteipolitischer Berühmtheit aufgestiegen, macht wieder auf sich aufmerksam. Diesmal in Gestalt des evangelischen Ortspfarrers. Im Versuch, mehr über seine Schäfchen zu wissen und damit wohl auch den Kirchenbeitrag effizienter lukrieren zu können, hat der Pfarrer weit über das Ziel geschossen.

Neben Namen, Staatsbürgerschaft und Anschrift, will der Pfarrer auch über allfällige Zweitwohnsitze (Achtung Reichtum!), Form der Lebensgemeinschaft (Vorsicht wilde Ehe!), Beruf und Beschäftigungsumfang, Einkommen und Schuldenstand Bescheid wissen. Aber auch die Daten des Partners, inkl. Religionsbekenntnis, Beruf und Bruttoeinkommen und der religiösen Bekenntnisse aller Kinder werden erhoben.

Während die persönlichen Fragen in die Kategorie 'unverschämt' einzustufen sind, sind die Datenerhebungen über den Partner schlicht rechtswidrig. Daten Dritter dürfen nur dann weitergegeben werden, wenn diese der Weitergabe ausdrücklich zugestimmt haben.

Die Erhebung fremder Religionsbekenntnisse widerum widerspricht dem EU-Recht. Angaben zur Religion fallen als sensible Daten unter besondere Schutzbestimmungen. Kirchen dürfen nur Religionsbekenntnisse ihrer eigenen aktiven Mitglieder erheben. Schon 1992 hat der OGH dies im Urteil 6 Ob 32/92 klar festgestellt.

Selbstverständlich besteht gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften keinerlei Verpflichtungen irgendwelche Fragebögen oder Datenblätter auszufüllen und Vermögensbekenntnisse abzulegen. Einzig die Bekanntgabe des Einkommens zur Berechnung des Kirchenbeitrags ist vorgesehen. Dabei ist zu beachten, dass Basis der Berechnung nicht die monatliche Gehaltsanweisung des Dienstgebers ist, sondern das tatsächliche Verfügbare Einkommen. Sonderausgaben, Werbungskosten usw. sind davon abzuziehen und brauchen auch nicht der Kirche bekannt gegeben werden.


Bekanntes Phänomen

Andere Wege, wenngleich um nichts subtiler, geht die Katholische Kirche, wenn es darum geht verlorene Schäfchen zurück zur Herde zu bringen. Gestützt auf ein Gesetz aus dem Jahr 1868 (! kein Druckfehler) strengt die Kirchenverwaltung immer wieder 'Religionsfeststellungsverfahren' gegen säumige Kirchenzahler an. Diese sehen sich dann plötzlich mit der Tatsache konfrontiert vor Verwaltungsbeamten ein Bekenntnis über Weltanschauung und Glauben ablegen zu müssen. Ein Anachronismus, den es EU-weit wohl nicht einmal in den erzkatholischen Ländern Polen und Italien gibt.


Formvorschriften zum Kirchenaustritt

Sollte jemand mit 'seiner' Kirche nicht zufrieden sein, dann besteht die Möglichkeit des Austritts. Dieser Austritt muss nicht unbedingt vor einer Verwaltungsbehörde bekannt gegeben werden.

Obwohl laut Religionsfeststellungsgesetz von 1868 ein Kirchenaustritt "der politischen Behörde zu melden ist, welche dem Vorsteher oder Seelsorger der verlassenen Kirche oder Religionsgenossenschaft die Anzeige übermittelt", gibt es erhebliche Zweifel, dass dies die einzige Möglichkeit des Kirchenaustritts ist.

Üblicherweise wird die "politische Behörde" die Bezirksverwaltungsbehörde, also die Bezirkshauptmann schaft und in Städten mit eigenem Statut das Magistrat, verstanden, doch dürfte auch dieser Punkt nicht völlig klar sein.

Nicht nur nach unserer Auffassung genügt es, den Austritt der entsprechenden Kirche mitzuteilen. Es gibt zwar eine alte OGH-Entscheidung, die feststellt, dass ein Austritt für den staatlichen Bereich nur dann wirksam ist, wenn er gegenüber der zuständigen Verwaltungsbehörde erklärt wird (30.8.1984, 6 Ob 738/83; SZ 57/132). Es ist jedoch mehr als fraglich, dass diese Entscheidungspraxis noch mit EU-Recht zu vereinbaren wäre.


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