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2003/08/21 Die neue HEROLD-CD - Ein bedenkliches Produkt
CD über 2 Mio. Privatpersonen enthält bedenkliche Informationen - Datenschutzrechte der Betroffenen ignoriert - Recht auf Widerspruch offensichtlich verletzt - Robinsonliste kann Widerspruchsrecht nicht ersetzen - Produkt völlig unausgereift - Halbes Einlenken durch Herold - Vor Benutzung muss gewarnt werden - datenschutzkonforme Abwicklung wäre leicht möglich

CD über 2 Mio. Privatpersonen enthält bedenkliche Informationen

Laut Pressemitteilung von Herold ist eine CD mit 'Tiefendaten' über 2 Mio Privatpersonen erhältlich. Der Preis von 3.500 EUR entspricht einem Personenpreis von rund 0,2 Cent, die CD soll vierteljährlich aktualisiert werden. Herold hat diese Daten angeblich von der Marketingfirma DM-Plus bezogen.

Bei den sogenannten 'Tiefendaten' werden zu einer bestimmten Person (Name und Adresse) auch weitere Informationen wie Alter, Kinderzahl, Lebenspartner und Kaufkraft bekannt gegeben.

Grundsätzlich fallen diese Informationen, sofern sie nicht schon veröffentlicht wurden, unter dem Geheimhaltungsschutz des DSG. Diese Daten dürfen daher nur mit Zustimmung des Betroffenen veröffentlicht werden. Weiters hat der Betroffene Anspruch auf Aktualität der Daten, auf Richtigkeit und auf die nötige Genauigkeit der Informationen.

Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: 'Aufgrund unserer Erfahrungen wie Adressenverlage zu derartigen Datenzusammenstellungen kommen, wurden wir hellhörig und haben Herold sofort um eine Stellungnahme gebeten, die mittlerweile vorliegt.'


Datenzusammenstellungen der Adressenverlage qualitativ schlecht

Viele Personeninformationen werden bei Adressenverlagen hochgerechnet und vielfach durch Annahmen erzeugt. So wird etwa die Kaufkraft dadurch 'geschätzt', dass man von den Einkaufsgewohnheiten bekannter Personen einer Gegend auf die Kaufkraft anderer Personen schließt. Haushaltsgrößen werden etwa durch den gemeinsam gebuchten Urlaub bestimmt. Einkaufsgewohnheiten bei unterschiedlichsten Unternehmen werden zusammengefasst und noch durch Daten aus Umfragen, Gewinnspielen und Marketinganalysen ergänzt. Wir haben zuletzt über die diesbezüglichen Aktivitäten der LifestyleGmbH berichtet.

Hans G. Zeger: 'Bei einem derartigen Vorgehen sind natürlich Fehler und Unschärfen nicht zu vermeiden. Die Kaufkraft einer Gegend stimmt zwar im Schnitt, aber meist nie bei der einzelnen Person, Daten unterschiedlicher Personen, aber mit gleichem Namen werden zusammengemischt, Konsumgewohnheiten ändern sich, die Daten veralten sehr rasch.'

Auf diese Weise werden schnell aus treuen Familienvätern 'alleinstehende Singles' die nach Kontaktmagazinen lechzen und bei Zusendung gegenüber Kindern und Ehepartnern in Erklärungsnotstand geraten.

Im Rahmen des bisher üblichen Direktmarketings wurden viele dieser Auswüchse hingenommen. Kunden der Adressenverlage akzeptierten aufgrund fehlerhafter Zuordnungen bis zu 50% Streuverluste, Privatpersonen werfen bis zu 90% der Zusendungen ungelesen in den Papierkorb. Die dubiosen Daten verließen in der Regel nicht die Rechner der Adressenverlage.

Hans G. Zeger: 'Mit dieser CD werden aber völlig neue Wege beschritten. Die Informationen werden nunmehr personenbezogen veröffentlicht, obwohl bekannt ist, dass die meisten Informationen nur bedingt richtig sind.'


Widerspruchsrecht des DSG ignoriert

Genau um die Verbreitung von irreführenden Datenzusammenstellungen zu vermeiden sieht das DSG ein Widerspruchsrecht vor. Unabhängig davon, ob Daten richtig oder falsch sind, ob sie schon einmal veröffentlicht wurden, hat jeder Betroffene das Recht, die Nennung seiner Daten in einem bestimmten öffentlich verbreiteten Verzeichnis zu untersagen. Dazu ist es notwendig, dass die Betroffenen von dem Vorhaben, ein derartiges Verzeichnis herauszugeben, erfahren.

Hans G. Zeger: 'Aus der Stellungnahme von HERLOLD geht hervor, dass die Betroffenen nicht auf das Widerspruchsrecht aufmerksam gemacht wurden. Der Einwand, man habe sowieso alle in der Robinsonliste eingetragenen Personen ausgeschlossen, geht völlig ins Leere, da die Robinsonliste einem ganz anderen Zweck dient. Oft akzeptieren Personen Werbezusendungen, trotzdem wollen sie nicht, dass ihre Daten veröffentlicht werden.'


Musterbrief der ARGE DATEN geschaffen

Der Widerspruch kann formlos erhoben werden und ist binnen acht Wochen zu berücksichtigen. Die ARGE DATEN hat ein Musterschreiben verfasst, dass über das Internet abrufbar ist.

Zusätzlich bestehen die Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung von Daten. Auch dazu gibt es Musterbriefe.


Informationspflicht noch nicht erfüllt

Damit dieses Widerspruchsrecht auch tatsächlich wahrgenommen werden kann, ist jeder Datenverarbeiter verpflichtet Betroffene darüber zu informieren, dass er deren Daten sammelt.

Hans G. Zeger: 'In der Regel erfolgt dies direkt bei der Datenerfassung. Im Fall von Herold wurden jedoch die Daten nicht direkt beim Betroffenen erfasst, es sind daher alle 2 Mio. Betroffenen zu informieren.'


HEROLD muss sofort reagieren

Nach den ersten Medienberichten zu diesem datenschutzrechtlich bedenklichen Produkt hat Herold eine halbe Kehrtwendung gemacht. Die CD soll erst im September ausgeliefert werden, über eine Hotline können Betroffene der Verwendung der Daten widersprechen.

Hans G. Zeger: 'Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Damit aber das Widerspruchsrecht tatsächlich wahrgenommen werden kann, müssen alle Betroffenen informiert werden.'

Weiters ist zu bedenken, dass das Widerspruchsrecht jederzeit wahrgenommen werden kann. Es müssten daher vertragsrechtliche und softwaretechnische Vorkehrungen getroffen werden, dass auch spätere Widersprüche berücksichtigt werden können.

Hans G. Zeger: 'Technisch ist das kein großes Problem. Ähnlich den Virenscannern könnte man die Zugriffssoftware der CD regelmäßig, wöchentlich oder sogar täglich aktualisieren und den Zugriff auf bestimmte Personen sperren. Die ARGE DATEN bzw. deren Mitglieder haben bei der Umsetzung derartiger Lösung viel Erfahrung und bieten Herold und DM-plus ihre Mitarbeit an.'

Gerade im Zeitalter des Internets wäre die Verteilung dieser aktualisierten Software kein Problem, die CD-Käufer könnte man zur Aktualisierung vertraglich verpflichten.


Vor Verwendung muss gewarnt werden

Grundsätzlich muß sich jeder Käufer der CD im klaren sein, dass die Datenschutzrechte der Betroffenen ihm gegenüber gelten. Sollte sich herausstellen, dass einzelne Informationen auf der CD falsch sind oder unrechtmäßig weiter gegeben wurden, müssen diese Informationen auch beim Käufer vernichtet werden.

Im übrigen müßte jeder Kaufer wiederum die betroffenen Personen verständigen, dass ihre Daten nunmehr bei ihm verwendet werden.

Hans G. Zeger: 'Die datenschutzrechtlich korrekte Verwendung dieser CD mit Millionen Personendaten, die nicht selbst gepflegt werden, verursacht erheblichen Verwaltungsaufwand und Kosten und birgt immer das Risiko der Datenschutzverletzung. Jeder Käufer sollte sich daher genau überlegen, ob sich der Aufwand und das Risiko für 2 Mio. nicht autorisierte Datensätze lohnt.'


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