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2003/03/27 Webvoyeurismus - die dunkle Seite des Internet
1000 Web-Cams in Österreich angepriesen - Besonders Gemeinde- und Stadtverwaltungen profilieren sich negativ - Klage und Entschädigungsanspruch nach Urheberrechtsgsetz gegeben - ARGE DATEN - Mitglieder haben Anspruch auf Rechtshilfe

Rund 160.000 Videokameras beobachten auf Schritt und Tritt jede Bewegung an 'öffentlich zugänglichen Orten', so die Definition im deutschen Datenschutzgesetz. Darin enthalten sind Verkehrsinstallationen, Kameras in Parks, Bahnhöfen und Flugplätzen, in Kaufhäusern, Fußballplätzen und Fitnessstudios, in Bars, Cafes und Restaurants, in Kaufhäusern, Banken und Supermärkten. Auch auf Kinderklos (Volksschulen) und in den Auen sollen Überwachungskameras installiert werden.

Aufstellung und Einsatz sind weitgehend ungeregelt, die ARGE DATEN berichtete mehrmals darüber. Der eigentlich zuständige Datenschutzrat gibt sich uninformiert und versucht eine Lösung durch administrativen Widerstand zu behindern.


Webvoyeuris läuft Pornoindustrie den Rang ab

Österreichweit sind rund 1.000 Web-Cams installiert. Gibt man den Begriff Web-Cam in diverse Suchmaschienen ein, erhält man 10.000de Treffer.

Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: 'Analysiert man die Treffer genauer und scheidet jene Gruppe von Webseiten aus, die 'nur' technische Hilfsmittel wie Kameras und Software anbieten, bleiben immerhin noch mehrere tausend Einträge übrig.'

Viele Website-Betreiber sind nach den 'schlechten' Erfahrungen mit Wetterkarten a la METEODATA dazu übergegangen Webkameras als Inline-Frames zu verlinken und als Eye-Catcher zu nutzen. Viele Betreiber schreiben das Stichwort 'Webcam' bloß in die sogenannten META-TAGS der URLs hinein, diese werden von den meisten Suchmaschienen ausgewertet.

Hans G. Zeger: 'Früher waren die Stichworte 'Sex', 'Porn' und 'Lolita' zur Frequenzeröhung von Webseiten beliebt. Aus verständlichen Gründen weil Website-Betreiber gesetzeskonform und jugendfrei bleiben wollen, sind diese Begriffe am verschwinden. Auch die negativen Erfahrungen mit teuren Dialerprogrammen, sobald man Sex-Seiten anwählt und die Debatte über Kinderpornograhie haben dazu geführt, dass derartige Seiten nur mehr von Hardcore-Usern angewählt werden.'


Business mit Voyeurismus blüht

Neben 'echten' Webcams, die tatsächlich aktualisierte Bilder verschicken, sind rund 30% der angepriesenen Kameras klassiche Internet-Fakes oder nicht betriebsbereit. Diese 'Kameras' bringen nur ein immergleiches Standbild, wiederholen die immergleiche Videosequenz oder sind 'vorübergehend' abgeschalten.

Streicht man alle Doppelnennungen, irreführenden Einträge und Fake-Cams weg, bleiben in Österreich noch rund 600-700 aktive Kameras (weltweit etwa um den Faktor 1.000 mehr). Führend in der Hitliste der Betreiber sind Gemeinden, gefolgt von Cafes und Bars. An dritter Stelle stehen Elektro- und Multimediamärkte, die offenbar die 'Leistungsfähigkeit' ihrer Produkte anpreisen wollen.

An den Plätzen dahinter liegen Fitness- und Sportanlagenbetreiber, sonstige Kaufhäuser und Büroarbeitsplätze in Unternehmen.

Nicht berücksichtigt wurden private Videoinstallationen, bei denen Sexanbieter oder schlicht Privatpersonen ihr (Privat)leben, teilweise gegen Entgelt zur Schau stellen. Hier ist davon auszugehen, dass der Betroffene der Schaustellung zugestimmt hat.


Gemeinde Wien und Stadt Dornbirn besonders auffällig

In einem Schreiben an den Datenschutzrat teilte die Gemeinde Wien mit, dass 'die Stadt Wien keine Videoüberwachungsgeräte' betreibt. Ein Blick auf die von der Gemeinde Wien betriebene Website www.wien.at belehrt uns eines besseren. Hier sind Kameras im Stadtpark, Karlsplatz und Landesgerichtsstraße gelistet, als Betreiber werden die MA14, zuständig für EDV und 'Datenschutz' bei der Gemeinde Wien und 'die Wiener Stadtverwaltung' genannt.

Hans G. Zeger: 'Alle Kameras sind für Überwachungszwecke geeignet, selbst auf den im Internet veröffentlichten Bildern könnten Leute identifizeirt werden. Der Datenschutzrat wurde offensichtlich - absichtlich oder aus Inkompetenz - falsch informiert.'

Die Gemeinde Dornbirn wiederum verbreitet Bilder einer steuerbaren Webkamera. Bis vor kurzem konnte mit dieser Kamera jeder Internetbenutzer direkt in eine Privatwohnung und deren Balkon hineinsehen. Dieser 'Voyeur-Schwenk' wird zwar jetzt nicht mehr über das Internet verbreitet, ist aber nach wie vor möglich.

Hans G. Zeger: 'Besonders widerlich ist, dass immer mehr Gemeinden dem Voyeurismus nachgeben und an den unsinnigsten Stellen Webkameras installieren. Da diese Kameras keinen behördlichen Zwecken dienen müßten in jedem Fall der Staatsanwalt und der Rechnungshof prüfen, ob nicht durch die Installation öffentliche Gelder unnötig verschwendet wurden und nicht der Tatbestand des Amtsmißbrauchs vorliegt.'


Recht auf eigenes Bildnis - Ansprüche können durchgesetzt werden

Solange Videoaufzeichnungen nicht veröffentlicht werden, existeirt in Österreich rechtliche Anarchie, ganz anders ist es jedoch bei Veröffentlichungen im Internet.

Sobald eine Person ohne ihre Zustimmung erkennbar veröffentlicht wird, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, die im Zivilrechtsweg einzuklagen ist.

Hans G. Zeger: 'Es besteht sowohl das Recht auf Unterlassung als auch auf eine angemessene Entschädigung. Bisher haben Betroffene derartige Verfahren gemieden, da sie zeitaufwändig sind und durch die Anwaltspflicht auch mit gewissen Vorabkosten verbunden sind. Mitglieder der ARGE DATEN können nunmehr im Rahmen des Rechtsschutzes einfach und bequem ihre Ansprüche durchsetzen. Wir benötigen bloß einen Ausdruck des im Internet veröffentlichten Bildes, die genauen Angaben des Betreibers der Kamera (etwa Daten des Lokalbesitzers) und die Erklärung zur Veröffentlichung keine Zustimmung gegeben zu haben.'

Besonders in Geschäften und Lokalen sind viele Kameras installiert, bei denen die Besucher und Kunden über Internet erkennbar sind. Ein beim Engang aufgehängter Hinweis, etwa 'Mit Betreten des Geschäftes erteile ich die Zustimmung zur Veröffentlichung meines Bildes im Internet' gilt nicht als rechtswirksam erteilte Zustimmung.




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