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2011/02/28 Weitergabe psychiatrischer Diagnosedaten durch Pensionsversicherung unzulässig
MMag. Micheal Krenn
Der Umgang von Behörden mit Gesundheitsdaten der Bürger gibt immer wieder Anlass zu Kritik. Besonders problematisch ist der Umgang mit Gesundheitsdaten dann, wenn diese sich auch auf psychische Erkrankungen des Betroffenen beziehen. Der DSK Bescheid (K121.501/0016-DSK/2009) betraf eine interessante Konstellation hinsichtlich eines Pflegegeldverfahrens.

Folgen eines Antrags auf Pensionserhöhung

Die Betroffene war zur Sachwalterin für eine geschäftsunfähige Verwandte  hinsichtlich "Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und privaten Institutionen und gegenüber privaten Vertragspartnern" sowie "Einkommens- und Vermögensverwaltung" bestellt worden.  In dieser Funktion beantragte sie die Erhöhung des Pflegegeldes der Vertretenen und bestellte einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie zur fachärztlichen Untersuchung. Diese brachte nicht das gewünschte Ergebnis- im Gegenteil: Aufgrund verschiedener Umstände (Zuspätkommen, lautstarke Diskussion, ungepflegtes Auftreten) äußerte der Sachverständige im betreffenden Gutachten, welches eigentlich zur Untersuchung der besachwalteten Person dienen  sollte, unverhohlen die Vermutung, dass die Sachwalterin selbst psychisch krank sei. Das entsprechende Gutachten erging an die Pensionsversicherung. Diese machte aufgrund  der Angaben des Sachverständigen sowie der Tatsache, dass die Sachwalterin selbst aufgrund psychischer Probleme eine Invaliditätsrente bezog, eine Eingabe an das zuständige Bezirksgericht, dies mit der Anregung, die Sachwalterin ihrer Funktion zu entheben. Die Betroffene fühlte sich durch diese Übermittlung von Gesundheitsdaten in ihrem Grundrecht auf Datenschutz verletzt und erhob Beschwerde an die Datenschutzkommission.


Unzulässiger Eingriff oder Abwendung von Lebensgefahr im Sinne der Besachwalteten?

Die DSK hält in ihrer Entscheidung zunächst fest, dass weder die Zustimmung der betroffenen Beschwerdeführerin vorlag noch die Weitergabe ihrer Daten in ihrem lebenswichtigen Interesse lag. Zu prüfen war aus Sicht der DSK, ob die Datenverwendung zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen notwendig war und dafür eine entsprechende gesetzliche Grundlage iS des  § 1 Abs 2  DSG 2000 bestanden habe. Die Beschwerdegegnerin  habe dazu ins Treffen geführt, dass im Zusammenhang mit dem Gutachten eines von ihr mit der Untersuchung einer besachwalteten Pflegegeldbezieherin betrauten Facharztes der Eindruck entstanden sei, dass das Wohl der Besachwalteten die Weitergabe von Daten über die Eignung ihrer Sachwalterin an das zuständige Gericht erforderlich mache und berief sich somit auf "überwiegende berechtigte Interessen der Besachwalteten“ als Rechtsgrund.


DSK: Grundrecht auf Datenschutz verletzt

Richtigerweise führte die DSK dazu aus, dass die Berufung einer Behörde auf den betreffenden  Ausnahmetatbestand die Existenz einer einfachgesetzlichen Rechtsnorm voraussetze, die die Datenverwendung für zulässig erkläre. Eine solche einfachgesetzliche Rechtsnorm könnte allenfalls in der Bestimmung des § 33b Abs 2 BPGG über die Verpflichtung zur Kontrolle der zweckgemäßen Verwendung des Pflegegeldes, aber vor allem wohl auch in § 9 Z 8 DSG 2000 gesehen werden, wenn Mängel des Sachwalters lebensbedrohende Konsequenzen für den Besachwalteten zur Folge haben könnten. Die Datenverwendung müsse aber in ihrer konkreten Ausprägung "das gelindeste (Eingriffs-)Mittel"  zur Erreichung des definierten Ziels darstellen. Dieses Erfordernis war  im vorliegenden Fall nach Meinung der DSK nicht erfüllt: Die Beurteilung der Eignung eines Sachwalters sei alleine Aufgabe des Pflegschaftsgerichtes – andere Behörden dürften dem Gericht im lebenswichtigen Interesse des Besachwalteten zwar Hinweise auf mögliche aktuelle Mängel eines Sachwalters geben, nicht aber Gesundheitsdaten aus 10 Jahre zurückliegenden, zu anderen Zwecken in einem behördlichen Verfahren ermittelten Akten.

Die Heranziehung und Übermittlung von Daten aus dem Pensionsakt der Beschwerdeführerin wurde daher als überschießend und rechtswidrig gewertet.


Resumee

Die entsprechende Entscheidung mag in Teilbereichen durchaus humorvoll zu lesen sein- insbesondere stellt sich die Frage, wie ein seriöser Gutachter aus „Zuspätkommen“ bzw. „ungepflegtem Äußerem“ einer Partei auf eine psychische Erkrankung zu schließen vermag…Der Hintergrund ist aber durchaus ernst, da es im Grunde darum geht, dass jemand, der – aus welchen Gründen immer- seine Gesundheitsdaten einer stattlichen Stelle vorlegt, nicht mehr damit rechnen kann, dass ihm daraus kein unbegründeter Nachteil entsteht. In einem anderen Fall führte ein Antrag auf Pflegegeldbezug zu amtsärztlichen Untersuchungen hinsichtlich der Führerscheintauglichkeit dieser Person. Der Verdacht drängt sich daher auf, dass Bürger, die Forderungen an Vater Staat stellen mit Schikanen bestraft werden sollen. Es müssen diesbezüglich klare Grundsätze gelten: Behörden dürfen derartige Daten eben nur dann an andere Behörden übermitteln, wenn es eine einzelgesetzliche Spezialbestimmung gibt oder tatsächlich Lebensgefahr besteht. Ein „Universalstaat“ bei welchen jede Behröde über alle Daten verfügen kann, welche jemals an irgendeine andere Behörde gegangen sind, ist abzulehnen.

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