2002/09/19 Urheberrecht 2002 - Haftung, Kompatibilität und geistiges Eigentum
Perspektivloser Entwurf zur 'kleinen' Urheberrechtsnovelle - Regelung wesentlicher Fragen vergessen - vermutlich EU-rechtswidrig - Monopolstellungen werden gestärkt, zum Schaden der österreichischen Industrie - bisher mögliche freie Werknutzung wird kriminalisiert - Biometrie bleibt ungeregelt
Perspektivloser Entwurf zur 'kleinen' Urheberrechtsnovelle
Der vom Justizministerium versandten und bisher in der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt gebliebenen Entwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes versucht die Nutzung von Computerprogrammen unzulässigerweise einzuschränken.
Unter dem irreführenden Titel 'Schutz von Computerprogrammen' soll ein neuer §90b geschaffen werden, der es ganz generell verbietet, Mechanismen des Herstellers zum 'Schutz des Computerprogramms' zu umgehen.
Hans G. Zeger: 'Diese Bestimmung ist unklar und verworren. Es ist nicht erkennbar, was der Begriff 'Schutz von Programmen' im Lichte eines gekauften Software-Produktes bedeuten soll. Jeder rechtmäßige Käufer hat gemäß UrhG das Recht ein Programm an seine Bedürfnisse anzupassen. Auf dieses Recht kann gar nicht wirksam verzichtet werden. Technische Mechanismen, die dieses Recht einschränken sind unzulässig und gesetzwidrig.
Im Gegenteil hat der Käufer jeden Anspruch, daß ein Verkäufer von Software alles zu unterlassen hat, dieses Recht zu behindern. Computerprogramme müssen nicht vor ihrem rechtmäßigen Käufer geschützt werden.
Sollte jedoch mit 'Schutz von Computerprogrammen' Kopierschutz gemeint sein, dann sollte das in das Gesetz hineingeschrieben werden. Auch in diesem Fall wird eine Umgehung nicht generell unzulässig sein, sondern nur, wenn es sich um Kopiervorgänge handelt, die nicht zur Sicherung der Anpassung an eigene Bedürfnisse dienen. Diese Klarstellung fehlt im Gesetz.
Würde diese Bestimmung Recht werden, würde sie Softwareherstellern, besonders den Marktführern wie Microsoft, erlauben, in vertriebene Software beliebige 'Schutzmechanismen', wie Ablaufdatum, Kompatibilitätsbeschränkungen, Verfügbarkeitsbeschränkungen, sog. Drapdoors, das sind versteckte Schnittstellen, über die der Lieferant Online auf die Computer des Käufers zu greifen kann, einzubauen.
Da keinerlei Aufklärungs- und Gewährleistungspflicht vorgesehen ist, könnten diese 'Schutzmechanismen' völlig undeklariert und ohne Wissen des Käufers eingebaut werden und selbst wenn er diese findet, dürfte er sie nicht beseitigen. Ein sicherheitstechnischer Alptraum, denen Unternehmen hilflos ausgeliefert wären.
Rechtswidrige Richtlinie RL 2001/29/EG
Die vorgelegte Urheberrechtsnovelle soll die EG-Richtlinie 2001/29/EG umsetzen. Abgesehen davon, daß der Umsetzungsversuch selbst mißglückt erscheint, bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der EG-Richtlinie selbst.
Die Möglichkeit Schutzmechanismen, Länderbeschränkungen und Kompatibilitätseinschränkungen einzubauen sind geradezu klassiche protektionistische Maßnahmen und widersprechen daher dem freien Warenverkehr innerhalb der EU.
Umfassende Stellungnahme der ARGE DATEN
Die Arge Daten hat daher in einer umfassenden Stellungnahme sowohl die vorgelegte Bestimmung kritisiert, als auch das Fehlen von brauchbaren Haftungs- und Gewährleistungsregelungen bei Computerprogrammen.
Die übliche Vorgangsweise, Software 'so wie sie ist' zu verkaufen und keinerlei Garantien für das Funktionieren bestimmter Eigenschaften zu übernehmen ist eine unzumutbare Einschränkung der Gewährleistung. Heute werden wesentlich komplexere technische Systeme, seien das PKW's, technische Maschinen oder ganze Industrieanlagen mit genau definierten Eigenschaften, Leistungen und Haftungen hergestellt und verkauft. Selbst im IT-Dienstleistungssektor, etwa im Bereich der Telekom- und Internet-Provider sind 'Service Level Agreements' und verbindliche Leistungszusagen selbstverständlich geworden. Urheberrechtlichen Schutz sollten daher Produkte, die Teil technischer oder unternehmerischer Prozesse sind, nur dann genießen, wenn ein bestimmter Leistungsumfang im Rahmen der üblichen Gewährleistungsfrist (zwei Jahre) zugesagt wird.
Eine Verteuerung der Softwareprodukte ist bei einer derartigen Vorgangsweise nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil würde eine verbindliche Haftungsregelung dazu führen, daß viele unfertige und mangelhaft entwickelte Produkte nicht auf den Markt kämen und seriöse Entwicklungsfirmen nicht laufend gezwungen wären auf derartige Produkte mit eigenen neuen, oft ungetesteten Softwareversionen zu reagieren. Die Entwicklungszyklen von Software würden sich zumindest der Dauer der Gewährleistung (zwei Jahre + Vermarktungszeitraum) anpassen. Die Softwareentwickler hätten mehr Zeit besser getestete Produkte zu erzeugen, die Kunden mehr Zeit die Funktionalität des Produkts zu verstehen und den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Biometrische Erkennungsmethoden fordern Gesetzgeber
§ 78 UrhG regelt das 'Recht am eigenen Bild'. Diese Bestimmung, schützt Privatpersonen, die sich im öffentlichen Raum bewegen, vor ungehemmter Ablichtung und Veröffentlichung von Daten.
Im Zuge der Biometriediskussion, d.h. die Erfassung und Erkennung von Personen auf Grund von biometrischen Eigenschaften, gewinnt diese Bestimmung neue Aktualität. Das Personenbildnis kann nunmehr zur automatisierten Identifikation von Personen benutzt werden, gleiches gilt auch von anderen biometrischen Merkmalen, die in der Öffentlichkeit hinterlassen werden, seien dies Fingerabdrücke auf Wassergläsern im Kaffeehaus, DNA-Spuren auf Zigarettenstummeln oder in öffentlichen Toiletten.
Neben dem Abbild werden weitere Persönlichkeitsmerkmale für Dritte bedeutsam und können Personen zugeordnet werden.
Es ist daher sinnvoll, die Bildnisschutzbestimmung des §78 UrhG auf alle biometrischen Merkmale eines Menschen auszudehnen und nicht nur die Veröffentlichung, sondern auch andere Verwertungen an die Zustimmung des Betroffenen zu binden.
Neustart notwendig
Hans G. Zeger: 'Das derzeitgie Regierungschaos gibt die Möglichkeit, den sensiblen Bereich Computersoftware und Urheberrecht grundlegend neu zu überdenken. Das BMJ wäre gut beraten einen völlig überarbeiteten, zeitgemäßen Entwurf zu erstellen.
Auch der 'Verein zur Förderung Freier Software' kritisiert den Enwurf. Eine ausführliche Stellungnahme ist unter
http://ftp.freenet.at/gesetze/urhnov2002.jakob.pdf
zu finden
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