2007/04/06 Direktmarketing und Datenverarbeitung
Woher haben Datenhändler Name, Adresse und Geburtsdatum? - Häufig wird als Datenquelle das Telefonbuch genannt, dort sind aber bloß Name und Adresse, selten Titel oder Beruf enthalten - Bei Verwendung von Altersdaten ergeben sich jedoch Zweifel an der rechtmäßigen Datenbeschaffung - Kann eine Zusendung über altersbedingte Gesundheitsbehandlungen knapp vor dem 50. Geburtstag wirklich nur auf Zufall basieren? - Die ARGE DATEN hat ein Mitglied vertreten und eine neue Entscheidung der DSK (K121.241/0008-DSK/2007) erwirkt.
Der Anlassfall
Immer wieder wundern sich Betroffene, wie Direktmarketingfirmen, die ohne vorherige Kontaktnahme Werbematerial zusenden, in den Besitz personenbezogener Daten der Betroffenen kommen.
Die Beschwerdeführerin hatte entsprechendes Informationsmaterial über Gesundheitspflege exakt zum 50er erhalten. Um zu verifizieren, ob und woher der Absender - eine Direktmarketingagentur - in Besitz ihrer personenbezogenen Daten gelangt war, stellte sie ein entsprechendes Auskunftsbegehren. Durch die Werbeagentur wurde der Betroffenen mitgeteilt, dass diese Name und Anschrift aus dem Telefonbuch genommen, ihr ungefähres Alter aber Ergebnis eines computergestützten Näherungsverfahrens sei, welches aufgrund des Vornamens eine Einordnung der betreffenden Person in eine bestimmte Altersgruppe mit einer vorgegebenen Fehlerquote durchführen könne. Die Werbeagentur sei somit in Wahrheit gar nicht im Besitz des Geburtsdatums der Betroffenen gewesen, vielmehr sei nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe vermutet worden, die Zusendung exakt zum 50. Geburtstag sei Zufall.
Verfahren vor der DSK
Für die Betroffene war diese Auskunft nicht befriedigend und wurde daher bei der DSK ein amtswegiges Prüfverfahren veranlasst. Im Rahmen dieses Verfahrens kam es auch zu einer amtlichen Einschau in die Datenverarbeitung des Direktmarketingunternehmens. Dabei wurde die Angabe der Beschwerdegegnerin insoferne bestätigt, als sich tatsächlich nur Name und Adresse der Betroffenen in der Datei fanden. Zum Geburtsdatum fand sich hingegen kein Eintrag, lediglich die Zuordnung zu einer bestimmten Altersgruppe. Letztendlich wurde die Auffassung der Beschwerdeführerin, es sei unrealistisch, dass aufgrund des Vornamens eine sinnvolle Zuordnung zu einer Altersgruppe vorgenommen werden könne und dann der 50. Geburtstag zufällig als Zusendedatum "erwischt" werde, als reine Vermutung beurteilt. Der DSK stellte somit im konkreten Fall keine Rechtsverletzung oder Verletzung von Pflichten durch die Beschwerdegegnerin fest.
Ist es realistisch, vom Vornamen auf eine Altersgruppe schließen zu können?
Die Frage, ob im konkreten Fall tatsächlich aufgrund eines Näherungsverfahrens auf das Alter der Adressatin geschlossen wurde, soll hier explizit nicht Diskussionsgegenstand sein.
Unbestritten ist, dass bestimmte Vornamen in verschiedenen Altersklassen häufiger vorkommen als in anderen. Demnach ist es auch denklogisch, dass das ungefähre Alter einer Person ausgehend vom Vornamen mit einer bestimmten Treffergenauigkeit abgeschätzt werden kann.
Das ist aber auch das Problem: Eine solche Schätzung trifft immer nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu. Unterschiede der Treffergenauigkeit ergeben sich vermutlich auch nach den Vornamen, da bestimmte Namen schon fast ausgestorben sind, andere typische Modeerscheinungen. Bei Allerweltsnamen, die in fast jeder Altersgruppe vorkommen, ist eine richtige Schätzung wohl eher ein Glücksfall.
Zudem ist zu bedenken: Schreibt eine Direktmarketingfirma wirklich auf Gut Glück nach dem beschriebenen Schätzmuster Adressaten an, trifft sie immer einen gewissen Prozentsatz an Personen, die nicht der Zielgruppe angehören.
Von den unnötigen Kosten abgesehen ist auch zu bedenken, ob es für ein Marketingunternehmen nicht peinlich ist, wenn es aufgrund derartiger Verfahren zB einer Zwanzigjährigen Pflegemittel für alternde Haut, etc… anbietet.
Welche Möglichkeiten haben Direktmarketingfirmen, entsprechende Daten zu erhalten?
Einerseits besteht natürlich die Möglichkeit der Einsichtnahme in öffentliche Verzeichnisse wie das Telefonbuch, vereinfacht auch über online - Telefonbücher. Diese Variante hat für die betreffende Firma den Vorteil, dass sie kostengünstig und recht einfach zu administrieren ist.
Von Nachteil ist hingegen, dass über den Wohnsitz hinaus keine weiteren Daten zu finden sind und oft gerade jüngere Leute- ein interessanter Kundenkreis - im Telefonbuch nicht mehr aufscheinen.
Auch eine Abfrage im Zentralen Meldregister ist möglich. Nach § 16 Abs. 1 kann der Hauptwohnsitz eines Menschen oder jener Wohnsitz, an dem dieser Mensch zuletzt mit Hauptwohnsitz gemeldet war, abgefragt werden, wenn der Anfragende den Menschen durch Vor- und Familiennamen sowie zumindest ein weiteres Merkmal, wie etwa das wirtschaftsbereichsspezifische Personenkennzeichen, Geburtsdatum, Geburtsort oder einen bisherigen Wohnsitz, im Hinblick auf alle im ZMR verarbeiteten Gesamtdatensätze eindeutig bestimmen kann. Über andere gemeldete Wohnsitze dieses Menschen darf einem Abfragenden nur bei Nachweis eines berechtigten Interesses Auskunft erteilt werden.
Grundsätzlich ist somit eine Adressbesorgung über das ZMR zwar möglich, allerdings muss die Person schon zuvor eindeutig bestimmbar, die Marketingfirma somit bereits im Besitz sonstiger personenbezogener Daten sein. Zu bedenken sind auch die relativ hohen Kosten, wenn Abfragen im ZMR massenhaft durchgeführt werden. Damit scheidet dies variante - zumindest in der legalen, kostenpflichtigen Version, aus.
Theoretisch können noch Abfragen in anderen öffentlichen Registern - etwa Grundbuch - durchgeführt werden. Mangels der gezielten Abfragemöglichkeit nach Personen müsste man da aber mehr oder weniger „ins Blaue schießen“ und hätte ebenfalls mit nicht vertretbaren Kosten zu rechnen.
Bleiben als - legale - Hauptquelle schlicht Datenmaterial von anderen Unternehmen, bei denen der Kunde etwa mittels Kundenkarte registriert ist oder aus sonstigen Gründen "freiwillig" sein Geburtsdatum oder andere Daten bekannt gegeben hat. Die Bestimmung §151 GewO sicehrt den Adressverlagen ein großzügiges Privileg zum Datenhandel (http://ftp.freenet.at/mar/gewo.par151.pdf).
Resumee
Zumindest bei Personen, die nicht im Telefonbuch oder in sonstigen, öffentlichen Verzeichnissen aufscheinen, ist es fraglich, wie eine Marketingfirma zu der entsprechenden Adresse kommen kann. Es wird daher in diesen Fällen dringend empfohlen eine Auskunft nach dem Datenschutzgesetz einzuholen. Wenngleich man, wie dieses Beispiel zeigt, nicht immer mit ergiebigen Antworten rechnen darf (mit oder ohne Hilfe der Datenschutzkommission).
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