2005/05/02 Wirtschaftsauskunftsdienste zu exakter Auskunft verpflichtet
Richtungsweisender DSK-Bescheid erweitert Informationspflichten - 8-900.000 Österreicher in diversen "schwarzen Listen" enthalten - Wirtschaftsauskunftsdienste und Gläubigerschutzverbände müssen Informationsquellen offen legen - es sind auch alle Empfänger der Daten bekannt zu geben
Dauerthema "schwarze Listen" und Wirtschaftsauskunft
Listen über unerwünschte Kontoverbindungen, angeblich nicht zahlungsfähiger Kunden oder nahe der Insolvenz stehender Firmen, erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Zuletzt hatten die Telekom-Firmen mit einer entsprechenden Liste Aufsehen erregt, die ARGE DATEN berichtete darüber.
Neben den sieben Branchenführern mit eigenen Datenbeständen (siehe http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?question=LIST-BO...) betätigen sich in Österreich mehr als hundert Unternehmen, unter anderem Detekteien, Inkassodienste, "Forderungsmanager" als Wiederverkäufer.
Heiß umkämpfter Markt der Wirtschaftsauskünfte
Der Markt von Wirtschaftsauskünften ist hoch lukrativ und äußerst hart umkämpft. Immer wieder tauchen auch Newcomer auf, die mit dubiosen Methoden mitnaschen wollen. In einem Fall wurde die Tätigkeit sogar durch Mandatsbescheid (211.505/002-DSK/2004) der Datenschutzkommission verboten, ein bei der DSK äußerst ungewöhnlicher Vorgang. So wurde der "Internetplattform zum Selbstschutz für Gewerbetreibende" (http://www.gwinfo.at) das Führen einer Schwarzen Liste von Konsumenten verboten.
Richtungsweisender DSK-Bescheid K120.981/0002-DSK/2005
Betroffen von der DSK-Entscheidung ist der KSV von 1870, die Entscheidung gilt jedoch sinngemäß für alle Wirtschaftsauskunftsdienste.
Ausgangspunkt war die Weigerung eines Mobilfunkbetreibers "mangels Bonität" mit einem Interessenten einen Vertrag abzuschließen. Der Betroffene verlangte - unterstützt von der ARGE DATEN - von mehreren Stellen Auskunft über seine - angeblich - mangelhafte Bonität. Der nunmehr vorliegende DSK-Bescheid hält eindeutig fest, dass sowohl die gespeicherten Daten, aber auch deren Herkunft und an wen sie weitergegeben werden bekannt zu geben sind.
Gerade die Kenntnis der Empfänger von Wirtschaftsauskünften ist für Betroffene von großer Bedeutung um irreführende Daten richtig zu stellen und so wieder zu geordneten Geschäftsverhältnissen zu kommen.
Dazu führt die DSK aus: "Gerade Bonitätsinformationen über einen Unternehmer sind typischerweise für das Zustandekommen von Geschäftsabschlüssen entscheidend. Daher ist ein Interesse, die Empfänger dieser Auskünfte konkret benannt zu erhalten, um einerseits die Rechtmäßigkeit der Übermittlung an diese nachprüfen zu können, insbesonde aber ein entsprechendes Verhalten der Empfänger im Geschäftsverkehr vorhersehen zu können evident."
Bisher hatten die Wirtschaftsauskunftsdienste Angaben zu Herkunft und Weitergabe der Bonitätsdaten regelmäßig verweigert. Begründet wurde dies als "Datenschutz der Informanten", als "Schutz des eigenen Geschäftsgeheimnisses" oder zum "Schutz der überwiegenden Interessen der Empfänger". Wer also welche Informationen in welcher Form an wen liefert sollte geheim gehalten bleiben.
Die DSK hat diese behaupteten Geheimhaltungsinteressen als nicht ausreichend angesehen: "Worin die vom Beschwerdegegner [KSV1870, Anm.] Geheimhaltungsinteressen der Übermittlungsempfänger bestehen, hat er nicht dargelegt. Die Datenschutzkommission vermag solche in überwiegendem Ausmaß nicht zu erkennen."
Exekutionsrecht durch Betroffenen
Im konkreten Anlassfall wurden die Auskünfte letztlich vom KSV von 1870 erteilt. Sollte jedoch die Auskunft trotz Vorliegen eines DSK-Bescheides verweigert werden, dann kann der Betroffene die Auskunft auch exekutieren lassen. Im Fall eines anderen Wirtschaftsauskunftsdienstes wurde dies auch mit Hilfe der ARGE DATEN gemacht. Zuständig für derartige Exekutionen wären die Bezirkshauptmannschaften in denen der Wirtschaftsauskunftsdienst seinen Sitz hat, in Städten mit eigenem Statut, etwa Wien, das Magistrat.
Informationsrechte der Betroffenen
Rund 8-900.000 Österreicher sind in der einen oder anderen Wirtschaftsliste enthalten. Rund 30% der Daten sind entweder falsch, veraltet oder irreführend. Eintragungen erfolgen auf Grund bestimmter Vorkommnisse, etwa Zahlungsverzug, Kreditablehnung oder Kündigung eines Handy-Anschlusses. Die Eintragungen bleiben meist bestehen, auch wenn sie sich als falsch herausstellten oder mittlerweile veraltet sind.
Allen Menschen wird empfohlen regelmäßig, etwa alle 2-3 Jahre sicherheitshalber anzufragen, ob Einträge existieren. Diese Auskunft muss einmal jährlich kostenlos erteilt werden. Man muss sich nicht mit allgemeinen Angaben abspeisen lassen, insbesondere auf die Auskunft der Herkunft der Daten und an wen die Informationen weitergegeben wurden.
Im Falle von falschen oder veralteten Informationen besteht der Anspruch auf Löschung oder Korrektur. Diese sind innerhalb von acht Wochen durchzuführen.
Das Sammeln und Verbreiten von Wirtschaftsinformationen erfolgt meist in Form eines Informationsverbundsystems und ist daher meldepflichtig und unterliegt besonderen Aufsichtspflichten durch die Datenschutzkommission. Die Zahl der Meldungen ist jedoch relativ gering, sodass vermutet werden muss, dass eine Reihe von Anbietern von Wirtschaftsinformationen dies ohne zureichende Genehmigung tun.
Hilfestellung durch die ARGE DATEN
Breiten Raum nehmen bei der ARGE DATEN Beschwerden über falsche und irreführende Eintragungen in "Schwarzen Listen" und bei Wirtschaftsauskunftsdiensten ein. Etwa 10% aller in den letzten 5 Jahren bei der ARGE DATEN behandelten Fälle betreffen Wirtschaftsauskunftsdienste und deren Kunden.
Meist erfahren die Betroffenen von diesen Einträgen nur dann, wenn ihnen eine Lieferung von einem Versandhaus oder der Abschluss eines Handy-Vertrages verweigert wird. Aus "Bonitätsgründen" wie es meist kryptisch und unzureichend formuliert wird.
Für Auskunft und Richtigstellung-/Löschung hat daher die ARGE DATEN Musterbriefe vorbereitet. Die Anträge kann jeder selbst einbringen. Sind die Auskünfte ungenügend, dann kann auch eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission erhoben werden. Für Mitglieder der ARGE DATEN besteht die Möglichkeit sich im Rahmen des bestehenden Rechtsschutzes vertreten zu lassen.
mehr --> Auskunfts- und Inkassodienste, bei denen Auskünfte eingeholt werden sollten
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