2002/07/03 printy.kids - Reaktionen - BM Gehrer spielt auf 'beleidigt'
Die am 25.6.2002 verschickte Aussendung an Journalisten und Bezieher des 'PRIVACY PREMIUM' - Dienstes verursachte erhebliche Aufregungen.
Mit der Feststellung, daß die gesamte Datenverwendung rechtlich nicht abgedeckt ist (fehlende DVR-Registrierung und damit fehlende Legitimität den Kindern Fingerprints abzunehmen) wurde voll ins Schwarze getroffen.
Am nächten Tag machte der Elternverein der Schule eine Meldung beim Datenverarbeitungsregister. Eine Panikreaktion, die jedoch an der Sache vorbei geht (siehe PRAXIS-Beitrag: Rechtmäßigkeit einer Datenverwendung / Wer registriert?).
Auch die Schutzbehauptung des Direktors, Kinder die keinen Fingerprint abgeben wollen, können eine Chipkarte einsetzen, geht an der Sache vorbei. Kritisiert wurde von der ARGE DATEN nicht bloß die Abnahme eines Fingerabdrucks, sondern die Tatsache, daß damit eine detaillierte Zuordnung möglich ist, welches Kind wann welches Essen konsumierte. Ein Einblick in die Privatsphäre, den kein Arbeitnehmer akzeptieren würde. Der Ersatz des Fingerprints durch die Chipkarte reduziert nicht den Eingriff, sondern macht ihn bloß präziser (siehe unten).
Sowohl Datenschutzkommission, als auch der Stadtschulrat für Wien starteten mit der Prüfung der Angelegenheit. Betroffene Reaktion der Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl: 'Also ich möchte klar dazu sagen: Wenn ich Direktorin wäre, würde es die Sache nicht geben.'
Journalisten, die das System vor Ort testeten erlebten auch noch ihre technische Überraschung. Offenbar ist die verwendete Überwachungssoftware so 'weich' eingestellt, daß es nicht registrierten Personen mühelos gelingt, auch ein Mittagessen abzubuchen. Wem diese Fehlbuchungen zugeschrieben werden, ist nicht bekannt.
Hans G. Zeger: 'Das Phänomen ist nicht überraschend. Tatsächlich bringen die meisten Biometrieanbieter falsche und irreführende Argumente bezüglich der Funktionstüchtigkeit ihrer Systeme. Bei biometrischen Verfahren werden nicht Fingerabdrücke, Irisabbildungen oder Gesichter verglichen, sondern sogenannte digitale Hash-Werte des Fingerprints, der Iris oder des Gesichts. Wird das System sehr genau eingestellt, d.h. werden viele hundert Merkmale ermittelt und verglichen, führen leichte biometrische Änderungen, wie schmutzige Finger, Wachstumsveränderungen oder auch größere Temperaturschwankungen dazu, daß ein erfaßter Fingerabdruck nicht wiedererkannt wird. Wird das System eher großzügig eingestellt (wenige Prüfpunkte) oder handelt es sich insgesamt um ein Billig-System, dann wird allzu leicht ein nicht registrierter Fingerabdruck mit einem registrierten verwechselt.'
Bloß Frau Bundesminister Gehrer reagierte unsachlich und beleidigt. Unserem dringenden Wunsch, bekannt zu geben, in wieviel Schulen derartige Überwachungssysteme betrieben werden, wurde ignoriert. Stattdessen erhielten wir einen Brief, den wir auszugsweise wiedergeben: 'Wie Ihnen inzwischen bekannt ist, prüft der Stadtschulrat die rechtlichen Aspekte. Im Übrigen ist die Datenschutzkommission informiert. Es bleibt daher nur noch die Frage offen, wer Ihnen das Recht gibt, in dieser Angelegenheit und in diesem Ton einer Bundesministerin ein 'Ultimatum' zu stellen.'
Viel können wir diesen Ausführungen nicht hinzufügen, vielleicht nur eines, Frau Bundesminister. In Österreich herrscht Meinungs- und Informationsfreiheit, es gibt kein Amt mehr, bei dem man sich Öffentlichkeitsarbeit genehmigen lassen muss. Zensurmaßnahmen sind schon seit längerem abgeschafft. Und das Auskunftspflichtgesetz verpflichtet auch Bundesminister unverzüglich und sachgerecht zu antworten.
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