1996/08/26 Psychotests in Schulen verletzen den Datenschutz
Unzulässige Erhebungen zum psychologischen und sozialen Umfeld der Schüler - Richtungweisende Entscheidung der Datenschutzkommission - Zustimmung der Erziehungsberechtigten ist erforderlich
Psychotests an Schulen
Laufend werden in Österreichs Schulen Erhebungen bei Schülern durchgeführt. Erfragt wird neben dem Freizeitverhalten der Kinder auch deren Drogen- und Medikamentenkonsum, der Alkoholkonsum und der Lebenswandel der Eltern. Aber auch die Leistungsfähigkeit des Kindes wird mit zusätzlichen Psychotests erhoben.
Die Gründe für derartige eifrige Datensammlungen sind zusätzliche Neugierde von Lehrern, vom Landes- bzw. Stadtschulrat oder von Diplomanden der verschiedensten sozialwissenschaftlichen Studienrichtungen.
In der Regel werden die Fragebögen von den Klassenlehrern verteilt. Verbunden mit der direkten Aufforderung, die Zettel am nächsten Tag ausgefüllt zu retournieren. Bei Eltern und Schülern wird der Eindruck erweckt, die Erhebung sei verpflichtend.
In einem besonders krassen Fall hatte der Vorarlberger Landesschulrat eine sogenannte "Nahtstellenuntersuchung" von Volksschulabsolventen in der ersten Hauptschulstufe angeordnet. Begründung der mehrstündigen Testtortur: "Man habe wissen wollen, ob die Schüler auch tatsächlich leistungsmäßig für die Hauptschule reif sind." (!!) Ein simpler Blick ins Schulzeugnis hätte dafür ausgereicht. Oder mißtraut der Landesschulrat der Urteilskraft der eigenen Lehrer?
Richtungweisende Entscheidung der Datenschutzkommission
Weder Eltern noch Schüler hatten die Möglichkeit, die Zwangserhebung persönlicher Daten zu verweigern. Es folgte daher mit Unterstützung der ARGE DATEN eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission. Dieser Beschwerde wurde unter der Zahl DSK 120.469 inhaltlich vollständig recht gegeben: "Der Landesschulrat für Vorarlberg hat mit der Durchführung des Projektes 'Orientierungsstudie zur Nahtstelle zwischen Volksschule und Hauptschule bzw. Allgemeinbildende Höhere Schule' die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Datenschutz gemäß Par. 1 DSG verletzt." (Zitat aus dem Bescheid der DSK)
Die ARGE DATEN warnt vor zwangsweisen Psychotests
Dr. Hans G. Zeger: "Wir machen schon seit vielen Jahren Schüler, Eltern, Lehrer und die Beamten der Schulverwaltung darauf aufmerksam, soziale und psychologische Tests und Erhebungen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen durchzuführen. Um zu verhindern, daß das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Lehrern und Schülern unterschwellig für einen 'freiwilligen Zwang' ausgenutzt wird, sollten alle derartigen Erhebungen grundsätzlich außerhalb der Schulen und ohne direkte Einbeziehung der Klassenlehrer erfolgen. Wir raten Erziehungsberechtigten, nur dann zuzustimmen, wenn die Erhebung einen für sie selbst klar erkennbaren Nutzen hat."
|