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2009/02/04 Steuerreformgesetz 2009 - mehr Kontrolle von Hilfsorganisationen und Bürgern
Steuerreformgesetz 2009 bringt mehr Überwachung von Bürgern und Hilfsorganisationen - Erfassung der Sozialversicherungsnummer bei spendenwilligen Bürgern ist unnötige bürokratische Schikane - SV-Nummer wird zum allgemeinen Personenkennzeichen - immer mehr Datenbestände werden miteinander vernetzt - Lösung sachlich unbegründet und gleichheitswidrig - bedenkliche Folgewirkung für Wirtschaft absehbar

Mit dem Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009) soll die Steuerabsetzbarkeit von Spenden geregelt werden. Im Vorfeld sorgte bei NGOs die selektive Auswahl steuerlich begünstigter Spendenempfänger für heftige Debatten. Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die vorgesehene Regelung der Steuerbegünstigung von Spenden überaus bedenklich.

Bedenkliche Erfassung der Sozialversicherungsnummer

Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Geldzuwendungen an begünstigte Körperschaften ist, dass der Spender der begünstigten Organisation seine Versicherungsnummer bzw. seine persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte bekannt gibt. Die Organisation hat der Abgabenbehörde bis zum 28. Februar des Folgejahres die Höhe der geleisteten Spende und die Versicherungsnummer des Spenders zu übermitteln.

Eine überaus komplizierte, bürokratische Abwicklungsform, bei der der Spender seine Sozialversicherungsnummer an eine private Organisation übermitteln muss. Offizielle Gründe für dieses Vorgehen werden in den Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf nicht genannt. Dort wird lediglich für 2009 eine Ausnahme festgehalten. Da für 2009 eine automationsunterstützte Übermittlung noch nicht realisierbar erscheint, es für dieses Jahr ausreicht, wenn der oder die Steuerpflichtige die Spende auf Verlangen der Abgabenbehörde belegmäßig nachweist. Eine einfache Lösung, die natürlich auch für alle Folgejahre praktikabel wäre.


Gleichheits- und damit verfassungswidrige Lösung

Wenn der Hintergrund sein sollte, dass Missbrauch vorgebeugt werden soll, muss sich der Gesetzgeber vorhalten lassen, warum dann ein Nachweis mit Belegen in anderen Bereichen ausreichend ist.

Konsequent betrachtet, dürfte der Gesetzgeber überhaupt nur mehr Abzugsposten akzeptieren, wenn der Steuerpflichtige zuvor seine Sozialversicherungsnummer bei jeder steuerlich absetzbaren Zahlung, etwa Bücher, Computer, Büromittel, Fahrtkosten und sonstige für den beruflichen Erwerb notwendige Ausgaben seine Sozialversicherungsnummer übermittelt und der Leistungserbringer zu Jahresende die Daten an das Finanzamt schickt. Man kann sich vorstellen, wie die Wirtschaftskammer - völlig zu Recht - protestieren würde, wenn man ihren Mitgliedern derartige Aufgaben bloß für die Verwaltung von steuerlichen Abzugsposten aufzwingen würde.

Eine Lösung, die ohne driftigen Grund verschiedene Einrichtungen unterschiedlich behandelt und belastet, ist nach der österreichischen Verfassung gleichheitswidrig. Einem derartigen Gesetz ist wohl kein langes Leben sicher.

Letztendlich bedeutet die angestrebte Lösung eine Zumutung sowohl für den Spender als auch für den Spendenempfänger. Der Spender muss seine Sozialversicherungsnummer an eine Privatorganisation übermitteln, die mit den Aufgaben der Sozialversicherung nichts zu tun hat.


Sozialversicherungsnummer Teil der sensiblen Daten

Die Tatsache, dass die Sozialversicherungsnummer in den vergangenen Jahren durch verschiedene Anordnungen von einem rein zur administrativen Abwicklung von Versicherungsangelegenheiten gedachten Ordnungsbegriff zu einem "generellen Personenkennzeichen" wurde, wurde durch die ARGE DATEN stets kritisiert, etwa im Bereich der Bildungsdokumentation.

Gesetzliche Grundlage der Sozialversicherungsnummer ist § 31 Abs 4 Z 1 ASVG, nach dem der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Verwaltung der Sozialversicherungsdaten einen Ordnungsbegriff zu vergeben hat, unter welchem Anwartschaften, Versicherungszeiten, Leistungsdaten und alle anderen einschlägigen Angaben der Sozialversicherung aufgefunden werden können.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Sozialversicherungsnummer damit als personenbezogenes Datum schutzwürdig, sowohl als Gesamtdatum als auch hinsichtlich ihrer einzelnen Bestandteile.

Die Sozialversicherungsnummer ist zwar kein Beleg dafür, dass jemand sozialversichert ist, sie belegt aber, dass die österreichische Sozialversicherung sensible Daten zu einer Person verwalten kann. Damit kann die Sozialversicherungsnummer selbst – ohne Hinzufügung weiterer Versicherungsdaten - ein sensibles Datum im Sinne des § 4 Z 2 DSG 2000 darstellen.

§ 31 Abs 4 Z 1 ASVG und § 159b B-KUVG geben den Zweck der Sozialversicherungsnummer, nämlich die Verwaltung personenbezogener Daten für Zwecke der Sozialversicherung, klar vor. Aus dieser gesetzlichen Zweckvorgabe ist abzuleiten, dass jede rechtmäßige Verwendung dieser Nummer für andere Zwecke schon grundsätzlich auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhen muss. Ohne spezialgesetzliche Anordnung dürfen daher Sozialversicherungsnummern lediglich für Zwecke der Administration von Sozialversicherungsangelegenheiten verwendet werden. Jede andere Auslegung würde den in § 4 Z 12 sowie § 6 Abs. 1 Z 2 und 3 DSG 2000 zum Ausdruck kommenden Zweckbindungsgrundsatz unterlaufen (dazu DSK K120.941/0012-DSK/2004 vom 2.11.2004).


Gesetzesvorschlag widerspricht Datenschutzrecht

Aus der Tatsache, dass man die Sozialversicherungsnummer an sich als sensibles Datum einstufen muss, folgt aber, dass auch die inflationäre Verwendung der Sozialversicherungsnummer für der Sozialversicherung fremde Zwecke als allgemeines "Personenidentifikationsmerkmal" nicht zulässig sein kann, da gemäß § 9 Abs 1 Z 3 DSG 2000 die Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung aus gesetzlichen Vorschriften der Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses dienen muss.

Gerade die Verwendung im Sinne eines wichtigen öffentlichen Interesses ist bei der Überwachung von Spendenwilligen nicht gegeben. Der Gesetzgeber räumt dies auch im Rahmen der Erläuternden Bemerkungen implizit ein, indem festgehalten wird, dass es für das Jahr 2009 ausreicht, wenn der oder die Steuerpflichtige die Spende auf Verlangen der Abgabenbehörde belegmäßig nachweist.

Es ist nicht einsichtig, warum sich die Finanzverwaltung für das Jahr 2009 mit diesem belegmäßigen Nachweis begnügt, in den Folgejahren allerdings eine Administration über Ermittlung und Übermittlung der Sozialversicherungsnummern anstrebt. Der Nachweis mit glaubwürdigen Belegen war bisher bei der Geltendmachung von Abzugsposten allgemein akzeptiert und ausreichend. Es ist nicht erkennbar, warum dies für die steuerliche Begünstigung von getätigten Spenden nicht ausreichend sein soll.


Durchführbarkeit und praktische Abwicklung fraglich

Zu fragen ist auch nach der praktischen Abwicklung. In der Regel erfolgen Spenden mittels Banküberweisung, der Spender wird zusätzlich zum Verwendungszweck seine Sozialversicherungsnummer bekannt geben müssen, um einen Steuerabzug erwirken zu können. Von der Tatsache abgesehen, dass damit auch noch die Bank die Sozialversicherungsnummer erhält, kann eine zuverlässige Übermittlung aller Verwendungsdaten durch die Banken nicht garantiert werden. Der Spendenempfänger müsste ein Bestätigungsschreiben mit der SV-Nummer versenden, das der Spender prüft, gegebenenfalls korrigiert usw.

Der Spendenempfänger wird durch die Erfassung und Übermittlung der Sozialversicherungsnummern mit einer unsinnigen Zusatzaufgabe belastet. Gerade Non-Profit-Organisationen agieren oft finanziell und personell am Limit und werden keine Kapazitäten haben die Sozialversicherungsdaten zu verwalten.


Zusätzliche Missbrauchsgefahren

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass diese zwangsweise Übermittlung von Sozialversicherungsnummern an private Rechtsträger eine erhebliche Missbrauchsgefahr mit sich bringt. Die Sozialversicherungsnummer ist ein Schlüssel zu vielen weiteren Informationen und daher sehr begehrt.

Schon heute ist es relativ einfach telefonische Auskünfte in Krankenhäusern zu bekommen, wenn man die Sozialversicherungsnummer und einige persönliche Angaben zu einer Person hat. Gerade bei der Vielzahl ehrenamtlicher Mitarbeiter besteht eine große Gefahr, dass in Zukunft Sozialversicherungsdaten von Spendern in öffentlichen bzw. halböffentlichen Dateien auftauchen und weiterverbreitet werden.


Die wichtigsten Kritikpunkte zusammen gefasst

-) Gesetzwidrige Verwendung der Sozialversicherungsnummer für nicht der Sozialversicherung dienende Aufgaben als allgemeines Personenkennzeichen

-) Ungleichbehandlung von Spenden und sonstigen Ausgaben bzw. Spendenempfängern bzw. sonstigen Geldmittelempfängern

-) Unnötige bürokratische Belastung sowohl für Spender als auch Spendenempfänger

-) Gefahr des Missbrauchs durch unkontrollierte Verbreitung von Sozialversicherungsdaten an private –Rechtsträger

Die Regelung zielt offenbar darauf, Bürger die auf ihre Grundrechte Wert legen von der Abgabe der Sozialversicherungsnummer abzuhalten und auf eine Steuerbegünstigung ihrer Spenden zu verzichten.


Erfassung der Sozialversicherungsnummer ersatzlos streichen

Auf Grund der angeführten Erwägungen, insbesondere wegen Gleichheitswidrigkeit der Bestimmung wird dringend angeraten, Übermittlung und Erfassung der Sozialversicherungsnummer ersatzlos zustreichen.


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