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2007/11/02 Kein Datenschutz im Bereich der Gesetzgebung?
Eine aktuelle Entscheidung der DSK (K 121.289/0006-DSK/2007) weist wieder einmal darauf hin, dass der Anwendungsbereich des DSG 2000 durchaus lückenhaft ist. Während gem. § 32 Abs. 1 DSG 2000 bei privatrechtlich organisierten Trägern im Falle von datenschutzrechtlichen Ansprüchen der zivilgerichtliche Weg einzuschlagen ist, ist für öffentlich organisierte Rechtsträger die Datenschutzkommission zuständig. Ausnahme: Akte der Rechtsprechung und Gesetzgebung. Ein kurzer Überblick zu dieser Problematik.

Der Anlassfall

Anlassfall für die bei der Datenschutzkommission eingebrachte Beschwerde war eine von mehreren Abgeordneten zum Nationalrat gestellte parlamentarische Anfrage an die Bundesministerin für Justiz. Diese parlamentarische Anfrage enthielt - unter anderem- personenbezogene Daten des Beschwerdeführers, deren Herkunft jedenfalls für den Betroffenen nicht geklärt war. Aufgrund des Textes der parlamentarischen Anfrage erlangte der Betroffene Kenntnis von diesem Tatbestand und wollte dieser sein Auskunftsrecht gegenüber einem der parlamentarischen Abgeordneten, welche die Anfrage eingebracht hatten, geltend machen. Auf ein entsprechendes Auskunftsbegehren erhielt der Betroffene lediglich die Antwort, der Abgeordnete "kenne den Betroffenen nicht, verarbeite daher auch keine personenbezogenen Daten über diesen." Der Betroffene gab sich mit dieser Beantwortung nicht zufrieden und erhob Beschwerde an die Datenschutzkommission.

Entscheidung

Die Datenschutzkommission erklärte sich in einer entsprechenden Entscheidung für unzuständig und wies die Beschwerde zurück. Als Begründung dafür wurde angeführt, dass gem. § 31 Abs. 1 DSG 2000 (formals § 1 Abs. 5 DSG) die Datenschutzkommission nicht für Kontrolle von Akten der Gesetzgebung zuständig sei. Bei parlamentarischen Anfragen handle es sich zwar um eine Form der "Mitwirkung an der Vollziehung" nach Art. 50 bis 55 B-VG, dies sei allerdings als Teil der Gesetzgebung zu qualifizieren.

Gesetzgebung oder Vollziehung?

§ 31 Abs. 1 DSG 2000 (formals § 1 Abs. 5 DSG) nimmt "Akte der Gesetzgebung" von der Kontrolle durch die Datenschutzkommission aus. Unter dem Titel "Mitwirkung an der Vollziehung" regeln die Art. 50-55 des Bundesverfassungsgesetzes verschiedene "Akte der Mitwirkung an der Vollziehung durch Nationalrat und Bundesrat". Unter diese Regelungen fallen etwa die Mitwirkung am Abschluss von Staatsverträgen, die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen sowie auch die allgemeine Kontrolle der Vollziehung, etwa durch parlamentarische Anfragen. Bei parlamentarischen Anfragen durch Nationalratsabgeordnete handelt es sich somit jedenfalls nicht um "Akte der Gesetzgebung" im engeren Sinne.

Sinn der Ausnahme der Gesetzgebung

Hintergrund für die gesetzliche Regelung des § 31 Abs. 1 sind verfassungsrechtliche Gründe. Die Datenschutzkommission ist als weisungsfreie Verwaltungsbehörde eingerichtet worden. In Art. 94 des Bundesverfassungsgesetzes ist der Grundsatz der Gewaltentrennung festgelegt. Die Überprüfung von gerichtlichen Entscheidungen sowie von Tätigkeiten von Organen der Gesetzgebung durch die Datenschutzkommission - somit durch eine Verwaltungsbehörde- würde dem Grundsatz der Gewaltentrennung widersprechen. In einem Erkenntnis aus dem Jahre 1998 (VfgH B 2687/95, 12.3.1998) wurde durch den Verfassungsgerichtshof beispielsweise auch der österreichische Rechnungshof, sofern er als Prüfungsorgan für gesetzgebende Körperschaften- etwa Landtage- tätig wird, der Gesetzgebung im funktionellen sowie organisatorischen Sinne zugeordnet und damit der Prüfungskompetenz der Datenschutzkommission entzogen. In Bezug auf die Auslegung der Kompetenzen der Datenschutzkommission vertritt die Rechtsprechung in dieser Hinsicht somit eine restriktive Auffassung: Ausgenommen von der Überprüfung durch die DSK sind somit nicht nur Akte der Gesetzgebung oder der Rechtsprechung an sich sondern sämtliche Handlungen, welche durch Organe der Rechtsprechung oder der Gesetzgebung gesetzt werden. Dazu passend ist auch die Entscheidung  2006/06/0283 des Verwaltungsgerichtshofs, welche die Anonymisierung von Daten im Rechtsinformationssystem des Bundes der Gerichtsbarkeit zuordnet und damit dem Bereich der Datenschutzkommission entzieht.

Resumee

Die Problematik besteht nicht grundsätzlich darin, dass Legislative und Judikative der Überprüfung durch die DSK entzogen sind. Bezüglich der Gerichtsbarkeit gibt es eigene Verfahrensvorschriften, wie mit Datenschutzfragen umzugehen ist, diese finden sich in § 85 Gerichtsorganisationsgesetz. Problematisch ist allerdings, dass es für Betroffene keinerlei Möglichkeit gibt, gegen Verletzungen von Datenschutzrechten durch Organe der Gesetzgebung vorzugehen. Der Überprüfung durch die DSK sind diese Organe - wie beschrieben- entzogen, es gibt allerdings auch keine eigenständigen Regelungen, die es Bürgern ermöglichen, sich dagegen zu wehren, dass Organe der Gesetzgebung in ihre Datenschutzrechte eingreifen. Dies ist insoferne problematisch, als natürlich das Grundrecht auf Datenschutz auch gegenüber Organen der Gesetzgebung gilt, es aber keine effektiven Möglichkeiten zur Geltendmachung gibt.




mehr --> Bescheid K121.268/0007-DSK/2007.pdf

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