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2010/04/03 Republik und OGH erteilen Absage an Begehrlichkeiten nach Firmenbuchdaten
MMag. Michael Krenn
Über Erfolge im Streit mit verschiedenen Kreditauskunfteien und Wirtschaftsauskunftsdiensten hinsichtlich der Löschungsansprüche Betroffener hat die ARGE DATEN umfangreich berichtet. Ein neues Erkenntnis des OGH (4Ob35/09i) erteilt der Sammelwut derartiger Unternehmungen auch auf anderer Ebene eine Absage.

Sonderbehandlung bei Firmenbuchzugriff?

Die Klägerin betreibt eine elektronische Handelsregisterdatenbank. Diese elektronische Wirtschaftsdatenbank enthält unter anderem jene Informationen, welche aus dem offiziellen Firmenbuch der Republik Österreich ersehen werden können. Die elektronische Umsetzung der privaten Wirtschaftsdatenbank erfolgte noch vor der Umstellung des öffentlichen Handelsregisters auf das automationsunterstützt geführte Firmenbuch.

2006 beantragte die Klägerin bei der Republik Österreich tagesaktuelle Dokumente, beinhaltend die gesamten Firmenbuchauszüge jener Firmen, bei denen sich am Tag vor der Zurverfügungstellung im Firmenbuch der Republik Österreich Eintragungen oder Löschungen ereignet hatten, gegen Entgelt. Die Bereitstellung sollte in elektronischer Form mittels Filetransfer erfolgen. Die Republik lehnte diesen Antrag ab.

Firmenbuch: Geschützte Datenbank oder Reservoir für Auskunftsdienste?

Unter Berufung auf das sogenannte Informationsweiterverwendungsgesetz erhob das Unternehmen Klage gegen die Republik. Diese sei verpflichtet, die benötigten Aktualisierungsdaten zur Verfügung zu stellen und verlange dafür von der Klägerin bislang einen völlig überhöhten Preis. Die in § 4 Abs 1 der Firmenbuchdatenbankverordnung enthaltene Bestimmung, die Firmenbuchdatenbank sei eine geschützte Datenbank im Sinne des § 76c des UrhG, sei verfassungswidrig. Die Republik Österreich besitze kein Schutzrecht an der Firmenbuchdatenbank. Die laut Firmenbuchdatenbankverordnung verrechneten Gebühren seien unangemessen hoch und entsprächen nicht den Vorschriften des Informationsweiterverwendungsgesetzes.

Die Republik beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Informationsweiterverwendungsgesetz  sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, weil § 4 Abs 1 Firmenbuchdatenbankverordnung festlege, dass die Firmenbuchdatenbank eine geschützte Datenbank sei. § 4 Abs 2 Firmenbuchdatenbankverordnung bestimme, dass die Befugnis zur Firmenbuchabfrage über die Abfrage hinaus nicht zu Verwertungshandlungen berechtige, die dem Bund als Datenbankhersteller vorbehalten seien. Damit sei klargestellt, dass die Beklagte Firmenbuchdaten zur Weiterverwendung nicht bereitgestellt habe und Verwertungshandlungen im Sinne der §§ 76c ff UrhG unzulässig seien. Zudem fehle es der Klägerin an einem rechtlichen Interesse, weil der Klägerin die Firmenbuchdaten ohnehin bereits zugänglich seien und sie diese auch tatsächlich beziehe.

Das Höchstgericht kommt in seinem Erkenntnis- wie schon die Vorinstanzen- zu dem Schluss, dass der Anspruch der Klägerin auf Zugang zu Dokumenten aus dem amtlichen Firmenbuch zur weiteren kommerziellen Verwendung nicht besteht. Dem Nutzer des Firmenbuchs ist nach § 4 Abs 2 Firmenbuchdatenbankverordnung jegliche Verwertungshandlung, die dem Bund als Datenbankhersteller nach den Bestimmungen der § 76c ff UrhG vorbehalten ist, verboten.

Firmenbuchdaten nicht zur kommerziellen Weiterverwendung vorgesehen

§ 4 der Firmenbuchdatenbankverordnung spricht an sich eine klare Sprache: Die Firmenbuchdatenbank ist eine geschützte Datenbank im Sinn des § 76c des Urheberrechtsgesetzes. Inhaber des Schutzrechts an dieser Datenbank im Sinn des § 76d des Urheberrechtsgesetzes ist der Bund.

Die Befugnis zur Firmenbuchabfrage berechtigt über die Abfrage hinaus nicht zu Verwertungshandlungen, die dem Bund als Datenbankhersteller nach den Bestimmungen der §§ 76c ff des Urheberrechtsgesetzes vorbehalten sind. Dazu gehört das ausschließliche Recht, die ganze Datenbank oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil derselben zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich wiederzugeben und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Dies war auch bereits Tenor der OGH-Entscheidung 4 Ob 11/07g. Damals hielt das Höchstgericht fest, dass der Investitionsaufwand der Republik im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Datenbank Firmenbuch als wesentliche Investition zu beurteilen ist und daher das Firmenbuch unter das besondere Schutzrecht für Datenbanken nach § 76d UrhG fällt, in das durch den unautorisierten Bezug von Aktualisierungsdaten eingegriffen wird.

Folgen für Betroffene

Abermals wurde festgehalten, dass der Republik ein exklusives Schutzrecht an den Daten des Firmenbuchs zukommt, hat nicht nur Folgen für die Republik, sondern auch für Betroffene. Ein Wirtschaftsauskunftsunternehmen, welches Firmenbuchdaten ohne Ermächtigung der Republik Österreich verbreitet, greift nicht nur in deren Schutzrechte ein, sondern bezieht personenbezogene Daten aus einer rechtswidrigen Herkunftsquelle, was einen Löschungsanspruch des Betroffenen gem. § 27 DSG 2000 nach sich zieht.

Festzuhalten ist, dass nach den jüngsten OGH-Erkenntnissen die juristische Luft für Auskunfteien in Österreich dünner wird. Für Betroffene, die sich in Datenschutzrechten verletzt sehen, stellt die Entscheidung abermals einen Fortschritt dar.

Hinweis des KSV von 1870

Der KSV von 1870 legt Wert auf folgende Richtigstellung: KSV äußerte keine Begehrlichkeiten nach Firmenbuchdaten und erlitt daher dabei auch keine höchstgerichtliche Absage!

Leider wurde eine erste Version des obigen Artikels Online gestellt, in dem irrtümlicherweise eine KSV-Tochter als Klägerin genannt wurde. Dies erfolgte auf Grund einer fehlerhaften Information zum Klagebegehren. Tatsache ist jedoch, dass weder der Kreditschutzverband von 1870 bzw. eine seiner Tochterunternehmen in diese Klage involviert waren und daher auch keine Sonderbehandlung hinsichtlich des Bezugs
von Firmenbuchdaten über die Republik Österreich verlangten bzw. eine
höchstgerichtliche Abfuhr erlitten haben. Nachdem die ARGE DATEN auf den Fehler aufmerksam gemacht wurde, wurde er selbstverständlich unverzüglich korrigiert. Die ARGE DATEN nimmt alle in diesem Artikel enthaltenen Bezugnahmen auf den Kreditschutzverband von 1870 (KSV) oder dessen Tochtergesellschaften mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.

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