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OGH-Entscheidung gegen Telefonmarketingunternehmungen
MMag. Michael Krenn
Eine neue Entscheidung des OGH (3Ob11/12g) bringt erfreuliches für Empfänger rechtswidriger Telefonmarketinganrufe. Auch bei Verwendung erworbener Kontaktdaten ist die Einwilligung des Betroffenen im Einzelfall zu prüfen

Eine im telefonischen Fernmarketing tätiges Unternehmen hatte trotz erfolgter Verurteilung seine rechtswidrige Praxis telefonischer Direktmarketinganrufe fortgesetzt. Nach Erhalt einer Beugestrafe argumentierte das Unternehmen vor Gericht, man habe sich auf die Einholung der Zustimmungserklärungen durch die Partnerfirma von der die Daten stammten, verlassen. Der OGH erteilte dieser Argumentation eine klare Absage.

Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtung- Ankauf von Gewinnspieldaten

Das Fernmarketing-Unternehmen hatte sich bereits verpflichtet, Verbraucher die keine ausdrückliche Einwilligung dazu gegeben hatten, nicht mehr zu Werbezwecken anzurufen. Trotz dieser gerichtlich auferlegten Verpflichtung kam es nachfolgend abermals zu Telefonkontakt, worauf der betroffene Verbraucher bei Gericht die Exekution der Unterlassungsverpflichtung durch Verhängung einer Geldbuße gegen die Unternehmung beantragte. Diese ging ihrerseits mit einer Klage gegen die Exekutionsbewilligung vor.

Das zitierte Unternehmen hatte die Kontaktdaten für das Telefonmarketing entgeltlich von einem Schweizer Adresshändler bezogen. Die Daten waren über Gewinnspiele lukriert worden, bei denen die Teilnehmer gewisse Erklärungen über die Weiterverwendung ihrer Daten abgaben. Der Übersendung der betreffenden Kontaktdaten lag eine Onlineregistrierung auf der Website für das Gewinnspiel zugrunde. Im Zuge der Registrierung mussten die AGB bestätigt werden, die unter anderem die Erklärung beinhalteten, dass der Anmeldende damit einverstanden sei, dass der Betreiber der Website sowie dessen Partnerunternehmen (ua die klagende Partei), die persönlichen Daten zur personalisierten und individualisierten Versendung von Werbe-E-Mails und zu Telefonmarketingzwecken verwenden. Außerdem hatte sich der betreffende Anmelder damit einverstanden erklärt, dass die Daten gespeichert und verarbeitet werden sowie an Partnerunternehmen weitergegeben werden dürfen. Der Schweizer Adresshändler hatte die Daten daraufhin als "Opt-in" betreffend Telefonmarketing angeboten.
Eine Überprüfung ob diese „Opt-in“-Erklärungen des Schweizer Unternehmens § 107 TKG genügen würden, konnte dem Gericht jedoch nicht vorgelegt werden.


Wer trägt Beweislast für Verstoß?

Das Erstgericht teilte die Auffassung des Direktmarketing-Unternehmens. Hinsichtlich der „Opt-in“-Erklärungen sei davon auszugehen, dass die in den AGB enthaltene Regelung eine ausreichende Grundlage bilde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die zwei betroffenen Personen ihre Registrierungen tatsächlich nicht getätigt hätten. Dies wäre jedoch von den Verbrauchern zu beweisen gewesen, da es Sache des Exekutierenden sei, die Zuwiderhandlung zu beweisen. Da es nicht gelungen sei, die behaupteten Verstöße zur mangelnden Einwilligung unter Beweis zu stellen, sei die Exekution für unzulässig zu erklären gewesen. Das Rechtsmittelgericht gab der Berufung Folge. Die Unternehmung habe sich mit Vergleich verpflichtet, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Verbraucher zu Werbezwecken telefonisch anzurufen, ohne dazu zuvor deren ausdrückliche Einwilligung zu Werbeanrufen eingeholt zu haben, insbesondere, um sie zum Abschluss eines Vertrags über Telefondienstleistungen zu animieren.

Es sei zwar grundsätzlich Sache der exekutierenden Partei, das im Exekutionsantrag behauptete Zuwiderhandeln zu beweisen, im konkreten Fall sei aber davon auszugehen, dass die sogenannte „Telefonwerbung“ als Beispiel für ein unerwünschtes Eindringen in die Privatsphäre der Umworbenen grundsätzlich unzulässig sei. Wer im geschäftlichen Verkehr „Telefonwerbung“ betreibe, dem obliege daher auch der Beweis, dass die dafür erforderliche vorherige Einwilligung der angerufenen Personen vorliege. Ein Negativbeweis widerspräche auch allgemeinen Beweisgrundsätzen, wobei damit eine Durchsetzung des grundsätzlichen Verbots von Telefonwerbung im Einzelfall immer wieder an Beweisschwierigkeiten scheitern würde. Dies gelte gerade für die Fälle einer angeblichen Zustimmung durch Teilnehmer bei vorangegangenen Gewinnspielen, die zeitlich bereits länger zurückliegen könnten und nicht immer einer verlässlichen Prüfung zugänglich seien.

Opt-in-Erklärungen unzureichend

Auch die vorgebrachten „Opt-in“-Erklärungen würden keine ausdrückliche Einwilligung zu den Werbeanrufen bei den betroffenen Personen beinhalten. Eine wirksame Einwilligung könne nur dann vorliegen, wenn der Betroffene wisse, von welchen Unternehmen er im Wege bestimmter angeführter Kommunikationsmittel Werbung zu erwarten habe und welche Produkte dabei beworben würden. Allein aus der Anführung der klagenden Partei als Partnerunternehmen könne der Betroffene noch nicht erschließen, welche Produkte die Werbung konkret betreffen werde. Damit sei von einem Titelverstoß der Unternehmung auszugehen, die den Nachweis ihres fehlenden Verschuldens nicht erbracht habe.

OGH teilt Meinung der Verbraucherseite

In letzter Instanz stützte der Oberste Gerichthof die Ansicht der Verbraucherseite.  Nach allgemeinen Regeln liege es an der verpflichteten Partei, die an sich gesetzlich verbotene Werbeanrufe tätigt, den Beweis zu führen, dass die erforderliche Einwilligung der Kunden und daher kein Verstoß vorliege. Diesen Beweis habe die verpflichtete Partei nicht erbracht. In Bezug auf die Zurechnung des Verhaltens Dritter ziehe die Rechtsprechung auch bei der Verletzung von Schutzpflichten die Grundsätze der Haftung für Erfüllungsgehilfen heran. Im vorliegenden Fall war das Auslagern der Einholung einer vorherigen Einwilligung durch den Zukauf des entsprechenden Adressenmaterials auf einen Dritten unzulässig.

Resumee

Die besprochene Entscheidung bringt für Verbraucher ein positives Resultat. Dem Versuch, das Verbot der Direktwerbung durch Handel mit Partnerunternehmen  zu umgehen, erteilt das Höchstgericht damit eine klare Absage. Weiters wird ausdrücklich festgehalten, dass die volle Beweislast für eine auch gültige Zustimmungserklärung berechtigterweise alleine die Unternehmerseite trifft. Wünschenswert wäre, dass derartige Praktiken künftig nicht nur auf zivilrechtlichem Wege, sondern auch durch Verhängung angemessener Verwaltungsstrafen verfolgt werden.


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