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2001/12/13 e-voting - Sackgasse im e-government?
Zwischen Wetterbericht und Seitenblicke per Mausclick oder Fernsteuerung noch schnell ein paar Abstimmungen. Klingt bequem. Klingt trendig.

Um e-voting richtig einschätzen zu können, rentiert es sich, den heutigen Wahlvorgang anzusehen. Die Stimmabgabe stellt bloß den Endpunkt eines gesellschaftspolitischen Prozesses der Kandidatenauslese, der Programmpräsentation und der Themenauswahl dar. Demokratische Abstimmungen sind nur möglich, wenn vorher in einem demokratischen Prozeß abstimmungsfähige Alternativen entwickelt werden. Die Stimmabgabe selbst ist wiederum ein gesellschaftlicher Event. Das Zusammenkommen, sei es in einer Wahlversammlung oder beim Wahllokal ermöglicht soziale Kontakte, Meinungsaustausch und ausloten von Stimmungen.

Die Abstimmung erfolgt geheim. Das Geheimhaltungsverfahren mit Wahlzelle, Wahlbeobachtern, verschlossenem Kuvert und Wahlurne ist unmittelbar einsichtig und schafft somit Vertrauen. Vertrauen, mich keinesfalls für eine Wahlentscheidung, unter welchen Umständen auch immer, rechtfertigen zu müssen.

e-voting Propagandisten spalten diesen sozialen Prozeß. Den Prozeß der Entwicklung von Abstimmalternativen blenden sie völlig aus, sie gehen davon aus, daß 'es jemanden gibt' der schon die richtigen Fragen stellen wird. Damit entlaven die e-votler ihr autoritäres Demokratieverständnis, das Wahl auf AUSwahl reduziert.

Bloß der Endpunkt der Wahl, die Stimmabgabe soll durch ein komplexes technisches Verfahren realisiert werden.

Dabei sind eine Fülle von Problemen zu lösen. Zuerst die Identifikation der Wahlberechtigen, bei gleichzeitigem Ausschluß aller nicht Berechtigten. Die Garantierung der Wahlmöglichkeit und das abgegebene Stimmen nicht durch technische Gebrechen verloren gehen. Die Abwehr von Cyber-Manipulationen und letztlich auch die Wahrung der Anonymität. Egal wie aufwändig das System gestaltet wird und selbst wenn alle Probleme 100% gelöst wäre, was nicht möglich ist, die Wahrung von Sicherheit und Anonymität ist nicht mehr unmittelbar einsichtig.

Staatsbürger, die bisher ihren eigenen Sinnen trauen konnten, müssen nun hoffen, daß anonyme Techniker nicht irgend einen Fehler machen, ihr Position mißbrauchen oder bestechlich sind und daher die Stimme in falsche Hände gerät. e-voting macht aus Vertrauen Ohnmacht.

Das Identifikationsproblem ist technisch lösbar, Vertrauen wird durch die technische Lösung zerstört.

Tatsächlich zeigt uns e-voting die Perspektivelosigkeit der derzeitigen e-government-Bemühungen. Statt die Telekom-Infrastruktur in bisherige soziale Prozesse zu integrieren, sollen diese zerstört werden um aus Staatbürgern isolierte User zu machen.

Wo wäre e-voting einsetzbar? Dort wo eine Entscheidung nur von geringfügiger langfristiger Auswirkung ist, wo meine Anonymität zwar nett aber nicht essentiell ist und wo es nicht allzuviel bedeutet, daß die eine oder andere Stimme falsch ankommt. Bei 'Wetten das ...', 'Millionenrad' und 'Vera extra'. Zur Unterhaltung also.

PS: Besonders neu ist e-voting nicht. Schon Dietmar Schönherr und Vivi Bach hatten in Ihrer seligen 'WünschDirWas-Sendung' eine simple Form des Televotings installiert. Durch kollektives Energieverbrauchen wurden die Sieger gekürt. Mit dem - allen technischen Abstimmungslösungen eigenen - Nebeneffekt, daß die Großhaushalte mit vielen Stromquellen mehr Gewicht hatten, als die energetischen Habenichts, die bloß das Fernsehgerät abschalten konnten. Gleiches gilt heute. Aus einer Wahl unter gleichberechtigten Bürgern wird eine Klassentrennung in Internet-User und Internet-Habenichtse. Gutes altes Klassenwahlrecht schau oba!

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