2005/04/28 22.400.295 Meldedatenabfragen im Jahr 2004
Jeder Österreicher im Schnitt dreimal aus zentraler Meldeevidenz (ZMR) abgefragt - Weiterhin großes Interesse durch private Unternehmen - Ziele der BMI-Business-Unit bei der Meldedatenvermarktung nicht erreicht - Meldesperre vom BMI extrem restriktiv gehandhabt
Starkes Interesse an Meldedaten
Auch 2004 herrschte in Österreich rege Nachfrage nach Meldedaten. Mit mehr als 21 Millionen Behördenabfragen und fast einer Million Abfragen durch private Interessenten wurden im Schnitt von jedem Österreicher dreimal die Meldedaten erhoben. Gegenüber 2002 explodierte die Zahl der Abfragen geradezu, damals lag die Gesamtzahl bei rund 13 Millionen Abfragen.
Eine erstaunlich hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Übersiedlungen, Wechsel des Arbeitsplatzes oder Änderungen im Familienstand, typische Anlässe zu einer Meldedatenabfrage, weit von diesem Wert entfernt sind und diese Anlässe gerade 10% der behördlichen Abfragezahl erreichen.
Auch die Abfragen privater Interessenten sind erstaunlich hoch. Zu bedenken ist, dass eine Abfrage nur dann erlaubt wäre, wenn wesentliche Gründe für eine Aufenthaltsermittlung vorliegen, in der Regel bei gerichtlichen Rechtsstreitigkeiten oder im Zuge von Mahnverfahren und Schuldeneintreibungen.
Weiterhin großes Interesse durch private Unternehmen
Nach Auskunft des Innenministeriums stieg die Zahl der privaten Abfrager des ZMR drastisch. Von insgesamt 855 sogenannten Abfrageberechtigungen im Jahr 2003 schnellte der Stand auf 1837 Abfrageberechtigte (Firmen, Rechtsanwälte, Notare, ...) im Jahr 2004, ein Plus von mehr als 100%.
Mit 997.217 privaten Meldedatenabfragen 2004 wurde gegenüber 2003 ein Plus von 15% erzielt. Die Einnahmen aus den privaten Abfragen blieben jedoch mit 2,1 Mio. EUR praktisch gleich.
Ziele der BMI-Business-Unit bei der Meldedatenvermarktung nicht erreicht
Trotz enormer Bemühungen konnten jedoch die Vermarktungsziele der BMI-Business-Unit nicht erreicht werden. Die Einheit wurde Anfang 2003 mit dem Ziel der offensiven Vermarktung von Bürgerdaten geschaffen und sollte 2004 immerhin zwei Drittel der Kosten der zentralen Meldeevidenz abdecken. Tatsächlich gelang dies nicht. Während die Gesamtkosten mit 4,566 Mio. EUR leicht über den Erwartungen waren, blieben die Gesamterlöse (Behörden+Private) mit 2,446 Mio. EUR deutlich zurück.
Grund für diese Fehleinschätzung dürfte die letztlich durch die Informationstätigkeit der ARGE DATEN gestoppte Komfort-Meldeabfrage sein. Diese Komfort-Abfrage erlaubte es Meldeauskünfte auch ohne Kenntnis des Geburtsdatums zu erlangen. Während 2003 die Zahl der privaten Meldeabfragen geradezu explodierte und der Erlös von 2,132 Mio. EUR bei den privaten Abfragern um 20% über den Erwartungen blieb, gingen die Privaterlöse 2004 mit 2,124 Mio. EUR sogar geringfügig zurück.
Für die Bürger ist das Ergebnis trotzdem nicht erfreulich. Der Zugriff zu Meldedaten ist für Private immer noch zu leicht. Zwar konnte durch die Informationstätigkeit der ARGE DATEN im Sommer 2003 die rechtswidrige Abfragemöglichkeit ohne Geburtsdatum abgestellt werden, mit dem e-government-Gesetz 2004 wurden jedoch wieder Erleichterungen in der ZMR-Abfrage geschaffen. Die Versuchung durch Stöbern auf die Meldedaten interessanter Bürger zu kommen ist nach wie vor hoch.
Der zentralen Forderung der ARGE DATEN, dass Meldedatenabfragen so genau protokolliert werden, dass Betroffene vollständig Auskunft erhalten, wer sich für ihren Aufenthalt interessiert, wurde noch immer nicht nachgekommen.
Restriktive Handhabung der Auskunftssperre
Grundsätzlich besteht für jeden Meldepflichtigen das Recht auf eine Auskunftssperre. Diese ist gemäß §18 Meldegesetz bei der Wohnsitzgemeinde zu beantragen. Eine Sperre ist zu gewähren, wenn aus der Melde-Auskunft Nachteile für den Betroffenen zu erwarten sind.
Tatsächlich wird jedoch die Möglichkeit der Auskunftssperre äußerst restriktiv gehandhabt. Zum ersten ist der Antrag gebührenpflichtig und es wird ihm im Ergebnis nur stattgegeben, wenn der Betroffene eine Bedrohung glaubhaft machen kann. Dies wäre der Fall, wenn jemand eine Anzeige bei den Sicherheitsbehörden gemacht hätte, dass er von unbekannten bedroht wird.
Durch die restriktive Handhabung ist die Zahl der Auskunftssperren lt. Auskunft des BMI sogar rückläufig. Waren es Anfang 2004 immerhin 54.377 Personen, bei denen eine Meldesperre vorlag, waren es Anfang 2005 nur mehr 25.453 Auskunftssperren.
Auch wenn die BMI-Business-Unit ihre hochgesteckten Umsatzziele letztlich nicht vollständig erreichte ist die Gesamttendenz besorgniserregend. Mit einem Umsatzanteil von 85% erzielten die privaten Meldedatenabfragen die weitaus größten Einnahmen, bei einem Anteil der Auskünfte von bloß 5%. Anders formuliert, 5% der ZMR-Abfragen brachten 85% der ZMR-Einnahmen. Besonders ökonomisch orientierte Ministerien könnten rasch der Versuchung unterliegen auch ihre Bürgerdaten (Ausbildung, Einkommen, Gesundheit, Vermögen, Besitzverhältnisse usw) gewinnbringend zu verkaufen.
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