1995/10/12 Lauschangriff und Rasterfahndung bedrohen Grundrechte
Die derzeit von Justiz- und Innenministerium veranstaltete Enquete über 'besondere Ermittlungsmaßnahmen' im Bereich der organisierten Kriminalität erweist sich als Werbeveranstaltung für Lauschangriff und Rasterfahndung. Die beiden Ministerien wollen gar nicht mehr über die Notwendigkeit dieser schweren Grundrechtseingriffe diskutieren, sondern streiten sich nur mehr darüber, wer die Kompetenz dafür erhalten soll.
Schon derzeit schwere Mängel
Derzeit genehmigen die meisten Gerichte prinzipiell jede Telefonüberwachung, die von der Polizei beantragt wird. Die unschuldigen Mitbetroffenen werden (gesetzwidrig) meist nicht verständigt. Es gibt keine Nachkontrolle, ob die Abhöraktion etwas gebracht hat oder gerechtfertigt war, bzw. wieviele unschuldige Personen Opfer des Abhörens wurden.
Das Justizministerium will nun den Lauschangriff ('Wanzen') nach dem Muster der Telefonüberwachung regeln. Die bestehenden Probleme werden damit verschleppt und vergrößert. Studien aus Deutschland und den USA ergeben, daß pro verurteilter Person im Schnitt 77 Unschuldige belauscht werden.
Inakzeptabler Entwurf des Innenministeriums
Zwei Tage vor der Enquete hat das Innenministerium einen eigenen Entwurf vorgelegt, der über die Pläne des Justizministers noch weit hinausgeht. Das Innenministerium will auch 'vorbeugend' lauschen. Damit können Personen Opfer eines Lauschangriffs werden, die noch überhaupt keine Straftat begangen haben - also im Prinzip jeder Bürger.
Völlige Unklarheit bei der Rasterfahndung
Beide Ministerien wollen der Polizei Zugriff auf alle (!) Datenbestände sichern. Private Datenbesitzer sollen zur Herausgabe der Daten gezwungen werden können.
Was die Rasterfahndung konkret bringen soll, ist den Ministerien offenbar selbst unklar - konkrete Konzepte gibt es nicht. Erfahrungen aus Deutschland, wo mangels Erfolg schon seit vielen Jahren keine Rasterfahndung mehr durchgeführt wird, werden ignoriert. (In den meisten anderen Staaten ist die Rasterfahndung überhaupt nicht erlaubt.)
Forderungen der Arge Daten
* Die Rasterfahndung ist unnötig und gefährlich. Auf sie muß verzichtet werden.
* Bevor man den Lauschangriff einführt, soll man zuerst einmal die Mängel in der Praxis der Telefonüberwachung beheben.
* Es darf nicht 'vorbeugend' ermittelt werden. Grundrechtseingriffe sind nur vertretbar, wenn sie sich gegen konkret verdächtige Personen richten.
* Maßnahmen, die sich nicht gegen unschuldige Dritte richten können (z. B. verbesserter Zeugenschutz), sind dem Lauschangriff vorzuziehen.
* Wenn Unschuldige mitabgehört werden, dann müssen diese nachträglich verständigt werden und eine Beschwerdemöglichkeit haben. In einer Nachkontrolle soll überprüft werden, ob die Abhöraktion überhaupt erfolgreich und gerechtfertigt war.
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