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1997/04/14 Stellungnahme der ARGE DATEN zum Integrationspaket Fremdengesetz 1997, Asylgesetznovelle
Die ARGE DATEN gibt zum vorliegenden Gesetzesentwurf (Entwurf des Bundesministeriums für Inneres) die folgende Stellungnahme ab.

1. Datenschutzrechtliche Ermächtigungen
An verschiedenen Stellen des Entwurfs werden Behörden in allgemein und unbestimmt gehaltener Formulierung dazu ermächtigt, personenbezogene Daten zu ermitteln, zu verarbeiten und zu übermitteln. Das gilt insbesondere für § 29 Abs. 5, § 96 Abs. 2 und § 99 Abs, 2 FrG.
Diese Regelungen sind zu unbestimmt, um als ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung im Sinne der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 2 DSG angesehen werden zu können. Sie sollten daher durch Regelungen ersetzt werden, die konkret und taxativ angeben, welche Datenarten von welcher Behörde für welche Zwecke ermittelt und verarbeitet werden dürfen und an welche Stellen welche Datenarten für welche Zwecke übermittelt werden dürfen. Eine derartige Regelung sollte zumindest für jene Daten getroffen werden, die regelmäßig anfallen. Fälle, die der Gesetzgeber nicht voraussehen kann, sollen nicht durch eine überschießende (und damit im Sinne des § 1 DSG verfassungswidrige) Generalermächtigungen geregelt werden, sondern können von der Behörde im Einzelfall am Maßstab der §§ 6 und 7 DSG gemessen werden.

2. Eintragungen im Reisedokument
Reisedokumente sind Urkunden, die der Inhaber an vielen Stellen vorweisen muß. Bei Eintragungen in einem Reisedokument handelt es sich daher um Eingriffe in das Grundrecht auf Geheimhaltung nach § 1 DSG, die nach den strengen Maßstäben des § 1 Abs. 2 DSG bzw. Art. 8 Abs. 2 MRK zu prüfen sind.
Nach diesen Maßstäben spricht nichts gegen die Ersichtlichmachung eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes oder einer durchsetzbaren Ausweisung (§ 45 Abs. 5 FrG). Es ist aber dafür Sorge zu tragen, daß auch eine Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes (§ 44 FrG) im Reisedokument angemerkt wird.
Nicht vertretbar ist die Ersichtlichmachung der Zurückweisung gemäß § 52 Abs. 3 FrG. Bei der Zurückweisung eines Fremden handelt es sich um eine Entscheidung, die ohne vorausgehendes Verfahren vom Grenzkontrollorgan selbst bloß aufgrund einer Befragung des Fremden getroffen wird. Eine solche, rechtsstaatlich auf sehr schwachen Beinen stehende Entscheidung, die (siehe unten) in vielen Fällen nur auf der Grundlage eines nicht näher belegbaren Verdachts getroffen wird, im Paß einzutragen, stellt eine Brandmarkung dar, die datenschutzrechtlich nicht zu rechtfertigen ist.
Falls eine Zurückweisung aufgrund eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes (§ 52 Abs. 2 Z. 1) erfolgt, ist eine Ersichtlichmachung der Zurückweisung im Reisedokument nicht erforderlich, da ohnehin das Aufenthaltsverbot selbst darin angemerkt werden kann (§ 45 Abs. 5). Dasselbe gilt für die Ersichtlichmachung der Abschiebung (§ 56 Abs. 4)
Die Zurückweisung aufgrund der "Annahme", der Fremde werde die öffentliche Ruhe gefährden (§ 52 Abs. 2 Z. 3 lit. a), er werde in Österreich schwarzarbeiten (Z. 3 lit. b) oder er werde Schlepperei (Z. 3 lit. c) oder Finanzvergehen (Z. 5) begehen ist als solche schon rechtsstaatlich bedenklich, da man einem Fremden an der Grenze wohl kaum ansehen kann, daß er die Absicht hat, sich in Österreich gesetzwidrig zu verhalten. Schon alleine deshalb ist es nicht vertretbar, die Zurückweisung aufgrund einer solchen "Annahme" eines einzelnen Grenzkontrollorganes im Reisedokument anzumerken.
Auch die Zurückweisung von Fremden, die aufgrund ihrer Mittellosigkeit zurückgewiesen werden (Z. 4), sollte nicht im Reisedokument angemerkt werden, da diese völlig unschuldigen Personen damit mit jenen in einen Topf geworfen würden, die aufgrund einer konkreten Verdachtslage zurückgewiesen werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß aus datenschutzrechtlicher Sicht nur solche Eintragungen im Reisedokument zulässig sind, mit denen eine rechtskräftige oder zumindest durchsetzbare Entscheidung einer Behörde ersichtlich gemacht wird, die aufgrund eines ordentlichen rechtsstaatlichen Verfahrens getroffen wurde. Datenschutzrechtlich ist weiters geboten, daß bei unrichtig gewordenen Eintragungen wie bei der Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes eine entsprechende Korrektureintragung im Reisedokument vorgenommen wird. Als datenschutzrechtlich unzulässig und verfassungswidrig sind Eintragungen anzusehen, die nicht auf der Grundlage eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens erfolgen, weiters Eintragungen, bei denen Dritte den unberechtigten Eindruck gewinnen müssen, der Betroffene sei an der Grenze zurückgewiesen worden, weil er sich etwas zuschulden kommen haben lassen oder weil ein konkreter Verdacht gegen ihn vorliege.

3. Recht auf Achtung der Wohnung
§ 71 Abs. 2 Z. 2 des Entwurfs enthält die schon zum Zeitpunkt der Erlassung des Fremdengesetzes 1992 höchst umstrittene Bestimmung, daß Sicherheitsorgane Wohnungen schon alleine dann betreten können, wenn darin mehr als fünf Fremde Unterkunft genommen haben und der Verdacht besteht, daß sich darunter Fremde befinden, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
Diese Bestimmung stellt einen erheblichen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Hausrecht sowie in das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Achtung der Wohnung (Art. 8 MRK) dar. In der Vergangenheit wurden mehrere Fälle bekannt, bei denen diese Bestimmung dazu mißbraucht wurde, nächtliche Razzien in Flüchtlingsheimen durchzuführen, bei denen die Sicherheitsorgane jeweils zahlreiche völlig verängstigte Flüchtlinge und teilweise erhebliche Sachbeschädigungen zurückgelassen haben, aber sich der zugrundeliegende Verdacht, illegale Ausländer aufzufinden, nicht bestätigt hat.
Angesichts des Umstands, daß der Zuzug von Ausländern seit der Erlassung dieser Bestimmung erheblich zurückgegangen ist und sich auch die Problematik von Massenquartieren bedeutend entschärft hat, hält die ARGE DATEN die Aufrechthaltung dieser Sonderbestimmung für jedenfalls unnötig und damit für verfassungswidrig. § 71 Abs. 2 Z. 2 des Entwurfs sollte daher ersatzlos entfallen. Für Wohnungen, in denen Ausländer leben, sollte dasselbe Grundrecht auf Achtung der Wohnung gelten wie für jede andere Wohnung auch. Falls ein konkreter Bedarf an einer Hausdurchsuchung vorliegt, gibt es dafür ausreichende gesetzliche Bestimmungen, die der Verfassung entsprechen.




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