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2005/02/07 EU-Beschwerde - (Teil-)Erfolg für ARGE DATEN
Nach EU-Beschwerde zur Unabhängigkeit der Datenschutzkommission (DSK) werden im Bundeskanzleramt (BKA) erste Schritte zur Erfüllung der EG-Richtlinie Datenschutz unternommen

EU-Beschwerde zur Unabhängigkeit der Datenschutzkommission

Ende 2003 brachte die ARGE DATEN bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde zur mangelnden Unabhängigkeit der österreichischen Datenschutzkommission ein. Kern der Beschwerde waren die undurchsichtigen personellen Verflechtungen und Verfilzungen zwischen Bundeskanzleramt, Datenschutzrat und Datenschutzkommission und die Vermischung von Datenschutzkontrollaufgaben, die die DSK wahrzunehmen hätte und operativen Verwaltungsaufgaben, wie es das Ausstellen von Stammregisterzahlen durch die DSK nach dem E-Government-Gesetz vorsieht.

Die Beschwerde wurde eingebracht nachdem die mehrfach in Österreich vorgebrachte Kritik ohne Wirkung blieb.

Weisungsgebundene Beamte des Bundeskanzleramts, die am "Vormittag" Verwaltungsentscheidungen treffen, konnten in die Situation kommen am "Nachmittag" als weisungsfreie Mitglieder der DSK über Beschwerden zu diesen Verwaltungsentscheidungen zu entscheiden.

Besonders problematisch ist die Situation bei der Vergabe der E-Government-Stammregisterzahlen. Kommt es bei dieser typischen Verwaltungshandlung zu einem Datenschutzproblem, wäre die einzige Beschwerdestelle die Datenschutzkommission, also genau jene Stelle, die das Datenschutzproblem verursacht hat.


Erfolg der ARGE DATEN - erste organisatorische Maßnahmen

Das Bundeskanzleramt reagierte auf die Beschwerde offenbar widerwillig, aber doch. So erfolgte zumindest eine personelle Trennung zwischen der Datenschutzabteilung im Bundeskanzleramt und der Datenschutzkommission.

Auch die Präsentation der Datenschutzkommission nach außen wurde verbessert. Immerhin hat die DSK nun eine eigene URL (http://www.dsk.gv.at), wenn schon keinen eigenen Web-Betreuer).


Gesetzte Maßnahmen nicht ausreichend

Die bisherigen Änderungen und auch die im Bundeskanzleramt bestehende Nervosität zeigen, dass die ARGE DATEN mit der Beschwerde einen Schwachpunkt in der österreichischen Datenschutzkontrolle getroffen hat.

Die nunmehr eingeleiteten organisatorischen Maßnahmen sind jedoch bei weitem nicht ausreichend. Noch immer führen etwa Beschwerden bei der Datenschutzkommission dazu, dass sie von weisungsgebundenen Mitarbeitern des Bundeskanzleramts bearbeitet oder sonstwie verwendet werden.

Um eine tatsächliche Unabhängigkeit zu haben, muss jeder Beschwerdeführer die Sicherheit haben, dass kein weisungsgebundener Beamter, welchen Ministeriums auch immer die Beschwerde auch nur zur Kenntnis nehmen kann.

Es ist nicht auszuschließen, dass in den Beschwerden Sachverhalte angesprochen werden die Bundeskanzleramt oder sonstige Behörden direkt betreffen und eine vorzeitige Kenntnisnahme könnte dazu führen, dass aufgezeigte Missstände nicht oder nur mehr unzureichend aufgeklärt werden können.

Auch im Bereich des Geschäftsapparates, der bearbeitenden Referenten bestehen noch undurchsichtige personelle Verflechtungen zwischen DSK und BKA, auch die Stammzahlenverwaltung ist noch bei der DSK angesiedelt.

Um die von der EG-Richtlinie Datenschutz geforderte unabhängige Aufsichtsbehörde zu erhalten wird eine völlige personelle, finanzielle und organisatorische Neustrukturierung der österreichischen Datenschutzaufsicht erforderlich sein.

Nur eine Behördenkonstruktion, die vergleichbar der Telekom-Control-Kommission und der RTR-GmbH für den Internet- und Telekom-Bereich, personell und finanziell ausreichend ausgestattet ist, kann die notwendige Datenschutzaufsicht in Österreich wahrnehmen - möglicherweise ist das jedoch nicht gewünscht.


Weitere Beschwerden in Vorbereitung

Neben der mangelhaften Unabhängigkeit der österreichischen Datenschutzkommission bestehen auch noch eine Reihe weiterer Datenschutzdefizite, die teilweise durch fehlerhafte gesetzliche Umsetzung der EG-Richtlinie begründet sind, andererseits von fehlerhaften operativen Entscheidungen der Datenschutzkommission herrühren.

Im Ergebnis sind diese Umsetzungsfehler so gravierend, dass von Vertragsverletzungen der Republik Österreich gegenüber der EU gesprochen werden muss.

Die ARGE DATEN hat daher weitere EU-Beschwerden eingebracht bzw. bereitet sie derzeit vor. Unter anderem betreffen diese Beschwerden den mangelnden Datenschutz bei veröffentlichten Daten, die mangelnden Personenrechte bei der Auskunft über Datenverwendung und die mangelnden Informationsrechte, etwa im Zusammenhang mit Datenhandel und Aufbau von schwarzen Listen, wie sie die Telekom-Betreiber planen.


Wissen: EU-Beschwerde

Grundsätzlich kann jeder Bürger bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen die Republik Österreich wegen Verletzung von EU-Verträgen einbringen. Die Beschwerde kann formlos eingebracht werden und ist kostenfrei. Empfohlen wird jedoch die Verwendung des Musterformulars der EU (http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/lexcomm/ind...).

Sinnvoll ist eine Beschwerde jedoch nur, wenn die vorgesehenen innerstaatlichen Beschwerde- und Rechtsmittelwege ausgeschöpft sind. Bei Datenschutzangelegenheiten bedeutet dies zumeist eine vorher eingebrachte und abgelehnte Beschwerde bei der Datenschutzkommission.


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