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2009/12/23 Nationalrat hat DSG-Novelle durchgewunken
In klassischer Nacht- und Nebel-Aktion wurde am 10.12. die DSG-Novelle im Nationalrat durchgewunken - EU-widriger Grundsatzparagraph wurde wegen fehlender Verfassungsmehrheit nicht geändert - trotz vieler Änderungen wurden nicht einmal offensichtliche Probleme behoben - neue Fehler und Probleme wurden in das Gesetz eingebaut - ARGE DATEN bietet als erste Organisation am 19. Jänner 2010 ein umfassendes Informationsseminar an --> http://www.argedaten.at/dsgneu.html

DSG-Novelle nach zwei Jahren überhastet abgenickt

Schon bei Erscheinen der ersten Novellierungsvorschläge 2008 war das Fehlen wichtiger Änderungen auffälliger, als die tatsächlichen Änderungen.
- Mangelnde Unabhängigkeit der Datenschutzkommission (DSK): Seit Jahren verlangt die Europäische Kommission von der Republik Österreich endlich eine der EU-Richtlinie entsprechende unabhängige Datenschutzkommission einzusetzen. Im Dezember läuft ein letztes Ultimatum vor Beginn einer EUGH-Klage ab. Im Gesetzesentwurf wurde durch Berichtspflichten an Bundeskanzleramt und Datenschutzrat die Abhängigkeit der DSK noch verstärkt.
- Die Novelle reagiert nicht auf die besonderen Datenschutzbedürfnisse die Social Communities, Cloud Computing oder andere Web2.0-Anwendungen verursachen. Weiterhin bleibt die Nutzung veröffentlichter persönlicher Informationen ungeregelt.
- Unberücksichtigt bleiben auch neue Dienste, wie Whistleblowing, bei dem zwangsläufig negative Daten über Dritte gesammelt und weiter verbreitet werden. Hier sind neue Lösungen bei der Datenqualität und bei der Datenhaltung erforderlich.
- Weiters wird nicht auf neue Techniken, wie RFID ("Radio Frequency IDentification) oder die zunehmende Zahl von Datenbanken mit biometrischen Informationen reagiert, obwohl von der strategischen EU-Datenschutzgruppe (der sog. Artikel29-Gruppe) schon seit Jahren entsprechende nationale Initiativen eingefordert werden.
- Es besteht - außer einem vagen SP-Wunschkonzert - keine Initiative zur Schaffung eines ordentlichen Arbeitnehmerdatenschutzes. Der betriebliche Datenschutzbeauftragte  als erster Schritt in diese Richtung, wurde auf Wunsch einiger WKO-Hardliner wieder gestrichen.


Größter Datenschutzwurf seit 2000?

Wenn sich Regierungsabgeordnete mit der "größten Datenschutzrechtsänderung seit 2000" selbst beweihräuchern, muss das bloß als Armutszeugnis und mangelnde Bereitschaft auf die neuen Entwicklungen der Informationsgesellschaft einzugehen, gewertet werden.


Novelle auch rechtstechnisch mangelhaft

Selbst Bereiche, die die Novelle regeln sollte, sind unzureichend gelöst und schaffen zum Teil neue Probleme:
- Statt, wie in Deutschland schon vor Jahren erfolgt, jede Form von personenbezogener Bildaufzeichnung zu regeln, erfasst die DSG-Novelle nur systematische, in identifizierender Absicht vorgenommene Videoüberwachung mit zahlreichen Ausnahmen. Damit sind Phänomene wie Google StreetView, touristische Webkameras aber auch von immer mehr Personen in ihrem Auto montierte Kameras zur privaten Verkehrs- und Unfallüberwachung wieder nicht geregelt.
- Unter dem Eindruck der Datenskandale in Großbritannien und Deutschland mit Millionen verlorenen persönlichen Gesundheits-, Bank- und Sozialversicherungsdaten wurde im ursprünglichen Entwurf eine Verständigungspflicht der Betroffenen bei Datenverlust bzw. Datenschutzverletzung aufgenommen. Diese Verständigungspflicht wurde - offenbar auf Druck der WKO - bis zur Unbrauchbarkeit reduziert. Eine Verständigung soll jetzt nur erfolgen, wenn ein Schaden entstanden ist (bloße Rechtsverletzung reicht nicht) und auch nur dann, wenn der Schaden groß ist (einen kleinen Schaden durch Rechtsverletzung muss offenbar jeder Bürger akzeptieren).
- Während mit dem E-Governmentgesetz die Regierung seit 2003 angeblich den elektronischen Behördenverkehr fördern will, ist auch im vorliegenden Entwurf vorgeschrieben, dass Auskunftsbegehren schriftlich zu erfolgen haben. Digitale mittels Bürgerkarte signierte Begehren sind weiterhin nicht möglich. Offenbar misstraut die Regierung ihren eigenen elektronischen Techniken.
- Sogar simple interne Gesetzesverweise werden verpfuscht. So wurde zwar ein spezifisches Auskunftsrecht für die Videoüberwachung eingeführt (§50e DSG-Novelle). Bei den Kompetenzen der Datenschutzkommission (§31 DSG-Novelle), die theoretisch für Verletzungen des Auskunftsrechts zuständig sind, wurde jedoch vergessen, diese neue Beschwerdekompetenz hinzuzufügen. Damit müssen Betroffene bei privaten Videoüberwachungen den mühsamen Weg zu den Gerichten gehen.


Weitere Ärgernisse dieser verunglückten Novelle

Endlos sind die weiteren Ärgernisse dieser Novelle, so werden die Beschwerdeverfahren der Bürger extrem bürokratisiert, ebenso die Registrierungsverfahren für die Datenverarbeiter. Diese sind für die Datenverarbeiter eine regelrechte bürokratische Belastung und eine Art Ausfülltest, an den richtigen Stellen die richtigen Kreuzchen zu setzen. In Zukunft soll eine Verarbeitungsmeldung praktisch nur mehr formal geprüft werden, ohne vernünftige inhaltliche Kontrolle.


Verfassungsbestimmungen wurden fallen gelassen

Da die Opposition der Novelle nicht zustimmte, fehlte die notwendigte Verfassungsmehrheit um auch den Grundsatzparagraph (§1 DSG 2000) endlich zu sanieren und EU-konform zu formulieren. Kein Hindernis für die Koalition, der offenbar Aktionismus wichtiger war, als ein ordentlicher Schutz der Privatsphäre der Bürger.

Die Verfassungsbestimmung des §1 DSG 2000 wurde nicht zur Abstimmung gebracht. So einfach ist das in Österreich!

Wie die EU auf diese Winkelzüge reagieren wird, bleibt abzuwarten. Wie die ARGE DATEN berichtete hat die Europäische Kommission im Oktober der österreichischen Bundesregierung eine letzte Frist eingeräumt, die Probleme der derzeit am Gängelband des Bundeskanzleramtes hängenden Datenschutzkommission zu beseitigen. Diese fehlende Unabhängigkeit ist eine offensichtliche EU-Vertragswidrigkeit. Die Novelle hat diesen Missstand nicht saniert. Es wäre daher spätestens im Jänner mit einer formellen EUGH-Klage zu rechnen.


ARGE DATEN bietet umfassende Information zur Novelle

Als erste Organisation wird die ARGE DATEN am 19. Jänner 2010 eine umfassende Schulung zu allen Änderungen der DSG-Novelle 2010 anbieten.


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