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2002/12/04 Gemeinde Villach gratuliert zum Schulerfolg
Veröffentlichung persönlicher Ereignisse bedarf Zustimmung - Weitergabe von Schülerdaten an Gemeinden unzulässig - Bundesminister Gehrer zum Handeln gefordert - Verdacht der illegalen Datenverwendung in Gewinnabsicht

Im Rahmen des 'Bürgerservices' fühlen sich viele Bürgermeister und Gemeinden verpflichtet, Altersjubilaren zu gatulieren, ebenso frisch getrauten Ehepaaren oder bei Geburten. Damit diese Dienstleistung nicht unbemerkt bleibt und den Zweck der zumindest mittelbaren Wahlwerbung erfüllt, werden die Glückwünsche in vielen Fällen nicht nur postalisch oder persönlich überreicht, sondern auch in den Gemeindezeitungen veröffentlicht.

Neben Geburten, Taufen, Geburtstagen, Sterbefällen oder Hochzeiten werden immer wieder ganz andere Vorfälle veröffentlicht. So wurden schon einmal Kirchenaustritte publiziert, oder abgenommene Führerscheine, ausgesprochene Lokalverbote oder rechtskräftige Verurteilungen.


Eine neue Facette der 'Bürgerbetreuung' lieferte die Gemeinde Villach, die unter 'Hurra, bestanden' alle Maturanten der Villacher Höheren Schulen auflistete.

Die ARGE DATEN hatte schon mehrmals auf die zwiespältige Wirkung derartiger Aktivitäten hingewiesen. Viele, meist ältere Menschen, freuen sich, dass zumindest am 'runden' Geburtstag an sie gedacht wird, andere fühlen sich schlicht belästigt.

Sowohl positive Ereignisse, wie Ehrentage oder Schulerfolge, ebenso wie negative oder peinliche Vorfälle, wie sie Lokalverbote und Verurteilungen darstellen, sind gleichermaßen höchstpersönliche Angelegenheiten und keine Institution hat das Recht, Informationen darüber ungefragt zu veröffentlichen.

Zulässig sind derartige Veröffentlichungen nur, wenn der Betroffene ausdrücklich seine Zustimmung gegeben hat und die Veröffentlichung mit dem Tätigkeitszweck der Gemeinde vereinbar ist.

Im Fall der Villacher Gemeindezeitung ergeben sich drei Datenschutzprobleme:

(1) Wie sind die Daten zur Gemeinde gekommen?
Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die es erlaubt Daten der höheren Schulen an die Gemeinden weiter zu geben. Möglich wäre daher bloß die Weitergabe, wenn alle Schüler zustimmten. Im vorliegenden Fall scheinen die Daten auf 'kurzem' Weg direkt von der Schuldirektion an die Gemeindezeitung weitergegeben worden zu sein. Zumindest eine Verwaltungsübertretung gemäß §52 DSG 2000 ist gegeben, wenn nicht sogar 'Amtsmißbrauch' oder 'verbotene Veröffentlichung' (§§301, 302, 310) vorliegen. Frau Bundesminister Gehrer ist gefordert, sicher zu stellen, daß Bildungsdaten nicht nach Belieben weitergegeben werden.

(2) Darf die Gemeindezeitung Schülerdaten veröffentlichen?
Daten, auch dann wenn die Zustimmung des Betroffenen vorliegt oder diese Daten öffentlich zugänlich wären, dürfen nur dann verwendet werden, wenn ein 'berechtigtes Verwendungsinteresse' vorliegt. Was trocken klingt, hat einen einfachen praktischen Hintergrund. Nicht jeder darf beliebige Informationen sammeln und verwerten. Daten dürfen nur in dem Umfang verwendet werden, als sie für eigene Zwecke unbedingt notwendig sind. Damit soll das Datensammeln auf Vorrat unterbunden werden.

Welchen Zweck hat eine Gemeindezeitung und in welcher Verbindung Schulerfolge mit diesem Zweck stehen? Laut Selbstdarstellung dient die Villacher Gemeindezeitung als 'Mitteilungsblatt der Stadt Villach'. Der Mitteilungswert über Schulerfolge ist aus Gemeindesicht schlicht Null, die Auflistung einiger hundert Schüler kann damit beim besten Willen nicht als berechtigter Tätigkeitszweck der Gemeindezeitung angesehen werden.

Damit sind nicht nur die Daten illegalerweise zur Zeitung gewandert, sondern dort wurden sie auch ohne Grundlage veröffentlicht. Selbst die Zustimmung der Schüler würde nicht ausreichen, um die Veröffentlichung zu rechtfertigen.

(3) Datenschutzverletzung in Gewinnabsicht?
Zweifellos gibt es genügende Leser und Interessenten, die an derartigen persönlichen Informationen interessiert sind. Daraus ergibt sich der Verdacht, daß auch eine Datenschutzverletzung in Gewinnabsicht vorliegt (§51 DSG 2000). Diese liegt auch dann vor, wenn jemand aus einer illegalen Datenverwendung einen Vermögensvorteil hat und sei er nur dadurch gegeben, dass seine Zeitung verstärkt gelesen wird, er durch den Verkauf der Zeitung oder durch Inseratenschaltungen einen Vermögensvorteil hat.

Hans G. Zeger, Obmann ARGE DATEN: 'In der Regel werden sich Schüler freuen, wenn sie ihre Matura bestanden haben und ihnen wird die Veröffentlichung in der Gemeindezeitung relativ egal sein. Kaum jemand wird tatsächlich eine Beschwerde dazu einbringen, darauf spekulieren die famosen Gemeindeväter.'

Das Vorgehen der Stadt Villach, abgesehen von seiner Gesetzwidrigkeit, widerspricht jedoch dem Prinzip der Datenvermeidung und der Achtung der Privatsphäre. Tatsache ist, dass viele Unternehmen derartige Zeitungen systematisch durchforsten und die Informationsbausteine über die Menschen zusammen tragen und an Adressenverlage verkaufen. So entstehen über viele Menschen durch die Verknüpfung verschiedenster Quellen umfassende Datenprofile, da dann zu aggressiver Direktwerbung, zu Telefonmarketing oder schlicht zur Beurteilung der wirtschaftlichen und persönlichen Leistungsfähigkeit einer Person genutzt werden können.


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