2008/01/30 Erfolg bei Wirtschaftsauskunftsdiensten - Gericht bestätigt Löschungsanspruch
Tätigkeit von Wirtschaftsauskunftsdiensten ist nicht gesetzlich angeordnet - Dateien der Wirtschaftsauskunftsdienste sind als öffentlich zu qualifizieren - Einträge sind auf Verlangen des Betroffenen zu löschen - Datenschutzgesetz sieht eine Reihe von Löschungsrechten vor - Position der ARGE DATEN bestätigt - Aktion STERC geht weiter
Eine banale Vorgeschichte
Herr M.(*) versuchte einen Handyvertrag abzuschließen und wurde wegen angeblich "schlechter Bonität" abgelehnt. Nachforschungen ergaben, dass die Firma Deltavista Daten eines anderen Wirtschaftsauskunftsdienstes an den Handybetreiber weitergegeben hatte. Vertreten durch die ARGE DATEN erfolgte eine außergerichtliche Löschungsaufforderung, diese wurde abgelehnt. Mit Hilfe einer Ausfallshaftung des BMSK und des VKI wurde eine Löschungsklage eingebracht. Das Gericht bestätigte im Urteil den Löschungsanspruch (http://www.verbraucherrecht.at/development/typo/test/uploads/...).
Wie Herrn M. geht es täglich hunderten Menschen in Österreich. Mehrere hunderttausend Personen sind bei sogenannten Kreditauskunfteien mit rechtswidrigen Daten gespeichert. Zu den wirtschaftlichen Nachteilen, günstige Telefonverträge verweigert zu bekommen, gesellt sich oft noch eine öffentliche Bloßstellung und Erniedrigung. Oft wird die angeblich "mangelhafte Bonität" im Telefonshop oder beim Elektronikhändler vor allen anderen Kunden lauthals behauptet.
Position der ARGE DATEN bestätigt
Zur Sicherung der Datenschutzrechte sieht das DSG mehrere Bestimmungen vor. Im Falle falscher, veralteter, unvollständiger, nicht aussagekräftiger oder sonstwie rechtswidrig verwendeter Daten hat nach §27 DSG ein Datenverarbeiter Daten von sich aus zu löschen, spätestens jedoch acht Wochen nach Verlangen des Betroffenen.
Bei öffentlich zugänglichen Daten, wie dies bei Wirtschaftsauskunftsdiensten der Fall ist, besteht auf Verlangen des Betroffenen zusätzlich ein Löschungsanspruch nach §28 Abs.2 DSG. Dieser Löschungsanspruch gilt unabhängig von der Richtigkeit oder Rechtmäßigkeit der verwendeten Daten, sofern die Datenverarbeitung nicht gesetzlich angeordnet ist.
Hans G. Zeger: "Aus dem Steuerakt der Finanzbehörde kann man sich auf diese Weise nicht löschen lassen, aber aus allen öffentlich zugänglichen Listen und Verzeichnissen von privaten Einrichtungen, in denen man nicht eingetragen sein möchte."
Die seit Jahren vertretene Rechtsansicht der ARGE DATEN wurde damit auch gerichtlich bestätigt.
Der Wirtschaftsauskunftsdienst hatte bei der Weigerung der Löschung argumentiert, seine Tätigkeit sei im Interesse des Staates und der Wirtschaft und er betreibe ja keine öffentlich zugängliche Datei, da ja für die Benutzung Kostenpflicht bestehe.
Alle vorgebrachten Argumente wurden vom Gericht als unzutreffend qualifiziert. Auch wenn Wirtschaftsauskunftsdienste auf Grund der Gewerbeordnung tätig sind, werden sie nicht im Auftrag des Staates tätig, sondern haben bei ihrer Tätigkeit, wie alle anderen Bürger alle gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, insbesondere Verfassungsbestimmungen, wie die Achtung des Datenschutzes und der Privatsphäre.
Aus dem Urteil 53 Cg 92/07z: "Der Aufnahme der bonitätsrelevanten Daten des Klägers in die Datei des Beklagten bzw. der Deltavista GmbH liegt keine ausdrückliche gesetzliche Anordnung zugrunde. Sie ist auch als öffentlich zugängliche Datei zu qualifizieren, weil sie einem nicht von vornherein bestimmten, nicht nach außen hin begrenzten Personenkreis zugänglich gemacht wird und der Zugang zur Datei nur von der Entscheidung des Auftraggebers über das ausreichende 'berechtigte Interesse' des Abfragenden abhängig ist. ... Auf Grund dieser Erwägungen kommt dem Kläger hinsichtlich der im Spruch genannten Daten das Widerspruchsrecht nach §28 Abs. 2 DSG zu, das an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist. Es war daher keine Interessensabwägung anzustellen; ebenso kommt es nicht auf die Richtigkeit der Daten an." (**)
Betroffene sollen Löschung begehren
Auf Grund dieses Urteils sollte es Betroffenen leichter fallen unerwünschte Einträge zu löschen. Die ARGE DATEN hat einen Musterbrief erstellt, der die meisten Löschungswünsche abdeckt (http://ftp.freenet.at/privacy/muster/muswis01.html).
Die ARGE DATEN hat eine Liste jener Unternehmen erstellt, die bonitätsrelevante Informationen verbreiten: http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=LIST-BONITAET
Für Mitglieder übernimmt die ARGE DATEN weiterhin die Vertretung und betreut derartige Verfahren.
Aktion STERC geht weiter
Bei der ARGE DATEN wurden zuletzt 100 Fälle betreut, bei denen Betroffene durch falsche, veraltete oder sonstwie rechtwidrig eingetragene Daten Nachteile durch Einträge in "schwarzen Listen" verzeichnen mussten. In vielen Fällen konnte schon außergerichtlich die Löschung durchgesetzt werden, mit der nunmehrigen Gerichts-Entscheidung wird es gegenüber den meisten Auskunftsdiensten einfacher werden die Betroffenenrechte durchzusetzen.
STERC: Ausmisten bei den Wirtschaftsauskunftsdiensten [Stercus, Mehrzahl Stercora lat. Kot, Mist]
(*) Name geändert, (**) offensichtliche Schreibfehler korrigiert
Das Urteil ist - Stand 30.1.2008 - nicht rechtskräftig.
mehr --> Auskunfts- und Inkassodienste, bei denen Auskünfte eingeholt werden sollten
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