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2003/02/10 ZMR-Verordnung des Innenministers - Bürgerdaten werden zur Handelsware

'Support-Unit' des Innenministeriums soll Privatsphäre des Bürgers vermarkten - Überfallsartige Verordnung zur Meldeevidenz - Datenschutzrat nicht informiert - Mißbrauchspotential der Meldedaten erhöht

Überfallsartige Medeevidenz-Verordnung

Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Innenminister Strasser auf Verordnungsweg rückwirkend per 1.1.2003 eine Vermarktungsorganisation der Meldeevidenz, genannt 'Support-Unit' genehmigt. Mit Hilfe dieser nach marktwirtschaftlichen Kriterien agierenden Organisation soll der verkauf von Meldedaten in den nächsten Jahren um mehr als 100% gesteigert werden.

Die offenbar schleppende Nachfrage nach Bürgerdaten soll somit angekurbelt werden.

Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: 'Damit wird aus Informationen über die Privatsphäre von Menschen, wer mit wem wie lange und wo lebt, eine Handelsware gemacht. Es gehört zu den Grundrechten der Menschen weitgehend unbeobachtet zu leben. Die Menschen müssen sicher sein können, das Daten über die Wohnsituation nur für bestimmte, gesetzlich klar definierte Aufgaben genutzt werden.'

Grundsätzlich sollte ein Bürger darauf vertrauen können, dass jene Daten, die er den Behörden anvertrauen muß, nur im unbedingt notwendigen Ausmaß genutzt werden. Es wird keine Bedenken geben, bei Aufenthaltsfeststellungen der Sicherhheitsbehörden, bei der Durchsetzung gerichtlicher Enscheidungen oder bei der Zustellung wichtiger behördlicher Schriftstücke, die Meldedaten zu verwenden.


Weitere Aushöhlung der Grundrechte

Im Rahmen der österreichischen Verfassung bedürfen Eingriffe in die Grundrechte einer gesetzlichen Grundlage und sind vom Nationalrat zu beschließen. Im Rahmen des Meldegesetzes wurde zur erleichterten Identifikation der Bürger und Verknüpfung dieser Daten ein zentrales Personenkennzeichen eingeführt.

Hans G. Zeger: 'Darüber hinaus wurde jedoch mit dem Meldegesetz ein Grundrecht 'Light' geschaffen. Die wichtigsten Teile, wer in welcher Form wie Daten nutzen darf, wird nicht im Gesetz geregelt, sondern in Verordnungen ausgelagert. Damit erhält der Innenminister, unter Umgehung des Nationalrates weitestgehenden Freiraum, wie er die Bürgerrechte interpretiert.'

Dieser Freiraum wird durch die neue Verordnung exzessiv genutzt. Aus einem Register für klar definierte Aufgaben wird ein Daten-Selbstbedienungsladen.

Originalzitat: 'Das Zentrale Melderegister soll neben allen Funktionen nach dem Meldegesetz die Grunddaten für eine IT-Gesellschaft und e-Government zur Verfügung stellen. Weiters wird angestrebt, Kontentprovider für alle Bedarfsträger der öffentlichen verwaltung zu sein.'

Im Klartext, aus Bürgerdaten wird handelbarer 'Kontent' (gemeint wohl: Content').


Besondere Gefahren

Offenbar sollen 'Business Partner' im Rahmen von 'UserCase-Betreung' umfassenden und kontinuierlichen Einblick in Meldedaten erhalten. 'Private Dienstleister', also Privatpersonen sollen direkt den gesamten Datenbestand verwalten dürfen.

Hans G. Zeger: 'Wir wissen, das viele Wirtschafts-Informationsdienste fieberhaft an schwarzen Listen 'aufmüpfiger' Konsumenten arbeiten. Die erleichterte Bereitstellung von Meldedaten ist dabei eine wichtige Voraussetzung.'

Der großzügig eingeräumte Zugang aller Stellen die 'gewerbsmäßig Forderungen eintreiben', macht aus dem selektiv einzusetzenden Hilfs-Instrument zur Aufenthaltsermittlung, eine praktisch frei verfügbare Adressdatenbank, auf die nach beliebigen Kriterien zugegriffen werden kann.

Immer mehr Menschen, die ihre Konsumentenrechte auf Gewährleistung, Wertminderung, Rücktritt usw. wahrnehmen oder Abrechnungen der Telekombetreiber oder Hausverwaltungen beeinspruchen, landen in sogenannten 'schwarzen Listen unerwünschter Kunden'. Diese Liesten lassen sich aber nur dann dauerhaft führen, wenn sie laufend mit Meldedaten aktualisiert werden.

Hans G. Zeger: 'Wenn nicht raschest gegengesteuert wird, droht uns wirtschaftliche Apartheit und eine unkontrollierbare privatwirtschaftliche Pseudogerichtsbarkeit. Das Innemnisterium mit seiner ZMR-Business-Unit ist dazu ein willfähriger Handlanger.'

Auf der einen Seite finden sich dann alle Menschen, die jede Rechnung und Zahlunsgvorschreibung von Unternehmen immer bezahlen und niemals hinterfragen und auf der andereren Seite eine immer größer werdende Gruppe von vorverurteilten Personen, die irgendwann einmal 'negativ' aufgefallen sind.


Datenschutzrat nicht informiert

Hans G. Zeger: 'Wieder einmal wurde der Datenschutzrat in einer sensiblen Angelegenheit übergangen. Es muß ernsthaft die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Institution gestellt werden. Nichts desto trotz werde ich als Mitgleid des Datenschutzrates raschest eine Sitzung einberufen lassen und aufklärung über die dubiose 'Business Unit' des Innenministeriums verlangen.'

Es besteht der begründete Verdacht, dass diese Verordnung im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Schutz der Grundrechte steht.




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