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2002/08/01 Neue Gewerbeordnung verschlechtert Datenschutz
Kurzfassung
Adressenverlage erhalten zusätzliche Daten - Datenabgleich und 'Rasterfahndung' der Konsumenten erleichtert - Betroffene haben zumindest massive Belästigungen zu erwarten - Böhmdorfers Gesetz zum 'Schutz der Privatsphäre' vor der ersten Nagelprobe

Adressenverlage erhalten zusätzliche Daten

Schon die alte Gewerbeordnungsbestimmung (§268) galt als Freibrief für den Datenhandel von Konsumentendaten. 'Inhaber von Kunden- und Interessentendateien', also alle Unternehmen, Vereine uns sonstige Organisationen durften diese an Adressenverlage verkaufen. Die neue Gewerbeordnung erweitert den Datenhandel um den Handel mit dem Geburtsdatum.

Widerspruchsrecht bisher nicht eingehalten

Theoretisch kann ein Konsument dagegen Widerspruch einlegen. Wie die letzte Analyse der ARGE DATEN von mehr als 2400 (!) Unternehmen und deren Geschäftsbedingungen ergab, fehlte bei 80% dieser Unternehmen der gesetzlich zwingend vorgeschriebene Hinweis, dass man gegen den Datenhandel Widerspruch erheben kann und die Adressenweitergabe untersagen kann.

Hans G. Zeger: 'Im Ergebnis werden Kundendaten praktisch nach Belieben an Adressverlage verkauft, wobei zu Bedenken ist, daß es sich um ein freies Gewerbe ohne jede Kontrolle und Aufsicht, handelt. Jeder Österreicher kann sich - bei genügend Kleingeld - Zugang zu Privatdaten verschaffen.'

Neue Gewerbeordnung bringt weitere Verschlechterung

Durch die seit heute (1.August) in Kraft befindlichen neue Gewerbeordnung bietet der §151 nunmehr die Möglichkeit, auch das Geburtsdatum an Adressenhändler weiter zu verkaufen.

Das Alter von Personen ist für die Werbewirtschaft von höchstem Interesse. Aus dem Alter und dem Kauf weniger Produkte lassen sich sehr präzise Aussagen über Interessen, Konsumorientierung, Status und Lebensstandard machen.

Hans G. Zeger: "Tatsächlich ist jedoch das genaue Geburtsdatum für Marketingmaßnahmen unwesentlich und unbedeutend. Jemand der am 3. April geboren wurde, hat keine unterschiedlichen Interessen, wie jemand der am 5. Mai desselben Jahres geboren wurde. Das genaue Geburtsdatum ist aber für Rasterfahndung und Datenabgleich von höchster Bedeutung."

Nur mit dem genauen Geburtsdatum erhalten die Unternehmen und Adressenverlage Zugang zur Meldeevidenz und anderen Behördeninformationen. Darüber hinaus können sie Datenbestände verschiedener Firmen abgleichen und miteinander verknüpfen.

Hans G. Zeger: "Bisher verhinderten die vielen Namensdoppelgänger, aber auch kleine Abweichungen in der Namensschreibweise weitreichende Datenverknüpfungen. Aus "Zeger" wird rasch "Zega", "Ceger", ...., auch die Vornamen variieren und damit ist nicht mehr erkennbar, ob die Daten zu verschiedenen oder identen Personen gehören. Durch das Geburtsdatum läßt sich eine hochgradige Eindeutigkeit erzielen."

Viele negative Auswirkungen

Neben der Tatsache, daß man vielleicht lästige Werbezusendungen in Zukunft nur mehr einmal (statt doppelt) bekommt, sind jedoch eine Reihe negativer Auswirkungen zu befürchten.

Wenn ein Adressenverlag von einem Konsumenten über verscheidene Branchen hinweg (etwa Elektronik, Möbel, Reisen, ..) Daten sammeln kann, über Marktforschung und Meinungsbefragung auch Angaben zum Einkommen erhält, kann sehr rasch erkannt werden, ob jemand "über seine Verhältnisse lebt", wie seine Bonität aussieht und über welche finanzielle Mittel er monatlich verfügt.

Hans G. Zeger: "Derartig weitreichende Rückschlüsse können dazu führen, daß Konsumenten bestimmte Angebote nicht mehr erhalten oder bestimmte Leistungen nur noch zu bestimmten (schlechtern) Konditionen."

Eine weitere Konsequenz der Weitergabe des Geburtsdatums wird auch sein, unerwünschte Geburtstagszusendungen zu erhalten und dementsprechend verstärkt belästigt zu werden.

Neuorientierung in der Privatsphäre notwendig

Hans G. Zeger: "Das Konsumverhalten einer Privatperson ist eindeutig der Privatsphäre zuzurechnen und daher entsprechend zu schützen. Sonderregelungen, die es einzelnen Gewerbetreibenden und Adressenverlagen erlauben, nach Belieben mit diesen Informationen zu handeln, sind abzulehnen und widersprechen diesem Schutzgedanken. Derartige Sonderbestimmungen sind ersatzlos zu streichen."

Derzeit hat Herr Bundesminister Böhmdorfer einen Gesetzesentwurf zum "Schutz der Privatsphäre" in Umlauf gebracht. Noch ist der Entwurf substanzlos. Sinnvoll wäre es jedoch, durch klare Definition der Privatsphäre dem Schacher von Konsumentendaten einen Riegel vorzuschieben.





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