2012/07/26 Spitzeln, Spähen, Spionieren Autorin: Ingeborg Zerbes
Sprengung strafprozessualer Grenzen durch geheime Zugriffe auf Kommunikation. 1st Edition.
Bis 1974 hat die österreichische Prozeßordnung den Behörden weder Tarnung noch Täuschung erlaubt. Sämtliche Zwangsmaßnahmen waren den Betroffenen gegenüber transparent durchzuführen. Diese Ablehnung heimlicher Eingriffe war in den Grundrechten verankert, heimliche staatliche Zugriffe durften in einem Rechtsstaat nur die Ausnahme darstellen.
Die Tabubrüche begannen in den 1970er Jahren mit dem Kampf gegen international vernetzte Drogenringe. Mittlerweile sind wir unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung und der Maßnahmen gegen organisierte Kriminalität so weit, dass jeder unbescholtene Bürger jederzeit ins Visier der heimlichen Überwacher kommen kann.
Mit zahlreichen Gesetzesnovellen - nicht nur des Strafprozessrechts - wurden neue Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen verdeckte Zugriffe auf Kommunikation legitim sein können. Es werden nicht mehr einzelne Täter für konkrete Übergriffe zur Rechenschaft gezogen, vielmehr werden ganze Gruppen ausfindig gemacht, die als Gefahren für den Rechtsstaat dargestellt und als solche behandelt werden. Jedes rechtsstaatliche Verhalten wird diesen Gruppen von vorneherein aberkannt.
Die Autorin zeigt auf, wie das Strafprozessrecht unter der verdeckten Bekämpfung von organisierter Kriminalität und von Terrorismus mit Sicherheitsfunktionen aufgeladen wird. Sie untersucht, wie dadurch die eingriffsbegrenzenden Faktoren der Verdachtsbindung, der Zuspitzung auf einen beschränkten Kreis von Betroffenen und des Richtervorbehalts ausgehöhlt werden, und sie schließt mit Ideen zur Wiederbelebung dieser Faktoren ab.
Die meisten Paragraphen beziehen sich auf österreichisches Recht. Die Überlegungen von Frau Dr. Zerbes lassen sich jedoch leicht auch auf deutsches Recht übertragen.
Ingeborg Zerbes. "Spitzeln, Spähen, Spionieren - Sprengung strafprozessualer Grenzen durch geheime Zugriffe auf Kommunikation". Wien 2010. 393 Seiten. 77,77 €. ISBN: 978-3-7091-0006-6. Springer Wien.
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