2003/06/04 Stadtverwaltung München verzichtet auf Microsoft-Produkte
Laut ORF Mitteilung vom 31. Mai 2003 stellt München in den nächsten Jahren auf Open Source Lösungen um - wiederum Schäden durch fehlerhaftes Microsoft-Update - e-government in Österreich gefordert
Die Stadtverwaltung München wird ihr Computernetzwerk auf Opensource-Lösungen umstellen
Als einer der wesentlichsten Gründe werden die hohen Beschaffungskosten der Microsoft-Produkte genannt. Laut derselben Mitteilung reagiert Microsoft einerseits mit Preisabschlägen bei ihren Office-Paketen, andererseits spricht sie von unfairem Wettbewerb.
Hans G. Zeger: 'Die derzeit in Deutschland mehrfach zu beobachtende Entwicklung ist nur der Startpunkt eines generellen Umdenkprozesses in der öffentlichen Verwaltung. Neben den Beschaffungskosten immer neuer, nur oberflächlich veränderter Microsoftlösungen schlagen sich besonders die kostenintensiven Wartungs-, Patch- und Updatekosten zu Buche.'
Microsoft Patch- und Updatekonzept gescheitert
Die Vorgangsweise, praktisch in Zwei-Jahresabständen neue Betriebs- und Officeversionen mit jeder Menge Kinderkrankheiten auf den Markt zu bringen und dann die Fehler durch Patches auszubessern, überträgt die gesamten Test- und Servicekosten auf die Endkunden.
Hans G. Zeger: 'Bei Endverbrauchern kann sich ein Softewareanbieter auf den Standpunkt stellen, dass dessen Arbeitszeit nichts wert ist und er alle Updates und Patches in seiner Freizeit, quasi zum Vergnügen installiert. Bei Unternehmen führen jedoch diese laufenden Updates zu enormen Kosten und zerstören mögliche Produktivitätssteigerungen und Gewinnmargen.'
Daher verzichten immer mehr Unternehmen auf regelmäßige Updates. Eine Vorgangsweise, die zu Lasten der Zuverlässigkeit und Sicherheit des Gesamtsystems geht, vergleichbar mit dem Verzicht eines regelmäßigen KFZ-Services.
Besonders deutlich wurde dieses gescheiterte Konzept wieder beim letzten von Microsoft angebotenen Internet-Security-Update. Nachdem dieses Update von hunderttausenden gutgläubigen Benutzern installiert wurde, war keine Verbindung zum Internet mehr möglich. Nach entfernen des 'Patches' konnte mit der bisherigen Konfiguration gearbeitet werden.
Hans G. Zeger: 'Microsoft betonte zwar, dass zu keinem Zeitpunkt die Sicherheit der Kunden-Systeme gefährdet war, übersieht jedoch die langfristigen Folgewirkungen dieser Aktionen. Aus Angst vor dem Nichtfunktionieren nach einem Update und auch aus Sorge über die Kosten unnötiger Updateversuche, verzichten immer öfter Benutzer auch auf das Update an sich sinnvoller Patches.
Zuverlässige Software und Betriebssysteme benötigen Zeit
Die Herstellung eines wesentlich verbesserten und weitgehend getesteten Betriebssystems ist enorm zeit- und kostenintensiv. Man muß mit Entwicklungszeiten von rund 5-10 Jahren rechnen.
Hans G. Zeger: 'Alle Zeiten darunter können bloß simple Adaptionen und singuläre Verbesserungen bringen. Die langen Entwicklungszeiten ergeben sich aus den langen Testzeiten. Besonders der Endbenutzertest, also die Anwendung in echten Applikationen und Betriebsumgebungen, ist enorm zeitintensiv.'
Diese Zeiten können auch nicht durch noch so hohe Zusatzaufwendungen reduziert werden. Entwicklungszeiten können zwar durch überlegenes Software-Engineering und modularen Programmaufbau drastisch reduziert werden, nicht jedoch Endbenutzertests.
Hans G. Zeger: 'Dies wäre vergleichbar dem Versuch eine neunmonatige Schwangerschaft durch neun Schwangerschaften zu je einem Monat ersetzen zu wollen.'
Beschaffungskosten nicht das eigentliche Problem
Grundsätzlich wären die Kosten für die gängigen, kommerziell eingesetzten Endbenutzerbetriebssysteme und Office-Pakete bei einer Lebensdauer von 10 Jahren nicht überhöht. Das Problem liegt eher in Kosten/Nutzen-Bereich. Die Funktionalität entspricht vielfach nicht den Benutzererwartungen und Ankündigungen. Fehler, meist Speicherverwaltungs- und Sicherheitsfehler werden meist erst nach längerem Gebrauch sichtbar und führen zu besonders lästigen Abstürzen und Betriebsausfällen.
Hans G. Zeger: 'Es macht einen großen Unterschied aus, ob ein System am Wochenende während des Schreibens eines Briefes an die Mitzi-Tant abstürzt oder beim Verfassen eines Vorstandsberichts drei Stunden vor der nächsten Aufsichtsratssitzung.'
Kommerzielle IT-Abteilungen müssen daher zusätzlich einen überproportionalen Sicherungs- und Wartungsaufwand investieren, um die nötige kommerzielle Betriebssicherheit zu erreichen.
Hans G. Zeger: 'Vielfach wird Open Source noch unter dem Kapitel 'gratis' abgehandelt. Das wird sich auf Dauer als Illusion herausstellen. Der Vorteil von Open Source liegt darin, dass durch die Möglichkeit, dass jeder den Code und überprüfen, aber auch mißbrauchen kann, ein Software-Entwickler besondere Anstrengungen unternehmen muß, die Sicherheit zu gewährleisten und den Schutz vor Mißbrauchsmöglichkeiten in sein System zu integrieren.'
Open-Source-Lösungen sind somit viel stärker der Kritik der Fachwelt ausgesetzt.
e-government in Österreich noch nicht aktiv
In Österreich fehlen noch ernsthafte Bemühungen eine integrierte Open-Source-Landschaft im Behördenbereich zu schaffen.
Hans G. Zeger: 'Sowohl IT-sicherheitspolitisch, als auch volkswirtschaftlich wäre diese Vorgangsweise wünschenswert. Bei OpenSource-Lösungen könnte ein viel höherer Wertschöpfungsanteil im Inland verbleiben, mehr IT-Unternehmen könnten beschäftigt werden und die erforderlichen Sicherheits- und Datenschutzanpassungen könnten im Inland durchgeführt werden.'
Als Einsparungspotential sind bis zu 30% der IT-Aufwendungen der öffentlichen Hand möglich, davon ist jedoch ein großer Teil nicht in Österreich beschäftigungswirksam, da er als Lizenzgebühr ins Ausland fließt.
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